Schweitzer Fachinformationen
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Was ist Migräne? Wege zu einer ganz individuellen Therapie Die Auslöser von Migräne können vielfältig sein. Mal heißt es "Einfach keine Schokolade essen, denn Histamin ist die Ursache." Eine andere Theorie besagt, dass die Kopfschmerzen nach dem ersten Kind wieder verschwinden. Auch die Autorin Ute Woltron erhielt diese und unzählige andere Ratschläge, nachdem sie im Alter von neunzehn Jahren ihren ersten Migräneanfall hatte. Sie lebt seit vierzig Jahren mit Migräne und hat in dieser Zeit allerlei schulmedizinische und alternative Behandlungsmethoden ausprobiert. In diesem Ratgeber teilt sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen darüber, wie ein Leben mit Migräne gelingen kann. Denn das ist der springende Punkt bei dieser immer noch vorurteilsbehafteten Krankheit: Jede Migräne ist ein bisschen anders - und Betroffene müssen ihren ganz eigenen Weg finden, um damit umzugehen. - Was ist Migräne? Ein Selbsthilfe-Buch über die Krankheit und den aktuellen Stand der Behandlungsmöglichkeiten - Eine Erkrankung, viele Unterschiede: Migräne-Symptome bei Frauen und Männern - Therapien gegen Migräne: Wie können chronische Kopfschmerzen, starke Geräusch- und Lichtempfindlichkeit gelindert werden? - Migräneanfälle und ihre Symptome: Die Bedeutung von Migräne-Tagebüchern in der Behandlung - Tipps einer Betroffenen: Ute Wotron berichtet in ihrem Gesundheits-Ratgeber, welche Migräne-Mittel Linderung bringen können Chronische Kopfschmerzen, Übelkeit, Aura: Migräne-Symptome und ihre Ursachen Ist Migräne heilbar? - Die Antwort lautet: Nein. Aber die Medizin hat gerade in den letzten Jahren riesige Sprünge in der Behandlung dieser unsichtbaren Krankheit gemacht. Ute Wotron stellt die neuesten Erkenntnisse und Migräne-Mittel vor und gibt wertvolle Tipps für alle, die noch auf der Suche nach der bestmöglichen medizinischen Versorgung sind. Sie spricht über die Vorurteile und gut gemeinte Ratschläge, die Betroffene auch heute noch zu hören bekommen und macht Mut.
Ute Woltron, geb. 1966 in Neunkirchen, Niederösterreich, studierte Architektur an der Technischen Universität Wien. Sie arbeitet seit 1987 als freie Journalistin für österreichische und deutsche Medien und schreibt eine Gartenkolumne in der Tageszeitung »Die Presse«. Die Autorin mehrerer Bücher legt mit diesem Werk ihr persönlichstes vor.
1985. Ein ungewöhnlich warmer Herbstnachmittag. Ich saß in der Straßenbahn und fuhr von der Uni heim in meine Studentenbude. Eine lange, aber schöne Fahrt. Von der Wiener Staatsoper über die Ringstraße hinaus nach Neuwaldegg. Links und rechts die Baumriesen. Alte Alleen. Herbstgold in der schrägen Sonne. Dahinter die Prachtfassaden der Jahrhunderte. Ich kam von einer Prüfung an der Technischen Universität Wien, erleichtert und froh. Ich wusste, ich hatte sie bestanden. Festigkeitslehre. Querkräfte und Biegemomente und so weiter. Ein paar Stunden Rechnerei. Aber ich war gut vorbereitet gewesen und hatte lange dafür gelernt. Draußen zogen die Fassaden vorbei, Karyatiden, Gesimse, Balkone. Ich überlegte zum Spaß, wie wohl die Kräfte in den Auskragungen und Stützen verliefen.
Wenn man kopfüber in ein Thema springt und sich für längere Zeit intensiv damit befasst, weil man alles bis ins letzte Detail verstehen will, vielleicht sogar darüber hinaus, dann kann es passieren, dass es einen verschlingt und geradezu überwältigt. Dann beherrscht das Thema den Blickwinkel, und eine Zeit lang ist man versucht, die Welt hauptsächlich durch diese eine Lupe zu betrachten. Das kann ungeheuer Spaß machen, und es kann zu revolutionären neuen Erkenntnissen führen.
Es gibt aber auch Themen, in die verbeißt man sich, bis sie zur ungesunden Obsession werden. Dann ist nicht mehr klar, wer wen verfolgt, denn die Suche selbst beginnt dich zu verfolgen. Das wird tückisch, wenn es sich um ein Rätsel handelt, das man lösen will, ohne zu wissen, dass man das nicht kann. Weil es nicht zu lösen ist. Jedenfalls noch nicht jetzt. Noch nicht zu deiner Zeit.
In dieser Straßenbahn, an diesem Nachmittag, irgendwo auf der Ringstraße begegnete ich zum ersten Mal in meinem damals 19-jährigen Leben dem Mysterium, das zu einem solchen Thema werden sollte. Zu einem Rätsel, das jahrzehntelang weder zu begreifen noch zu lösen war, das immer größer und quälender wurde und sich schließlich zu einem Moloch entwickelte, der mich zeitweilig verschlingen und oft erst nach Monaten andauernder Pein wieder ausspeien sollte: meiner Migräne.
Ich schreibe bewusst »meine« Migräne, denn jeder davon betroffene Mensch hat seine eigene. Obwohl es die charakteristischen Übereinstimmungen gibt, den Schmerz, den Schwindel, die Übelkeit, so wird keine je ganz und gar einer anderen gleichen. Die Migränen sind so ungleich wie wir selbst, wie unsere Gehirne, unsere Körper, unsere Leben. Sie sind ein Teil von uns, und uns gibt es schließlich auch nur ein einziges Mal. Wenn man verstanden hat, dass man Migräne nicht hat, sondern die Migräne ist, kann man mit dem inneren Zwilling so etwas wie Frieden finden.
Ich hoffe, Ihnen gelingt das schneller als mir.
Ich hatte bis zu diesem Tag noch nie Kopfschmerzen gehabt, nicht einmal einen Hauch von Kopfweh. Ich kannte zwar das bösartige Stechen und Pochen der Mittelohrentzündung, aber darüber hinaus hatte ich noch nicht erlebt, dass man das Innere seines Kopfes tatsächlich spüren kann. Doch mit einem Mal war mein Schädel auf einer Seite irritierend präsent: Es begann da drinnen erstaunlich weh zu tun. Wie verwirrend, einen erheblichen Schmerz dort zu spüren, wo man ihn weder ertasten noch genauer lokalisieren kann. Das bis dahin unbekannte Kopfweh bohrte und stach bei jeder Bewegung. Es war schlagartig gekommen, und es steigerte sich mit jeder Straßenbahnstation. Als wir direkt vor einer Apotheke hielten, sprang ich spontan hinaus. Der Schmerz war so befremdlich, vielleicht wussten die Leute da drinnen Rat, oder sie würden gleich die Rettung verständigen.
Ein abgeklärter alter Apotheker nickte wissend, als ich sagte, ich hätte so unglaublich Kopfweh, dass ich gar nicht mehr gerade schauen könne. »Der Föhn«, meinte er und zeigte mit seinem weiß gekleideten Apothekerarm hinaus in die wirbelnden Herbstblätter. »Kopfwehwetter. Sie sind nicht die Erste heute.« Er kramte in einer dieser schönen Holzvitrinen, wie es sie nur in uralten Apotheken gibt, und zog aus einer Lade ein Papierbriefchen, gefüllt mit dem sogenannten »Mischpulver«, hervor. »Mund aufmachen« - und er schüttete es mir kurzerhand direkt in den Schlund.
Diese bittere Schmerzarznei in Pulverform wurde seinerzeit noch von den Apothekern im Hinterzimmer abgemischt und in zu Hüllen gefalteten Papierchen um ein paar Groschen verkauft. Vielleicht gibt es sie auch heute noch irgendwo. Der Begriff hat sich jedenfalls erhalten. Wer Schmerzen hat, nimmt ein »Pulverl«, wie man in Österreich Tabletten zu nennen pflegt. Ich glaube, das war das erste Schmerzpulverl meines Lebens. Der freundliche Mann reichte mir auch gleich ein Glas Wasser dazu, ordnete an, es auszutrinken, und da mein von pharmakologischen Produkten noch unbelasteter Organismus großzügig und rasch reagierte, war der Spuk noch vor der Endstation vorbei, der Kopf wieder schmerzfrei und die Episode fast schon vergessen.
Doch nur für ein paar Tage. Denn die Migräne war aufgewacht. Sie hatte 19 Jahre lang gnädig und unbemerkt in mir geschlummert und mich in Ruhe gelassen. Nun hatte sie ihr Medusenhaupt erhoben. Von einem Moment zum anderen war sie putzmunter - und sie schickte sich an, mich zu quälen. Sie fraß sich durch mein Gehirn, durch meinen Körper und schließlich auch durch meine Seele.
Ich wünschte, ich hätte damals schon alles gewusst, was man heute über diese schwierige Krankheit weiß. Ich wünschte, jemand auf dem Letztstand des heutigen Wissens zum Thema Migräne wäre aus der Zukunft in das Jahr 1985 gereist, hätte sich zu mir gesetzt, mich bei der Hand genommen und gesagt: Mein liebes Kind, es tut mir leid, aber mit deiner Migräne wirst du ab sofort leben müssen. Ob du willst oder nicht, spielt keine Rolle, denn sie gehört untrennbar zu dir. Ein paar wichtige Ratschläge gebe ich dir jedoch mit auf den Weg, und zwar folgende:
Erstens: Du wirst dieses Mysterium nie zur Gänze ergründen, und du trägst nicht, wie dir alle einreden wollen, selbst Schuld daran. Denn du bist mit der Migräne geboren und du wirst damit in die Grube sinken, auch wenn sie möglicherweise zwischendurch wieder einschläft oder ganz verschwindet.
Zweitens: Aber, und das ist die wichtigste Botschaft, du kannst lernen, das Monster zu zähmen und zumindest in Schach zu halten. Du kannst dich in gewisser Weise sogar mit ihm anfreunden. Es ist ein Teil von dir. Es ist deine ganz persönliche Migräne, und sie ist wie keine andere. Lerne sie genau kennen, um sie zu domestizieren.
Drittens: Such dir sofort medizinische Hilfe, gleich zu Beginn. Das ist wichtig! Denn die Migräne neigt dazu, bei manchen Pechvögeln ein Eigenleben zu entwickeln, wenn man sie gewähren lässt. Nicht bei jedem, aber doch bei vielen. Wenn du sie nicht rechtzeitig an die Kandare nimmst, kann es passieren, dass sie durchgeht und dich so durch dein Leben schleift, dass du streckenweise die Kontrolle darüber verlierst. In solchen Fällen verschwindet sie nicht mehr und wird zur Dauermigräne, und das musst du unbedingt verhindern.
Viertens: Vermeide alle Ärzte und Neurologen, die sich nicht explizit mit Migräne befassen. Such dir lieber von Beginn an einen Vollprofi, am besten einen ausgewiesenen Migränespezialisten. Die wissen, was zu tun ist, und sie haben auch die Geduld und das Durchhaltevermögen, mit dir gemeinsam die richtige Prophylaxe zu finden, denn das kann ein holpriger Weg werden. Aber gehen musst du ihn.
Wie viele Irrwege hätte ich mir erspart! Wie viele unsinnige Dialoge mit besserwisserischen Laiendiagnostikern hätte ich anders geführt.
»Bist du sicher, dass es Migräne ist?« Ja.
»Bist du nicht einfach verspannt?« Nein.
»Du trinkst zu wenig.« Sicher nicht.
»Ist wahrscheinlich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, hast du dich schon testen lassen?« Ja.
»Na dann liegt es sicher an Histamin.«
Nein.
Du denkst zu viel. Du bist zu perfektionistisch, zu ehrgeizig, zu angestrengt. Du solltest mehr an die frische Luft gehen. Betreibst du Ausdauersport? Der Atlaswirbel könnte schuld sein. Unbedingt Fischölkapseln versuchen, das hat einer Freundin so geholfen, die war von einem Tag auf den anderen geheilt. Warst du schon beim Augenarzt, bei der Akupunktur, beim Homöopathen, bei einem Irisdiagnostiker? Du weißt hoffentlich, dass du keine Schokolade essen solltest. Krieg ein Kind! Nach dem ersten Kind ist das vorbei.
Jeder Migränemensch kennt diese gut gemeinten, aber nervtötenden Ratschläge. Man bekommt sie praktisch von jedem zu hören, unaufgefordert und immer wieder.
Aber auch vor den Meistern der Zunft, von denen man annimmt, sie wären da, um zu helfen, vor Ärzten und Neurologen, wäre ich selbstbewusster aufgetreten. Nein, Migräne ist nicht der »Orgasmus im Kopf«, wie ein Gynäkologe behauptete. Übrigens einer der dümmsten Sprüche, die migränegeplagte Frauen auch heute noch zu hören kriegen. Und nochmals nein, ich brauche keine Psychotherapie, weil »in meiner Kindheit Schreckliches passiert sein muss«. Die ewige Psychologisiererei, die wir ungewollt und unaufgefordert ständig über uns ergehen lassen müssen, ist fast so mühsam wie die Migräne selbst.
Die schwierigsten Dialoge waren allerdings diejenigen, die ich im Stillen mit mir selbst führte. Immer und immer wieder über viel zu viele Jahre. Denn die alles bestimmende...
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