Schweitzer Fachinformationen
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In den letzten Jahren hat die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Demenz zugenommen. Zum einen, weil die Zahl der Erkrankten mit der steigenden Lebenserwartung weltweit zunimmt, zum anderen, weil die Tatsache, dass noch keine Heilung möglich ist, bei vielen Menschen große Ängste und Sorgen auslöst. Die Angst vor einer Demenz (42 %) ist nach Umfragen derzeit größer als die vor Krebs (35 %) (Sicherheitsreport 2020). Im Verlauf der Erkrankung sind Menschen mit einer Demenz immer mehr auf Unterstützung und Hilfe angewiesen. Sie brauchen ein Umfeld, das um ihre Einschränkungen weiß und aufmerksam und einfühlsam auf ihre Möglichkeiten eingehen kann. Das erfordert neben fachlicher Kompetenz eine große Offenheit und Sensibilität für die betroffenen Personen und ist die Gewähr für Lebensqualität, Selbstbestimmung und Lebensperspektive bis zum Ende.
Mit einer Demenzerkrankung sind Gedächtnisverlust, Sprach- und Orientierungsstörungen und - mit Fortschreiten der Erkrankung - erhebliche körperliche Einschränkungen verbunden. Oft können die Menschen ihre Bedürfnisse, Wünsche, Sorgen, Ängste und Schmerzen - für ihre Umwelt - nicht mehr verständlich ausdrücken. Das stellt die sie Begleitenden vor hohe Anforderungen.
Unterstützung - eine Aufgabe für alle
Menschen mit einer Demenzerkrankung sind Menschen wie »du und ich«, mit ihrem je eigenen Weg durch die Krankheit. Das gilt es sich immer wieder bewusst zu machen. Es geht um die individuelle Person, die an einer bestimmten Form und Ausprägung einer Demenz erkrankt ist und darunter leidet. Ihr die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen, ist eine Aufgabe für alle.
Stolpersteine
Die Stolpersteine auf diesem Weg sind nicht zu unterschätzen. Der nicht nur in Fachkreisen, sondern auch in den öffentlichen Medien zu findende Sprachgebrauch »dement« oder der »Demente« steht für ein Verständnis, das mit dem Anspruch an Wertschätzung und Würde nur schwer zu vereinbaren ist.
Der Begriff »Demenz« stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie »ohne Geist«, »ohne Verstand«, was weder dem Krankheitsbild noch der davon betroffenen Person entspricht. Zwischenzeitlich gibt es verschiedene Versuche einer neuen Nomenklatur, die sich im Alltag allerdings bisher nicht durchsetzen. Deshalb wird in diesem Buch der Begriff Demenz wegen der allgemeinen Verständlichkeit benutzt. Medizinisch wird von einer fortschreitenden, neurodegenerativen Erkrankung gesprochen.
Wörterbuch Demenz
Die Deutschsprachigen Alzheimer- und Demenzorganisationen haben ein »Wörterbuch« herausgebracht, das Vorschläge für ein angemessenes Wording enthält (Deutschsprachige Alzheimer- und Demenzorganisationen 2020).
Nationale Demenzstrategie
Wie es gelingen kann, Menschen mit Demenz mit ihren Bedürfnissen nach Teilhabe und Selbstbestimmung im Alltag zu integrieren, ist eine Herausforderung, die nur gemeinsam bewältigt werden kann. 2020 hat die Bundesregierung mit einer Vielzahl von Akteuren eine Nationale Demenzstrategie für Deutschland (NDS) vorgelegt, um die gesellschaftlichen Herausforderungen nachhaltig anzugehen (BMFSFJ/BMG 2020).
In vier Handlungsfeldern (HF) werden die aktuellen Herausforderungen und Bewältigungsstrategien aufgezeigt:
HF 1: Strukturen zur gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Demenz an ihrem Lebensort aus- und aufbauen.
HF 2: Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen unterstützen.
HF 3: Die medizinische und pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz weiterentwickeln.
HF 4: Exzellente Forschung zu Demenz fördern.
Ziel der Strategie ist es, Leiden zu lindern, die Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in einer Gesellschaft des langen Lebens zu verbessern und Menschen mit Demenz darin zu unterstützen, ein selbstbestimmtes Leben in Würde führen zu können.
Risiko Alter und soziale Vereinsamung
Demenzielle Erkrankungen treffen Menschen aller Altersgruppen und Schichten, allerdings sind Alter und soziale Vereinsamung das größte Risiko für die Entwicklung einer Demenz.
Für die Situation in Deutschland werden aktuell Zahlen zwischen 1,6 und 1,7 Mio. Erkrankte angegeben (Thyrian et al. 2020).
Insgesamt sind mehr Frauen (70 %) als Männer (30 %) betroffen (Thyrian et al. 2020). Zum einen, weil Frauen eine höhere Lebenserwartung als Männer haben, zum anderen, weil sie anscheinend mit der Erkrankung länger leben. Verschiedene Untersuchungen lassen vermuten, dass neben dem Alter und der sozialen Vereinsamung auch der Grad der Gebrechlichkeit (Frailty), die in der Regel mit dem Alter zunimmt, bei der Entwicklung einer Demenz eine Rolle spielt.
Die publizierten Zahlen zu Prävalenz (Erkrankungshäufigkeit) und Inzidenz (Neuerkrankungen) sind allerdings indirekte Zahlen, unter anderem basierend auf Daten von Kostenträgern, da es für den deutschsprachigen Raum bis heute noch kein Demenzregister gibt.
In der Begegnung mit demenziell erkrankten Menschen stellt sich schnell die Frage nach deren Lebensqualität, da in der Wahrnehmung ihrer Umwelt sich diese Krankheit vor allem durch Verluste und Defizite auszeichnet. In einigen publizistischen Beiträgen ist sogar davon die Rede, dass Menschen mit einer Demenz nur »fast bis in das schwere Krankheitsbild hinein« ihre Umwelt bewusst wahrnehmen und am Leben teilhaben, was den Eindruck erweckt, dass sie nur noch »dahinvegetieren« und Lebensqualität am Lebensende damit kein Thema mehr ist.
Lebensqualität, Teilhabe und Selbstbestimmung
In den letzten Jahren sind neben Interessensvertretungen, wie sie unter anderem die Alzheimer Gesellschaft darstellt, Initiativen von Erkrankten entstanden, die sich nach dem Prinzip der Selbsthilfe organisieren und öffentlich äußern (Demenzsupport Stuttgart). Ihre Themen sind Lebensqualität, Teilhabe und Selbstbestimmung. Faktoren, die die Lebensqualität beeinflussen, sind alle Aspekte einer demenzfreundlichen Umgebung, die Kontinuität gewährleisten und die Menschen mit einer Demenzerkrankung in ihrem Alltag die Unterstützung zukommen lassen, die sie benötigen (Keating & Gaudet 2012).
Interessanterweise zeigen die wenigen existierenden Untersuchungen zur Lebensqualität von Demenzpatientinnen und -patienten, dass Lebensqualität durch die Erkrankten selbst besser beurteilt wird, als zum Beispiel durch die begleitenden Angehörigen, die durch die Erkrankung oft sowohl physisch als auch psychisch enorm belastet sind (Keating & Gaudet 2012).
Palliative Care
Lebensqualität ist auch das Stichwort, wenn es um Fragen der Therapie geht. Die verschiedenen Formen der Demenzen sind bis heute nicht heilbar, aber therapierbar. Das heißt: es ist mittels verschiedener therapeutischer Ansätze möglich, die durch die Demenz bedingten Symptome zu lindern und so Lebensqualität zu ermöglichen. Diese Art der Versorgung wird unter der Überschrift »Palliative Care« oder Palliativmedizin zusammengefasst.
Versorgung, Begleitung, Betreuung, Behandlung und Pflege
»Care« wird in der Regel mit dem Begriff »Pflege« ins Deutsche übersetzt, wobei dieser dem englischen Sprachschatz entstammende Begriff mehr bedeutet, nämlich »Versorgung, Begleitung, Betreuung, Obhut, Behandlung und Pflege« und damit über die Pflegekräfte hinaus alle beteiligten Akteure einbezieht.
Der Palliative-Care-Gedanke kommt ursprünglich aus dem Bereich der Tumormedizin (Onkologie) und beschrieb zunächst die terminale, interdisziplinäre und multiprofessionelle Versorgung und Begleitung von Tumorpatientinnen und -patienten. Dieser terminale Ansatz ist möglicherweise der Grund, warum lange Zeit Krankheitsbilder wie die Demenz mit ihrem sehr langen zeitlichen Verlauf nicht der Palliativ-Versorgung zugeordnet wurden.
WHO-Definition
Diese ursprüngliche Definition ist 2002 von der WHO auf andere Krankheitsbilder erweitert worden (WHO). Es geht um die Linderung von Schmerzen und weiteren krankheitsbedingten Symptomen sowie um die...
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