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Die statistische Auszählung von Wortschätzen als auch die Auszählung von Fehlschreibungen1 haben eine über hundertjährige Tradition. Auf der Basis dieser Ergebnisse sind u.a. standardisierte und informelle Rechtschreibdiagnoseverfahren entstanden, aktuell wird die Entwicklung neuer Grund-/Mindestwortschätze auf diesen Wortschatzauszählungen aufgebaut, ungeachtet dessen, dass keine aktuelle Häufigkeitsauszählung zu dem genutzten Schriftwortschatz von Schülerinnen und Schülern (im Folgenden: SuS2) vorliegt (vgl. u.a. Siekmann, 2021; Hoffmann-Erz, 2019).
Die vorliegende Arbeit soll diese Lücke auf spezielle Weise schließen: Es geht nicht nur um die Auszählung des Wortschatzes und der enthaltenen Fehlschreibungen. Es geht vielmehr darum, den Wortschatz auf der kleinsten sprachlichen Ebene zu betrachten und davon ausgehend didaktische Grundüberlegungen für eine konzeptionelle Neugestaltung des Anfangsunterrichts anzubieten.
Warum sollten Häufigkeiten im Schreibwortschatz von SuS im Anfangsunterricht beachtet werden?
Die deutsche Schriftsprache ist regulär aufgebaut und sollte Schreibanfängern nach einem aufbauenden Prinzip vermittelt werden (Thomé & Thomé, 2020). Aufbauend im Sinne von Comenius (1657/1992) bedeutet, dass vom "Einfachen zum Komplexen/Schwierigen" gelernt werden sollte.
Was kann bei der Schriftsprache als "einfach" und was als "schwierig" bezeichnet werden?
Schreibanfänger/innen gehen zunächst von der Lautung eines zu schreibenden Wortes aus und müssen entsprechende Repräsentanten auf der Schriftebene kennenlernen. Eine größere sprachstatistische Analyse zu den Phonem-Graphem-Relationen zeigte, dass es grundlegende und häufige Repräsentationen für ein Phonem gibt (Basisgrapheme, kurz: BG) und mintunter auch andere, statistisch seltenere Grapheme, die sich auf dasselbe Phonem beziehen, die sog. Orthographeme (kurz: OG).3
Rund 90 % aller Grapheme in Texten sind Basisgrapheme.
Seltene Schreibungen wie die Doppelkonsonanz oder die Längemarkierung der Vokale bilden zusammen rund 5 %, die Wahrung des morphematischen Schemas (Wortstammschreibungen) bzw. historische Formen bilden ebenfalls lediglich 5 % der Grapheme ab (Orthographeme somit insgesamt 10 %; vgl. u.a. auch Thomé, 2019; Corvacho del Toro, 2017).
Die deutsche Schriftsprache weist zudem eine sog. 'degressive Struktur' auf. Degressiv bedeutet, dass verhältnismäßig wenige Wörter einen großen Teil deutscher Normaltexte ausmachen. Nach Spitta (2000) decken die 100 häufigsten Wörter ca. 50 %, die 1.000 häufigsten Wörter 80 % eines Textes ab. Die meisten der 100 häufigsten Wörter (Spitta führt die Meier'sche Zählung von 1967 (!) an, der sich auf Kaeding (1898) bezog) sind Struktur- oder Funktionswörter wie Artikel, Pronomen und Konjunktionen (vgl. auch Augst & Dehn, 2009). Für die Rechtschreibung bedeutet dies: Wird die Orthographie dieser Wörter beherrscht, ist ein erheblicher Teil eines Textes korrekt verschriftet.
Aus didaktischer Sicht wäre somit eine Mischung aus häufigen Wörtern (Struktur-/Funktionswörter) und (über-)individuellen Lernwörtern mit orthographisch aufbauendem Charakter (von Basis zu Orthographemen/häufige Modell-/Ankerwörter) sinnvoll. Anzustreben wäre somit ein Anfangsunterricht, der die Häufigkeiten im Schreibwortschatz beachtet und somit einer entwicklungsorientierten und lernpsychologisch logischen Progression folgt. Materialien für den Anfangsunterricht bieten diese basale Orientierung bisher nicht, vermutlich auch, weil die Sprachdidaktik der empirischen Grundlagenforschung bei der Entwicklung von Vermittlungsmöglichkeiten bisher wenig Beachtung geschenkt hat.
Forschungsfragen
Die grundlegenden Forschungsfragen dieser Auszählung lauten:
Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollen didaktische Implikationen für die Förderung in der Praxis abgeleitet werden. Es handelt sich somit um eine praxisorientierte, sprachwissenschaftliche Grundlagenforschung, die der Professionalisierung von schulischen und außerschulischen Lehrkräften dienen soll (vgl. auch Siekmann, 2021). Auch Schulbuchverlage sind eingeladen, die Materialien in Bezug auf die Ergebnisse zu überdenken.
Korpus
Das Korpus besteht aus rund 1.000 Schülertexten von knapp 250 Dritt-/Viert- und Fünftklässlern (neun komplette Klassen unterschiedlicher Schulen aus NRW). Bei den Schreibprodukten handelt es sich überwiegend um freie Texte (Erlebniserzählungen, Briefe, Phantasiegeschichten, Berichte usw.), einige wenige Texte entstanden auf der Grundlage von sehr offenen Bildimpulsen.4 Hilfestellung für die SuS gab es weder im Hinblick auf orthographische, lexikalische noch textstrukturelle Aspekte.
Die Texte wurden zunächst digitalisiert (Abschrift mit und ohne Fehlschreibungen) und im Anschluss manuell nach der Zielsetzung der Analyse quantitativ und qualitativ (Wortschatz allgemein/Wortschatz zusammengefasst, sprich: Flexionsformen zusammengezogen; Phonem-Graphem-Korrespondenz aller Relationen inkl. der jeweiligen Fehlschreibungen) ausgezählt (erste Auszählung von Mitarbeiterin A, zweifache parallele Überprüfung der Ergebnisse durch Mitarbeiterin B und C sowie abschließende Prüfung durch die Projektleitung). Namen wurden während der Digitalisierung bereits gestrichen (analog zur 2011er-Auszählung), da sie nicht regulär nach den Prinzipien der deutschen Schrift gebildet werden (müssen). Eine automatisierte Auszählung war aufgrund von möglichen Fehlinterpretationen zwischen Buchstaben-/Graphem-Ebene nur bedingt möglich.
Beispiel: Der Buchstabe "h" ist Basisgraphem für /h/ (Haus), würde automatisiert aber auch erfasst in Längemarkierungen wie <ah> (Zahn), wo er keinen Lautwert besitzt.
In der Wortschatzauszählung verteilen sich insgesamt rund 122.000 Wörter (141.000 inkl. Namen) auf 6.741 unterschiedliche Worteinträge. Um die Phonem-Graphem-Ebene zu betrachten sind sämtliche Flexionsformen einzeln erfasst.
Auswertung
Die Häufigkeitsauszählung fand auf drei Ebenen statt (jahrgangsspezifisch; Klassenstufe 3-5):
1) Wort(schatz),
2) Phonem-/Graphem-Relationen sowie
3) Rechtschreibfehler.
Es sollte zunächst jeweils eruiert werden, welche Wörter in freien Texten überindividuell häufig und somit orthographisch zu beherrschen sind. Auf einer tieferen Ebene wurden die Verhältnisse von Basis- und Orthographemen betrachtet sowie deren Fehleranfälligkeiten (Band 1: Konsonanten, Band 2: Vokale; insgesamt 42 Einzelkapitel entsprechend den Phonem-Graphem-Relationen: 41 plus die Graphemfolge /k/+/v/). Die Fehlschreibungen wurden differenziert nach der Vertauschung 1.) Basisgraphem für Orthographem, 2.) Orthographem für Basisgraphem und (wenn vorhanden) 3.) Orthographeme vertauscht.
Zum Aufbau der Kapitel
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