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Chromatographische Methoden haben heute einen hohen Stellenwert und eine weite Verbreitung in all jenen Laboratorien gefunden, die sich mit der Analytik komplexer Substanzgemische beschäftigen. Trennungen chemischer Stoffe, die nach unserem heutigen Verständnis in den Bereich der Chromatographie gehören, wurden mit ersten systematischen Ansätzen bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts beschrieben. Die eigentliche, sehr stürmisch fortschreitende Entwicklung zu einer Trenn- und Bestimmungsmethode und damit sowohl zu einer qualitativen als auch quantitativen Analysenmethode begann aber erst in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts und hat zu den Fortschritten in den gesamten Naturwissenschaften und auch in der Medizin einen wesentlichen Beitrag geleistet.
Der Begriff Chromatographie umfasst heute alle physikalisch-chemischen Trennmethoden, bei denen eine Trennung von Stoffen infolge unterschiedlicher Verteilung zwischen einer stationären und einer mobilen Phase zustande kommt. Ein chromatographisches System besteht demnach aus einem nicht mischbaren Phasenpaar, dessen eine Phase sich an der anderen vorbei bewegt. Noch 1950 wurde von Zechmeister (1889-1972) eine Definition in folgendem, weitaus engerem Sinn gegeben: "Die Chromatographie umfasst diejenigen Prozesse, welche die Trennung von Substanzen aus einem Stoffgemisch und ihre selektive Fixierung auf der festen Oberfläche eines Trägers gestatten" (Weil 1954). Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Gas-Flüssigkeits-Chromatographie. Flüssigkeits-chromatographische Trennungen beruhten in erster Linie auf Adsorptionseffekten und wurden in Säulen oder an dünnen Schichten durchgeführt.
In den vergangenen 50 Jahren sind Methoden und Techniken entwickelt worden, bei denen außer der Adsorption auch andere Vorgänge wie Flüssig-flüssig-Verteilung, Ionenaustausch und Gelpermeation den Trenneffekt bestimmen. Die Bezeichnung "Chromatographie" wurde bereits 1835 im Angelsächsischen als Fachausdruck zur Beschreibung von Farben, in der analytischen Chemie erstmalig von dem Botaniker M. Tswett (1872-1919) verwendet. Tswett gebrauchte in seinen historischen Arbeiten von 1903 (siehe unten) zunächst noch den Begriff der Adsorptionsanalyse, 1906 für sein Verfahren zur Trennung von Pflanzenfarbstoffen die Bezeichnung "chromatographische Adsorptionsanalyse". Die wörtliche Übersetzung des Wortes Chromatographie aus den griechischen Wörtern chroma: Farbe und graphein: schreiben lautet demnach "Farbschreiben". Die ersten von Tswett getrennten Substanzen waren Farbstoffe (Chlorophylle, Xanthophylle, Carotine) und erst mit den erweiterten Möglichkeiten apparativer Detektion können heute auch farblose Stoffe chromatographisch analysiert werden.
Bei der Auswertung der wissenschaftlichen Arbeiten, die nach heutiger Definition in den Bereich der Chromatographie gehören, lassen sich nach Weil und Williams (1953) drei historische Perioden unterscheiden: 1. die empirische, 2. die wissenschaftliche (theoretische) und 3. die technologische Periode.
Innerhalb der ersten Periode beschäftigten sich mehrere Wissenschaftler auf verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaften mit den experimentellen Möglichkeiten zur Trennung von Stoffen.
Von Friedlieb Ferdinand Runge (1794-1867), der sich vorwiegend mit Farbstoffen beschäftigte, stammen die recht ästhetischen Bilder, die er nach dem Auftragen gefärbter Flüssigkeiten auf Druck- und Löschpapier erhielt. Auch chemische Reaktionen führte er auf Löschpapier durch und beschrieb die Ergebnisse dieser Form von Tüpfelanalyse in seinen Werken "Der Bildungstrieb der Stoffe. Veranschaulicht in selbständig gewachsenen Bildern" (1855) und "Zur Farbenchemie, Musterbilder für Freunde des Schönen und zum Gebrauch für Zeichner, Maler, Verzierer und Zeugdrucker" (1850). Runge wird aufgrund dieser Arbeiten die Priorität in der Entdeckung der Papierchromatographie zugeschrieben (Weil und Williams 1953). Eine analytisch-chemische Absicht oder gar Problemstellung ist diesen Arbeiten jedoch nicht zu entnehmen.
Zur teilweisen Trennung von Stoffen wurde ab 1861 von Christian Friedrich Schönbein (1799-1868), Professor in Basel, Entdecker des Ozons und der Schießbaumwolle, und von seinem Schüler Friedrich Goppelsröder (1837-1919) die Kapillarwirkung des Papiers systematisch untersucht und über das Verhalten verschiedenster Stoffe berichtet. Bei dieser Technik wird ein Papierstreifen direkt in die zu untersuchende Lösung getaucht. Fließmittelgemische waren noch nicht bekannt, so dass erst durch mehrfache Wiederholung dieses Kapillarvorganges eine teilweise Trennung erreicht wurde (Grüne 1953). 1901 erschien von Goppelsröder die erste Monographie über die Ergebnisse dieser Arbeiten unter dem Titel "Capillaranalyse", in der vor allem auch Anwendungen zur Arzneimittelprüfung beschrieben werden. Bereits 1850 berichteten die englischen Chemiker Thompson und Way über einen Ionenaustausch an Feststoffen. Sie beobachteten nach der Behandlung von Bodenproben mit Ammoniumsalzen, dass Ammoniumionen sorbiert werden und Calciumionen dafür in Lösung gelangen. Die Reversibilität und Stöchiometrie des Ionenaustausches wurde 1858 bzw. 1876 von Eichhorn an Tonmaterialien bzw. von Lemberg an Aluminiumsilicaten beobachtet und beschrieben. An analytische Anwendungen dachte zu dieser Zeit niemand, der technische Gebrauch stand zunächst im Vordergrund - z. B. die Entfernung von Natrium- und Kaliumionen aus Zuckerrübensaft (1896).
Die ersten adsorptions-chromatographischen Trennungen in einer gefüllten Säule wurden 1893 von dem britischen Chemiker L. Reed an Kaolin durchgeführt - z. B. von FeCl3 und CuSO4. Der amerikanische Chemiker und Geologe D. T. Day (1859-1925) berichtete in den Jahren 1897 bis 1903 in mehreren Arbeiten über das Verhalten von Petroleumproben an verschiedenen Feststoffen (Bodenproben wie z. B. Kalkstein). Er selbst bezeichnete sein Verfahren als fraktionierte Filtration, womit er verschiedene gefärbte Fraktionen erhielt (Abb. 1.1). Diese Technik würden wir heute als (erste chromatographische) Frontalanalyse bezeichnen. Day verglich seine Experimente zur Fraktionierung von Petroleum mit den Ergebnissen durch Destillation. Zur gleichen Zeit erschien auch ein Bericht der deutschen Chemiker Albrecht und Engler (Carl Oswald Viktor E., 1842-1925, Karlsruhe) in der Zeitschrift "Angewandte Chemie" über den Vorgang der Filtration von Petroleum (Erdöl) durch Florida-Erde.
Abb. 1.1 Apparatur zur Technik der "fraktionierten Filtration" mit mehreren Säulen für Petroleum nach der Methode von Day, um 1900. 1: Vorratsgefäße für Petroleumproben, 2: Säulen mit Adsorbenzien, 3: Kammer zum Auffangen der Fraktionen, 4: Glasrohr zur Pumpe, 5 und 6: Verbindungsteile. Quelle: Schwedt (1982).
Michael Tswett wurde als Sohn einer italienisch-türkischen Mutter und eines ukrainischen Vaters am 14. Mai 1872 in Asti/Italien geboren. Er wuchs in der Schweiz auf, wo er in Genf und Lausanne Botanik, Physik und Chemie studierte. Sein akademischer Werdegang führte ihn von Genf (Promotion 1896) über St. Petersburg nach Warschau (Privat-Dozent 1902), wo er an der Veterinärmedizinischen Fakultät 1907 zum Professor der Botanik ernannt wurde und 1908 eine Professur an der Technischen Hochschule übernahm. In Warschau entstanden seine grundlegenden Arbeiten zur Adsorptionschromatographie von Pflanzenfarbstoffen. In einem Vortrag am 21. März 1903 vor der biologischen Sektion der Warschauer Naturforschenden Gesellschaft berichtete er "Über eine neue Kategorie von Adsorptionserscheinungen und ihre Anwendung in der biochemischen Analyse". Er stellte systematische Studien zu den Adsorptionseigenschaften einer großen Zahl anorganischer und organischer Farbstoffe vor, die mit der erfolgreichen Trennung (Adsorptionsanalyse) der Chlorophyllpigmente aus einer Ligroinlösung an gepulvertem Calciumcarbonat abschlossen.
1906 veröffentlichte Tswett in den "Berichten der deutschen botanischen Gesellschaft" die grundlegende Arbeit zur "Adsorptionsanalyse und chromatographischen Methode. Anwendung auf die Chemie des Chlorophylls". In dieser Arbeit wurde noch nicht die Säulentechnik allgemein verwendet, sondern die fraktionierte Adsorption: Außer Calciumcarbonat erwies sich auch das Kohlenhydrat Inulin als geeignetes Adsorbens, um die Blattfarbstoffe im Reagenzglas voneinander zu trennen. Die Elution der adsorbierten Substanzen erfolgte mit Ethanol. Die Adsorptionssäule wurde aber bereits in dieser Arbeit eingesetzt (Abb. 1.2).
Abb. 1.2 Säulenchromatographie von Tswett (1906). S: Säulen, G: Gummiball zum Pumpen, M: Manometer, D: Druckgefäß. Quelle: Schwedt (1982).
Ganz wesentlich für die analytische...
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