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Vor über 100 Jahren gelangte der Begründer der Infektionslehre, Paul Ehrlich (1854-1915), zu der Überzeugung, es gehöre zur Natur eines jeden Organismus, gegen Selbstzerstörungsmechanismen gefeit zu sein. Doch hier hat sich der geniale Forscher und Nobelpreisträger wohl geirrt.
Mittlerweile kennen die Mediziner etwa 80 Autoimmunerkrankungen, bei denen der Körper durch eine fehlgeleitete Reaktion seines Abwehrsystems sich selbst attackiert. Was genau zu diesem fatalen Irrtum führt, ist nach wie vor unklar. Fest steht jedoch: Autoimmunkrankheiten bilden nach Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen inzwischen die dritthäufigste Erkrankungsgruppe; insgesamt sind schätzungsweise mehr als 5 Prozent der Menschen in den westlichen Industriestaaten betroffen.
Zur Zielscheibe eines auf Abwege geratenen Immunsystems kann auch die Schilddrüse werden. Heute sind zwei autoimmun bedingte Erkrankungen bekannt, bei denen das Schilddrüsengewebe - wenn auch auf unterschiedliche Weise - attackiert wird: die Basedow-Krankheit (siehe Kasten, >) und die Hashimoto-Thyreoiditis (auch als Autoimmunthyreoiditis beziehungsweise chronische lymphozytäre Thyreoiditis bezeichnet). Die Hashimoto-Thyreoiditis ist nach dem Japaner Dr. Hakaru Hashimoto (1881-1934) benannt, der die Erkrankung 1912 als Erster beschrieb. Ihr Aggressionspotenzial ist gewaltig: Im Extremfall kann die Schilddrüse so stark schrumpfen, dass sie kaum mehr vorhanden ist (atrophe Form, Ord-Thyreoiditis). Oder aber die Schilddrüse vergrößert sich allmählich zu einem Kropf (Struma) - diese sogenannte hypertrophe Form ist hierzulande jedoch selten.
Viele Menschen wissen lange Zeit nicht, dass sie betroffen sind. Denn eine Hashimoto-Thyreoiditis entwickelt sich meist schleichend und ist lange Zeit kaum wahrnehmbar. Erschwert wird eine frühzeitige Diagnose dadurch, dass zu Beginn oft Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion (siehe >) im Vordergrund stehen.
Am Ende kann jedoch der große Zelltod stehen. Dann ist das Schilddrüsengewebe weitgehend zerstört, und die Schilddrüse versagt dem Körper zunehmend ihren Dienst. Doch auch dann sind die Symptome oft so unspezifisch, dass es Wochen oder sogar Monate dauern kann, bis die Betroffenen die Gewissheit haben: Die Müdigkeit und Abgeschlagenheit, die Stimmungstiefs und Kälteempfindlichkeit sind Folgen einer Hashimoto-Thyreoiditis.
Die Basedow-Krankheit (benannt nach dem deutschen Arzt Karl Adolph von Basedow, 1799-1854) ist eine autoimmunbedingte Schilddrüsenerkrankung und die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion: (Auto-)Antikörper veranlassen die auf den Schilddrüsenzellen liegenden Rezeptoren für TSH (siehe >) dazu, deutlich mehr Hormone zu produzieren als eigentlich notwendig. Dadurch kommt es zu Beschwerden wie Gewichtsverlust, Unruhe, Zittern, Schwitzen, Schlaflosigkeit, aber auch zu einem beschleunigten Herzschlag und Herzrhythmusstörungen. Auch eine Vergrößerung der Schilddrüse ist möglich. Richten sich die Antikörper gegen das Augenhöhlengewebe, kommt es zu tränenden, hervortretenden Augen und Augenbewegungsstörungen. Mitunter treten Schwellungen an Schienbeinen oder Händen auf. Die Krankheit ist unberechenbar: Von Spontanheilungen bis hin zu schweren Verläufen ist alles möglich. Zur Behandlung setzt die Schulmedizin auf Medikamente zur Drosselung der Schilddrüsenhormonproduktion.
Doch wie hängt dieses diffuse Beschwerdebild, zu dem sich, wie noch zu zeigen sein wird, viele weitere Symptome gesellen können, mit dem kleinen Organ in unserem Hals zusammen?
Die Schilddrüse ist zwar nur so groß wie eine Walnuss und mit ihren etwa 18 Gramm (Frauen) bis 25 Gramm (Männer) deutlich leichter als die meisten anderen Organe. Dennoch ist sie eine der wichtigsten hormonproduzierenden Drüsen im Körper: Wir werden sowohl körperlich als auch psychisch völlig aus dem Takt gebracht, wenn die Schilddrüse ihren vielfältigen Aufgaben nicht ordnungsgemäß nachkommt.
Ihren Namen verdankt die Schilddrüse ihrer Position: Im Hals, knapp unterhalb des Kehlkopfs, liegt sie wie ein schützender Schild vor der Luftröhre. Die Bindegewebskapsel, die die Schilddrüse umgibt, ist zweischichtig: Mit der inneren Kapsel ist die Schilddrüse fest verwachsen, über die äußere Kapsel ist sie mit der Luftröhre, der (äußeren) Kehlkopfmuskulatur sowie mit den umgebenden Blut- und Nervengefäßen verbunden. Zwischen Schilddrüse und Luftröhre liegen die vier linsengroßen Nebenschilddrüsen. Auch sie gehören - wie die Schilddrüse - zu den endokrinen Drüsen, die ihre Hormone (Parathormon) über das Drüsengewebe direkt an die angrenzenden Blutgefäße abgeben.
Dass die Schilddrüse auch als »Schmetterlingsorgan« bezeichnet wird, liegt an ihren beiden fast gleich großen Flügellappen (Lobus sinister und Lobus dexter), die durch eine kleine Brücke (Isthmus) miteinander verbunden sind und dadurch aussehen wie ein Schmetterling. Bei manchen Menschen wird die anmutige Schmetterlingssilhouette jedoch ein wenig durch einen weiteren, pyramidenartigen Lappen (Lobus pyramidalis) getrübt, der vom Isthmus aus spitz nach oben zieht - ein funktionsloses Überbleibsel aus der Embryonalentwicklung.
Die beiden Seitenlappen der Schilddrüse bestehen aus kleinen Drüsenläppchen (Lobuli), die sich in winzige Bläschen (Follikel) aufteilen. In den Wänden der Follikel befinden sich die Follikelepithelzellen (Thyreozyten), die die Schilddrüsenhormone bilden. Die Follikelhöhle ist der Ort, wo die Schilddrüsenhormone gespeichert werden. Zwischen und unter den Follikelzellen der Schilddrüse befinden sich die C-Zellen, die das Hormon Calcitonin bilden, das für den Kalziumstoffwechsel von Bedeutung ist.
Die Schilddrüsenlappen bestehen aus unzähligen kleinen Drüsenläppchen (Lobuli), die sich wiederum in winzige Bläschen (Follikel) aufteilen. Genau hier, in den Wänden der Follikel, sitzen die Follikelepithelzellen (Thyreozyten), die die Schilddrüsenhormone bilden. Diese werden dann in der Follikelhöhle gespeichert, wo sie in inaktiver Form als Kolloid (Thyreoglobulin) vorliegen; von dort werden sie bei Bedarf sofort ins Blut abgegeben.
Zwischen und unter den Follikelzellen der Schilddrüse befinden sich die sogenannten C-Zellen (das C steht für Calcitonin). Sie haben die Aufgabe, das Hormon Calcitonin zu bilden. Zusammen mit seinem Gegenspieler, dem Parathormon aus den Nebenschilddrüsen, reguliert Calcitonin unter anderem den Kalziumspiegel im Blut.
Wenn von »Schilddrüsenhormonen« die Rede ist, haben die Therapeuten jedoch in erster Linie die Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) im Blick. Tagtäglich stellt die Schilddrüse 95 bis 110 Mikrogramm T4 und 10 bis 25 Mikrogramm T3 her - den Befehl dafür erhält sie vom Gehirn. Dahinter verbirgt sich ein ausgeklügelter Regelkreislauf, der vom Hypothalamus (einem Teil des Zwischenhirns) und von der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) gesteuert wird. Ausgangspunkt ist der Hypothalamus, der bei einem Mangel an Schilddrüsenhormonen im Blut das Hormon TRH (Thyreotropin Releasing Hormone) freisetzt und zur Hypophyse weiterleitet. Hier regt das TRH im Hypophysen-Vorderlappen die Bildung des Hormons TSH (Thyreotropin) an. Steigt der TSH-Spiegel, produziert die Schilddrüse als Antwort T4 und T3. Die Hormonkonzentration im Blut nimmt zu - und das Gehirn drosselt die Produktion von TSH und TRH wieder.
Hypothalamus, Hypophyse und Schilddrüse kommunizieren praktisch ständig miteinander - und halten den Hormonspiegel im Körper so auf einem konstanten Niveau.
Der Aufbau von T3 und T4 erklärt, weshalb es so wichtig ist, dass wir jeden Tag genug jodhaltige Lebensmittel essen. Denn Jod ist - neben der Aminosäure Tyrosin - der zweite essenzielle Bestandteil der Schilddrüsenhormone: T3 besteht aus drei Jodatomen, T4 aus vier Jodatomen. T4 gibt die Schilddrüse in einer sehr viel größeren Menge als T3 ab (10:1). Dennoch ist T3 das deutlich stoffwechselwirksamere Hormon, T4 dient dem Körper mit seiner Halbwertzeit von etwa sieben Tagen primär als Reserve. Denn T4 kann jederzeit in T3 umgewandelt werden. Hierfür spalten Enzyme (Dejodasen) einfach ein Jodatom ab. Die Dejodierung (oder auch Konversion) erfolgt vor allem in der Leber (60 Prozent), im Darm (20 Prozent) und in den Nieren (20 Prozent). Aber auch T3 hat eine Reservefunktion, nämlich dann, wenn es im Blut an Eiweißstoffe, die sogenannten Transportproteine, gebunden ist, die dafür sorgen, dass die Schilddrüsenhormone zu ihrem Bestimmungsort gelangen. Tatsächlich liegt nur ein sehr kleiner Teil der Schilddrüsenhormone in freier Form vor, und nur die »Freien« - freies T4 (im Labor als fT4 bezeichnet) und freies T3 (im Labor als fT3 bezeichnet) - können auf den Stoffwechsel Einfluss nehmen.
Sind zu wenig Schilddrüsenhormone T4/T3 im Blut, fordert der Hypothalamus durch das Hormon TRH die Hypophyse zum Eingreifen auf. Diese setzt daraufhin das Hormon TSH frei, das die Schilddrüse zur Produktion von T4/T3 anregt.
T3 und T4 stimulieren, steuern und regulieren - sie gehören deshalb zu den wichtigsten Antreibern des Körpers. Wann immer ihre...
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