Theologie als Erzaehlung im Markusevangelium

Das Verhaeltnis von Christologie und Theologie ist in der Vergangenheit haeufig aus der Perspektive der Theologie bestimmt worden. Der aelteste Evangelist aber schlaegt den entgegengesetzten Weg ein: Er geht von Jesus Christus aus und erzaehlt von dessen Auftreten und Wirken. So wahrgenommen, erscheint das Markusevangelium als eine bestimmte Form narrativer Theologie; es ist eine "Theologie als Erzaehlung". Fuer die Analyse des aeltesten Evangeliums wendet Christian Rose deshalb narratologische und rezeptionsaesthetische Fragestellungen an; einen Schwerpunkt bildet Gerard Genettes "Die Erzaehlung", einen anderen zwei neuere rezeptionsorientiert arbeitende exegetische Entwuerfe von Moises Mayordomo-Marin und Detlef Dieckmann. Die Literaturwissenschaft weist dem Anfang eines Textes besondere Bedeutung zu; der Anfang einer Erzaehlung hat Basisfunktion fuer die ganze Erzaehlung. Dieser Anfang liegt im Markusevangelium in Mk 1,1-15. Hier erarbeitet der Erzaehler die Grundlagen fuer das, was er im folgenden Text berichten wird. Neben einer genauen Analyse dieser Verse werden als weitere exemplarische Textabschnitte Mk 1,21-28; 2,1-12; 9,2-13 und 15,33-41 untersucht, um die Bezuege zum Anfang aufzuzeigen. Dabei wird deutlich, dass nicht nur Markus der Erzaehler des Evangeliums ist, sondern dass durch die bewusst polyvalente Formulierung von Mk 1,1 auch Jesus Christus selbst als Erzaehler des Evangeliums Gottes (Mk 1,14f.) gelten muss.