Schweitzer Fachinformationen
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Unter den Begriffen " Faser" und " Fasereigenschaften" werden oft sehr unterschiedliche Dinge verstanden, je nachdem, in welcher Branche Fasern eingesetzt werden. Je nach Ursprung, Verwendung und Charakterisierung gibt es für Fasern tierischer oder pflanzlicher Herkunft verschiedene und vielfach "gewachsene" Begrifflichkeiten, die zu Missverständnissen und Unklarheiten führen können. Das Buch beginnt daher mit einer ausführlichen Begriffsklärung (Abschn. 1.1).
Exemplarisch werden im Anschluss an das Begriffskapitel zwei wichtige Einsatzgebiete von Naturfasern näher betrachtet: Neben den aus mehr oder weniger großen Holzspänen aufgebauten Holzwerkstoffen werden Plattenwerkstoffe vorgestellt, für die Holz weitgehend zu Einzelfasern zerkleinert wird (Abschn. 1.2). Verbundwerkstoffe aus Naturfasern und einer Kunststoffmatrix finden vielfach Anwendung als Form- oder Spritzgussbauteile (Abschn. 1.3). Beide Arten von Werkstoffen spielen im täglichen Leben eine große Rolle und werden mit zunehmendem Einsatz nachwachsender statt fossiler Rohstoffe noch an Bedeutung gewinnen.
In diesem Buch greifen die Bereiche Fasern, Textilien, Holzwerkstoffe, Faserverbundwerkstoffe und Prüftechnik übergangslos ineinander. In klar abgegrenzten Bereichen mag die Kommunikation durch Vereinbarungen und Sprachgewohnheiten funktionieren, wenn jedoch unterschiedliche Bereiche betroffen sind und eine transdisziplinäre Zusammenarbeit erfolgt, werden die Unzulänglichkeiten eines derartigen Sprachgebrauchs häufig erst bemerkbar. Da es vor allem bei einer Überschneidung von Wissenschaftsgebieten zu Kommunikationsproblemen kommen kann, ist eine eindeutige und systematische Verwendung von Begriffen zwingend geboten. Aus diesem Grund wird zu Beginn des Buches ein besonderer Wert auf die Terminologie gelegt. Bochenski merkt in diesem Zusammenhang an "Für wissenschaftliche Zwecke muß aber eine perfekte Sprache angestrebt werden, für die genaue Gesetze aufgestellt werden können und müssen." [1]. Diese Forderung greift Schnegelsberg in seinen Arbeiten für die Bereiche Fasern und Textilien auf und legt mit seinen Arbeiten Systematik der Textilien [2] sowie Handbuch der Faser [3] die Grundlage für eine normative Fachsprache, mit der sich konsistent und wissenschaftlich nachvollziehbar, Zusammenhänge im Bereich der Fasern und Textilien darstellen lassen.
Auf der Grundlage der Arbeiten von Schnegelsberg werden die Begrifflichkeiten - wenn nötig mit Erweiterung und Ergänzung - im Bereich der Fasern, faserförmigen Halbzeugen und Textilien vorgestellt. Weiterhin wird eine systematische Übersicht für die Verstärkungselemente von Holzwerkstoffen vorgeschlagen.
Autor: Jörg Müssig
Nach Schnegelsberg ist eine Faser ein Gebilde, das elementar und linear ist, eine charakteristische Längs- und Querschnittsform und eine charakteristische chemische Zusammensetzung (Faserstoff) aufweist [3].
Der Begriff Faserstoff (Fasersubstanz) beschreibt die "chemisch-stoffliche Substanz einer Faser". Hierbei sind natürlich gegebene Fasersubstanzen, wie Cellulose oder Proteine und industriell geschaffene Fasersubstanzen wie Metalllegierungen oder Polyamide zu unterscheiden [3].
Eine industriell geschaffene Polyamidfaser ist eine Polymerfaser, deren Faserstoff aus linearen aliphatischen Polyamiden mit alternierenden -CO-NH-Gruppen aufgebaut ist. Im Gegensatz dazu besteht die natürlich gegebene Cottonfaser zum großen Anteil aus der Fasersubstanz Cellulose, einem linearen Polysaccharid, das aus ß(1-4)-verknüpften d-Glucose-Einheiten besteht.
Im Falle von pflanzlichen Naturfasern merkt Vincent [4] an, dass eine Faser die kleinste intakte Einheit in einer Pflanzenstruktur ist und fügt hinzu, dass sich der Begriff Faser nur auf eine einzelne längliche Pflanzenzelle beziehen sollte, z.B. die Cottonfaser. Er weist darauf hin, dass Naturfasern selten als einzelne Zellen vorkommen, sondern meist zu Bündeln zusammengefügt sind [4]. In Abb. 1.1 ist zur Illustration ein pflanzliches Faserbündel gezeigt, das aus einzelnen Fasern zusammengesetzt und je nach Grad des Aufschlusses bis zur einzelnen Faser aufgeschlossen werden kann.
Ein Faserbündel ist ein zusammengesetztes Faserkollektiv. Die einzelnen Fasern sind miteinander verklebt und verkittet und lassen sich durch biologische, chemische oder mechanische Verfahren aus dem Faserbündel bis zur einzelnen Faser auflösen [3, 6].
Eder und Burgert [7] weisen in ihrer Arbeit auf die Probleme bei der Benennung von "Holzfasern" hin. Als Startpunkt setzen die Autor:innen die Produkte Zellstoff und Papier, für die hauptsächlich faserförmige Zellen des Holzes verwendet werden. Botanisch gesehen handelt es sich dabei um sekundäre Xylemzellen, wobei das Xylem das Gewebe ist, welches zur Leitung von Wasser und Nährstoffen dient und meist auch zur mechanischen Festigkeit der Struktur dient. Die Autor:innen [7] betonen, dass aus evolutionärer Sicht Holzfasern die Folge einer fortschreitenden Spezialisierung der Gewebetypen sind. Das Holz der evolutionär älteren Nadelhölzer besteht zu ungefähr 95 % aus einem Zelltyp, den sogenannten Tracheiden, die dem Wassertransport dienen und gleichzeitig die Struktur festigen können. In hoch entwickelten Laubhölzern (Angiospermen) übernehmen zwei spezialisierte Zelltypen diese beiden Funktionen, Gefäße mit großem Lumen und dünnen Zellwänden und Fasern mit kleinem Lumen und dicken Zellwänden. Eder und Burgert fassen zusammen, dass Weichholztracheiden in botanischer Sicht nicht als Pflanzenfasern bezeichnet werden, allerdings im Bereich der Holzwerkstoffe als sogenannte "Weichholzfasern" eine entscheidende Rolle spielen [7].
Abb. 1.1 Ein pflanzliches Faserbündel kann bis zur einzelnen Faser aufgeschlossen werden [5] (mit freundlicher Genehmigung vom Verlag Scrivener Publisher).
Die eingangs vorgestellte Definition für eine Faser widerspricht dem nicht, sodass im Rahmen des vorliegenden Buches neben den Holzfasern (botanisch) im Festigungsgewebe der Laubhölzer auch die anderen Holzzellen der Laubhölzer als "Hartholzfasern" und bei den Nadelhölzern als "Weichholzfasern" bezeichnet werden. Zur weiteren Differenzierung der Zellen bei Nadelhölzern (Koniferen) und Laubhölzern (Angiospermen) sei z.B. auf die Arbeit von Kull [8] verwiesen.
Nach Dunky und Niemz [9] werden Holzwerkstoffe durch Zerkleinern des Baums und anschließendes Zusammenfügen der entstandenen Holzelemente erzeugt (siehe Abb. 1.2). Vergleichbar zu textilen Flächengefügen (siehe Abschn. 1.3.1) können unterschiedliche Arten der Verbindung auftreten. Zu nennen sind Haftung, Verklebung und zusätzlich die Verwendung von Verbindungen zur lagestabilen Fixierung der Elemente.
In der Literatur zu Holzwerkstoffen werden die verwendeten Holzelemente zwar beschrieben, eine systematische Übersicht unter Berücksichtigung von Ordnungsmerkmalen (z. B. der Morphologie) fehlt allerdings häufig. So klassifiziert z. B. Marra in den 1970er-Jahren ([10] und zitiert in [9]) die verwendeten Holzelemente zum Aufbau von Holzwerkstoffen vom Stamm bis zur Cellulose, ordnet diese allerdings nicht systematisch und beschreibt lediglich, dass sich die "grundlegenden Holzelemente vom Größten zum Kleinsten erstrecken" [10].
Bei der Studie der Literatur zu Holzwerkstoffen fällt zum Teil eine fehlende systematische Verwendung von Begriffen auf. So wird der Holzwerkstoff Scrimber den Spanwerkstoffen zugeordnet [9, 11, 12], obwohl das entsprechende Holzelement nicht durch Zerspanung entsteht, sondern die Partikel durch Zerquetschen geschaffen werden. Es wird daher vorgeschlagen, diese Unterschiede auch begrifflich zu verdeutlichen (Span versus Quetschpartikel; siehe Abb. 1.2).
Ein anderes Beispiel stellt die Wortung Holzwolle dar. Wolle ist der Begriff für ein Kollektiv aus animalischen Fasern, deren Faserstoff aus Keratin besteht [3]. Schnegelsberg merkt an, nicht systemkonforme Begriffe wie Baumwolle, Zellwolle, Glas- oder Steinwolle durch alternative Benennungen zu ersetzen [3]. Für die nicht systemkonforme Benennung Holzwolle wird folgendes Vorgehen vorgeschlagen: Das Holzelement wird Hobel-Langspan genannt, da die bis zu 500 mm langen Holzelemente mit spanabhebenden Hobelmaschinen hergestellt werden. Eine Einordnung in Feinheitsklassen orientiert sich an [13], wobei die Gradierung der Feinheitseinteilung nach Schnegelsberg [3] erfolgt. Das Kollektiv von Langhobelspänen soll als...
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