Schweitzer Fachinformationen
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Entwaldung, entwaldungsfreie Lieferkette und Geolokalisierung. Hierbei handelt es sich um Begrifflichkeiten, die bis dato keine allzu häufige Verwendung im Rahmen der Lieferketten-Compliance aufwiesen. Doch das soll sich nun ändern - zumindest für diejenigen Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der EU-Entwaldungsverordnung fallen.
Mit dieser gesetzlichen Regelung auf EU-Ebene soll der durch die Wirtschaft begründete Rückgang der aus mehrerlei Gründen schützenswerten Waldbestände gestoppt werden. Tatsache ist, dass Wälder einen enormen Nutzen bringen. In ökologischer, wirtschaftlicher, aber auch sozialer Hinsicht. So ist der Wald elementarer Bestandteil für die Regulierung des CO2-Anteils in der Luft, dient er doch als Kohlenstoffsenke1 und wirkt damit dem Klimawandel entgegen.2 Das Holz des Waldes ist darüber hinaus ein wichtiges Wirtschaftsgut, auch oder insbesondere in der heutigen Zeit, wo die Nachfrage nach nachhaltigen Baustoffen spürbar steigt.3 Darüber hinaus verfügen Wälder über den größten Anteil der weltweiten Biodiversität4. Mehr als 80 % der biologischen Vielfalt findet sich dort.5
Zugleich ist jedoch festzustellen, dass die Entwaldung, wie auch die Schädigung des Waldes,6 mit enormer Geschwindigkeit voranschreiten. So wird davon ausgegangen, dass in den 30 Jahren zwischen 1990 und 2020 über 400 Millionen Hektar Wald "verloren gegangen sind". Das entspricht ca. 10 % der nun noch verbleibenden Wälder und ist eine Fläche, die größenmäßig die Fläche der EU übertrifft.7
Neben dem Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf den Wald (etwa dürrebedingte Waldbrände, die Ausbreitung von Schädlingen aufgrund gestiegener Temperaturen etc.), ist die Nutzung der Waldflächen durch die Landwirtschaft treibender Faktor eben dieser Waldschädigungen.8 Letztere soll dabei ca. 90 % des globalen Waldverlustes verantworten.9 Im Umkehrschluss bleiben für Klimawandel und weitere Faktoren somit nur noch 10 %, was die potenzielle Hebelwirkung, die durch eine Regulierung der Entwaldung erzeugt werden kann, eindrücklich verdeutlicht.
An vorgenanntem Umfang der Entwaldung trägt die EU einen beachtlichen Anteil. In den Jahren 1990-2008 hat die EU ca. ein Drittel der mit dem Thema Entwaldung verknüpften weltweit gehandelten landwirtschaftlichen Erzeugnisse erworben und verbraucht.10 Es kann darüber hinaus davon ausgegangen werden, dass sich dieser Verbrauch nicht reduziert, stattdessen weitere 248.000 Hektar Wald pro Jahr bis Ende 2030 "verloren gehen", allein aufgrund des Konsums innerhalb der EU. Konsum umfasst an dieser Stelle die Nutzung der Rohstoffe Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Soja und Holz, die weltweit die größten Verursacher von Entwaldung sind.11
Die Herstellung dieser, die Entwaldung fördernden Rohstoffe verteilt sich in überwiegender Art und Weise auf die Länder Afrika, Südamerika, Asien, aber auch Nordamerika und Europa sind relevante Regionen für die direkte Entwaldung vor Ort.12
Bezogen auf konkrete Rohstoffe sieht die Verteilung aus wie folgt:
Südostasien: Ölpalme
Zentral- und Westafrika: Kakao und Kaffee
Südamerika: Soja und Rinder.13
Insbesondere Brasilien fällt in diesem Zusammenhang öfter auf. Allein in den Jahren 2001-2015 wurden dort acht Millionen Hektar Wald für den Anbau von Soja gerodet.14
Vor dem Hintergrund, dass die meisten dieser Rohstoffe - wie oben dargestellt - nicht in der EU angebaut oder erzeugt werden, kann an dieser Stelle auch von einer "importierten Entwaldung" gesprochen werden. An der Verantwortung der Verbrauchenden ändert sich durch das Wort "importiert" allerdings nichts. Diese Verantwortung ergibt sich aus der Notwendigkeit und Verpflichtung nachhaltigen Lebens auf der Erde, um diese für die nächste Generation und auch darauffolgende Generationen weiterhin bewohnbar zu halten.15
Der in diesem Zusammenhang verwendete (und allgemein anerkannte) Nachhaltigkeitsbegriff ergibt sich aus dem Modell der sog. Triple Bottom Line oder auch Drei-Säulen-Modell genannt. Hiernach umfasst Nachhaltigkeit die drei gleichberechtigten Faktoren Ökologie, Ökonomie und Soziales. Es geht somit um Natur, um Wirtschaft und um die Gesellschaft. Um Umwelt, Ressourcen, aber auch um Wertschöpfung und Wohlstand sowie um Kultur und Gerechtigkeit.16
Interessant vor dem thematischen Hintergrund dieses Werkes ist, dass die erstmalige Verwendung des Begriffs "Nachhaltigkeit" auf die Forstwirtschaft zurückzuführen ist. Hans Carl von Carlowitz stellte 1713 in seinem Werk "Sylvicultura Oeconomica" erstmals fest, dass eine nachhaltige Nutzung des Forstes notwendig sei, demnach nur das entnommen werden sollte, was in gleicher Zeit auch nachwachsen kann.17
Daran anlehnend sind nachhaltige Produkte folglich solche, die ökologische, ökonomische und soziale Vorteile im Vergleich zu anderen Produkten mit sich bringen - und dies über den gesamten Lebenszyklus.18
Voranstehendes aufgreifend, hat der europäische Gesetzgeber nun die diesem Praxisleitfaden thematisch zugrunde liegende Verordnung erlassen, die bestehende Regelungen zum Thema Nachhaltigkeit,19 insbesondere in Bezug auf die Entwaldung, ergänzen beziehungsweise ersetzen soll.
Die EU-Entwaldungsverordnung, nachfolgend aus der englischen Bezeichnung "EU-Deforestation-Regulation" abgeleitet EUDR genannt, wurde am 09. Juni 2023 als Verordnung (EU) 2023/1115 im Amtsblatt der EU verkündet und entfaltet ab dem 30. Dezember 2024 ihre Geltung. Die komplette Bezeichnung der Verordnung lautet:
Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem Unionsmarkt und ihre Ausfuhr aus der Union sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010.
Diese Bezeichnung lässt bereits den Anwendungsbereich erahnen. Es geht um eine Regulierung des Inverkehrbringens von Produkten in der EU sowie der Ausfuhr aus dieser, sofern diese Produkte mit der Schädigung des Waldes in Verbindung stehen.
Im Rahmen dieses Praxisleitfadens wird auf die konkreten Anforderungen dieser neuen Regelungen eingegangen. Im Fokus stehen hierbei insbesondere die Pflichten und Anforderungen, die sich für die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallenden Unternehmen ergeben. Wichtig sind dabei das Inverkehrbringen, das Bereitstellen auf dem Markt und die Ausfuhr von für die Entwaldung relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse.20
Daneben gilt es, den persönlichen Anwendungsbereich zu definieren21 und die hiervon abhängigen konkreten Pflichten22 der betroffenen Unternehmen aufzuzeigen. Bei diesen Pflichten handelt es sich insbesondere um eine dreistufige Due-Diligence, die aus der Informationsbeschaffung über die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse sowie deren in der Lieferkette vorgelagerten Händler,23 einer Risikoanalyse darüber, ob die Produkte entwaldungsfrei sind24 und etwaigen Risiko mindernden Maßnahmen25 besteht.
Zuvor soll die EUDR allerdings noch in das Gefüge aus Sustainable Development Goals der United Nations26 und den EU-Green-Deal27 eingeordnet werden. Ferner findet eine Verortung der gegenständlichen Regelung in den Bereich der Lieferketten-Compliance statt.28 Hierbei sollen die Auswirkung, wie auch die Anforderung an die Compliance und an Compliance Management Systeme, herausgearbeitet werden, bevor sodann die konkreten Regelungen und etwaige Sanktionen im Falle der Nichtbeachtung betrachtet werden.
Darauf folgt eine Darstellung der zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Werkes noch bestehenden praktischen Herausforderungen.29 So wird in der Literatur vereinzelt sogar davon ausgegangen, dass sich Unternehmen durch die EUDR zukünftig "vollkommen neu organisieren müssen".30
Wie weit die durch die EUDR geschaffenen, neuen Anforderungen tatsächlich gehen und was sie Unternehmen konkret abverlangen, soll im Rahmen dieses Werkes aufgezeigt werden.
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