Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Sie absolvieren Ihr bahnpolizeiliches Praktikum in der BPOLI Hamburg.
Im Rahmen Ihrer Streifentätigkeit zusammen mit PHM Beier erhalten Sie von Ihrem Gruppenleiter über Funk den Auftrag, einen Streit im Eingangsbereich des Hauptbahnhofes Hamburg aufzuklären und die erforderlichen Maßnahmen vor Ort zu treffen.
Dort eskalierte soeben ein Streit zwischen zwei Reisenden. Im Verlauf der Auseinandersetzung prügelte der Täter (T) auf sein Opfer (O) ein.
Unter Anwendung von Zwang überwältigen Sie T. Nach erfolgtem Tatvorwurf der Straftat Körperverletzung gem. § 223 StGB und dazugehöriger Rechtsbehelfsbelehrung (RBB) stellen Sie zunächst seine Identität fest und durchsuchen ihn und seine mitgeführten Sachen. Nach Mitnahme zur Dienststelle stellen Sie fest, dass T vermutlich alkoholisiert ist. Ein bei T durchgeführter Atemalkoholtest ergibt 1,15 Promille Atemalkohol.
Prüfen Sie die Rechtmäßigkeit der nun vordringlich gegenüber T zu veranlassenden Maßnahme (Ziffer 1 bis 3.5 des Prüfschemas)!
Die Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln ist zu treffen. T hat gegenüber O eine Körperverletzung begangen.
Ein Schaden ist dadurch bereits eingetreten. Es liegt eine Straftat gem. § 223 StGB vor. Eine Schadensvertiefung ist nicht möglich, da T polizeilich gestellt wurde.
Betroffene Rechtsgüter sind die Individualrechtsgüter körperliche Unversehrtheit und Gesundheit des O sowie die objektive Rechtsordnung.
Es handelt sich um eine abgeschlossene Rechtsgutverletzung. Daher ist hier ein repressives Einschreiten zur Strafverfolgung erforderlich.
Bei der zu veranlassenden Maßnahme könnte es sich um die Entnahme einer Blutprobe (durch einen Arzt) gem. § 81a Abs. 1, 2 StPO handeln.
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Nr. 5 BPolG i. V. m. § 163 Abs. 1 StPO i. V. m. § 58 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 1 Abs. 1 BPolZV.
Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 58 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BPolZV.
Zu prüfen sind die Voraussetzungen einer Blutentnahme gem. § 81a Abs. 1, 2 StPO.
Dazu müsste T zunächst Beschuldigter sein.
Beschuldigter ist jede Person, gegen die aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte strafrechtlich ermittelt wird.
T hat sich der Straftat der Körperverletzung gem. § 223 StGB gegenüber O verdächtig gemacht. Aufgrund dessen wurden gegen ihn strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet und die ersten strafprozessualen Maßnahmen getroffen.
T ist somit Beschuldigter.
Weiterhin müsste die körperliche Untersuchung (hier Blutentnahme) des T dem Untersuchungszweck dienen.
Die körperliche Untersuchung dient der Feststellung von Tatsachen, die für das Verfahren von Bedeutung sind und für deren Vorliegen bereits bestimmte Anhaltspunkte bestehen.
Der Verdacht auf Alkoholkonsum durch den T konnte sich mithilfe des durchgeführten Atemalkoholtestes bestätigen. T hat einen Atemalkohol von 1,15 Promille. Diese Tatsache ist im Rahmen der be- und entlastenden Beweisführung im Strafverfahren von Bedeutung. Eine Entnahme von Blut dient der Feststellung der Blutalkoholkonzentration. Dabei handelt es sich um eine Tatsache, die als Erkenntnisgewinn dazu dienen kann, den Umfang der Schuld des Täters festzustellen.
Somit dient die körperliche Untersuchung (hier Blutentnahme) dem Untersuchungszweck.
Somit liegen die Voraussetzungen einer Blutentnahme gem. § 81a Abs. 1 StPO vor.
Es müsste ferner eine ordnungsgemäße Anordnung für die Blutentnahme vorliegen. Die Anordnung obliegt gem. § 81a Abs. 2 StPO grds. dem Richter. Laut Sachverhalt liegt hier keine richterliche Anordnung vor.
Ausnahmsweise kann die Anordnung, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung, auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen erfolgen.
Es müsste also eine Gefährdung des Untersuchungserfolges vorliegen.
Eine Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung liegt dann vor, wenn eine beweiskräftige Tatsache sich mit der Zeit verändern würde, sodass eine Rekonstruktion der tatsächlichen Umstände des Tatherganges durch den zeitlichen Verzug, der durch die Einholung einer richterlichen Anordnung entstehen würde, nicht mehr möglich wäre.
T hat einen Atemalkoholwert von 1,15 Promille. Die Blutalkoholkonzentration ist unklar. Der Abbau beträgt ca. 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde. Die Einholung einer richterlichen Entscheidung würde einige Zeit in Anspruch nehmen. Bis dahin würde die Alkoholkonzentration im Blut durch den Körper entsprechend abgebaut, sodass sich dann ggf. nicht mehr bestimmen lässt, wie hoch der Promillewert des T bei Tatbegehung tatsächlich war. Verlässliche Angaben können nur durch eine unverzügliche Blutentnahme gewonnen werden.
Somit liegt eine Gefährdung des Untersuchungserfolges vor.
Die Anordnung müsste durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft erfolgen.
Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ist jeder PVB, der mindestens vier Jahre im Polizeivollzugsdienst ist (vgl. § 12 Abs. 5 BPolG oder § 152 Abs. 2 GVG).
PHM Beier ist aufgrund seiner Amtsbezeichnung mindestens vier Jahre im Polizeivollzugsdienst und damit Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft. Er ist somit anordnungsbefugt.
Die ordnungsgemäße Anordnung des § 81a Abs. 2 StPO liegt vor.
Insgesamt sind die Voraussetzungen für eine Blutentnahme gem. § 81a Abs. 1, 2 StPO somit gegeben.
Die Maßnahme müsste sich gegen den richtigen Adressaten richten.
Der Adressat der Blutentnahme ergibt sich aus der Befugnisnorm selbst. Hier ist es der Beschuldigte T, der somit richtiger Adressat der Maßnahme ist.
Die Blutentnahme müsste verhältnismäßig sein, d. h. geeignet, erforderlich und angemessen.
Die Maßnahme müsste geeignet sein.
Geeignet ist die Maßnahme, wenn sie objektiv zwecktauglich ist, das polizeiliche Ziel zu erreichen.
Das polizeiliche Ziel ist es hier, die konkrete Blutalkoholkonzentration des T für eine qualifizierte Strafverfolgung festzustellen. Die Blutentnahme ist objektiv zwecktauglich, das polizeiliche Ziel zu erreichen.
Somit ist die Maßnahme geeignet.
Die Maßnahme müsste auch erforderlich sein.
Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn sie von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenige ist, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
Ein milderes Mittel als die Blutentnahme des T wäre ein Atemalkoholtest. Dieser wurde bereits durchgeführt und ergab einen Wert von 1,15 Promille. Der Atemalkoholtest ist jedoch nur bedingt beweisgeeignet. Weitere mildere Maßnahmen, die gesichert das polizeiliche Ziel erreichen, sind nicht erkennbar.
Somit ist die Maßnahme auch erforderlich.
Die Maßnahme müsste auch angemessen sein.
Angemessen ist eine Maßnahme, wenn sie zu dem angestrebten Erfolg nicht erkennbar außer Verhältnis steht. Eine Rechtsgüterabwägung hat zu erfolgen.
Durch die Maßnahme wird in das Grundrecht auf Menschenwürde (Verletzung des Schamgefühls) gem. Art. 1 Abs. 1 GG, in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gem. Art. 2 Abs. 1 GG, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 GG sowie in das Grundrecht auf Freiheit der Person gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 104 Abs. 1 GG (hier mindestens als Freiheitsbeschränkung durch das erforderliche Verbringen zur Dienststelle, ggf. Krankenhaus zur Durchführung der Blutentnahme durch einen Arzt) des T eingegriffen.
Geschützte Rechtsgüter sind hier die objektive Rechtsordnung und der Strafverfolgungsanspruch des Staates.
Ein Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person gehört zu den schwerwiegendsten Grundrechtseingriffen. Der Grundrechtseingriff in die Rechte des T ist aber zunächst nur von kurzer Dauer, hier bis zur Blutentnahme auf der Dienststelle oder ggf. im Krankenhaus.
Ebenso stellt ein Eingriff in das Recht auf Menschenwürde, hier Verletzung des Schamgefühls, einen besonders schweren Eingriff in die Grundrechte des T dar. Sofern der Eingriff (Blutentnahme) von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird und unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, ist eine Verletzung der Menschenwürde nicht zu...
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