1 - Inhaltsverzeichnis und Geleitwort [Seite 7]
2 - Einleitung [Seite 13]
3 - 1. DIE GRUNDLAGEN EINES KREATIVEN ANSATZES [Seite 19]
3.1 - Einblicke in ihre Welt [Seite 20]
3.2 - Menschen mit Demenz [Seite 28]
3.3 - Bringen Sie etwas mit: sich selbst [Seite 31]
3.4 - Da sein [Seite 36]
3.5 - Wissenswertes [Seite 40]
4 - 2. ANFANGEN [Seite 43]
4.1 - Ziele und Merkmale der Aktivitäten [Seite 44]
4.2 - Dran bleiben [Seite 50]
4.3 - Anpassung der Aktivitäten [Seite 52]
4.4 - Kreatives Denken [Seite 55]
4.5 - Wichtiges zum Thema Aktivitäten [Seite 65]
4.6 - Materialien und Utensilien [Seite 68]
5 - 3. EIGENE AKTIVITÄTEN ENTWICKELN [Seite 71]
5.1 - Einführung in diesen Teil und in die Durchführung der Aktivitäten [Seite 72]
5.2 - Eine anheimelnde Umgebung schaffen [Seite 74]
5.3 - Alltägliche Momente zu etwas Besonderem machen [Seite 77]
5.4 - Kochen, Speisen und essen [Seite 80]
5.5 - Dinge machen für/mit [Seite 84]
5.6 - Spiele [Seite 88]
5.7 - Ihre Geschichte, ihr Leben [Seite 92]
5.8 - Gemeinschaftliches kreatives Schreiben [Seite 100]
5.9 - «Holding» und der Umgang mit konkreten Dingen [Seite 105]
5.10 - Holen Sie die Menschen da ab, wo sie sich befinden [Seite 108]
5.11 - Begleiten - wenn man nichts tun kann [Seite 110]
6 - 4. HANDBUCH DER 100 AKTIVITÄTEN [Seite 115]
6.1 - Einführung in das Handbuch der 100 Aktivitäten [Seite 116]
6.2 - Aktivitäten, die nichts oder wenig kosten, und Materialien zum Befühlen und Ertasten [Seite 117]
6.3 - Raumschmuck [Seite 122]
6.4 - Vom früheren Beruf abgeleitete Aktivitäten [Seite 130]
6.5 - Gedichte schreiben [Seite 133]
6.6 - Einfache Bücher [Seite 138]
6.7 - Bücher für Sie [Seite 141]
6.8 - Buchstaben und Handschriften [Seite 146]
6.9 - Zeichnen als visuelle Kommunikation [Seite 153]
6.10 - Collagen und Assemblagen [Seite 160]
6.11 - Mandalas [Seite 166]
6.12 - «Holding» [Seite 168]
6.13 - Aus Gesten abgeleitete Aktivitäten [Seite 170]
7 - 5. SCHLUSSBETRACHTUNG [Seite 175]
7.1 - Kunst in der Demenzpflege [Seite 176]
7.2 - Wegweiser [Seite 182]
7.3 - Aktivitäten im Überblick [Seite 186]
7.4 - Verwendete Literatur [Seite 188]
7.5 - Ergänzende Literatur und Links [Seite 189]
7.6 - Fotonachweise [Seite 190]
7.7 - Danksagung [Seite 191]
7.8 - Die Autorin [Seite 194]
7.9 - Menschen mit Demenz begleiten, pflegen und versorgen [Seite 195]
Einblicke in ihre Welt
Ich bin kein bisschen kreativ
Es kursieren viele falsche Vorstellungen, was Kreativität und Talent betrifft. Die gängigste ist die, dass nur Künstler «sie haben» und «alle anderen» es gar nicht erst versuchen sollten. Ich habe viele Menschen kennengelernt, die behauptet haben, «nicht kreativ» zu sein. Doch in all den Jahren meiner Lehrtätigkeit in verschiedenen Bereichen der bildenden Künste ist mir noch nie ein Menschen begegnet, der einen ernsthaften Versuch unternommen hat und dem es nicht gelungen ist, sich kreativ auszudrücken.
Unsere Gesellschaft ist sehr vom Intellekt dominiert, und daher sind andere, weniger vernunftgesteuerte Möglichkeiten der Wahrnehmung unterentwickelt und haben einen entsprechend geringen Stellenwert. Zu ihnen zählen Intuition, Emotion und Imagination, die im künstlerischen Bereich von zentraler Bedeutung sind. Aber sie lassen sich auch in der Demenzpflege nutzen, wie wir im weiteren Verlauf der Diskussion sehen werden.
Die rechte und die linke Hirnhälfte
Unsere Gesellschaft wird vorwiegend von der linken Hirnhälfte bestimmt, die für die rationalen, logischen Funktionen zuständig ist. In der rechten Hirnhälfte sind Intuition und alles, was mit «Imagination» zu tun hat, lokalisiert. Kreativität bedeutet nicht unbedingt, dass Sie sich künstlerisch betätigen, singen oder etwas darstellen. Im weitesten Sinn fängt Kreativität dort an, wo «man etwas anders macht als auf die übliche Art», um neue Möglichkeiten zu entdecken oder zu entwickeln.
Diese neue Form der Wahrnehmung setzt ein Umschalten vom logischen Denken auf die Imagination voraus. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir unseren Intellekt oder Verstand abschalten sollen, sondern dass wir die rechtshemisphärischen Intuitionen als gleichwertig anerkennen und in unsere Weltsicht integrieren.
Nachstehend sind linkhemisphärische und rechtshemisphärische Hirnfunktionen aufgeführt:
linke Hirnhälfte
Wissen Imagination
rationales Denken
Handeln
Wissenschaften
Kontrolle
Fakten
planen
verstehen
rechte Hirnhälfte
Gefühl
Sein
Künste
loslassen
Ahnungen
geschehen lassen
intuitiv erfassen
Im Idealfall ist die Wahrnehmung der Welt zu gleichen Teilen intuitiv und rational.
Doch unsere Ausbildung, insbesondere die medizinische Ausbildung in der westlichen Welt, legt den Schwerpunkt einseitig auf die Logik.
Diese Ausbildung fördert eine auf Fakten bezogene Denkweise, die in den meisten Fällen nicht ausreicht, um sich in dem scheinbar irrationalen Terrain der Demenz zurechtzufinden.
Das unbekannte Terrain
Auf den ersten Blick wirkt die Welt der Demenz chaotisch und bedrohlich. Sie scheint von intensiven Gefühlen beherrscht zu sein. Die Kommunikation erfolgt über symbolische Gesten und Sprache, Gegenstände bekommen eine andere Funktion und können magische Eigenschaften annehmen, und die Sprache hat eine andere Bedeutung oder ist völlig verloren gegangen. Betreuer, die sich zutrauen, ihre kreativen Fähigkeiten und ihr erlerntes Wissen zu nutzen, reagieren flexibler, einfallsreicher und spontaner, wenn sie plötzlich mit den wirren Gedanken in den Gehirnen von Menschen mit Demenz konfrontiert werden. Herr. B., Bewohner eines Pflegezentrums in Holland, wurde zusehends unruhig, weil er, wie er sagte, unbedingt zu einem geschäftlichen Meeting nach Kapstadt, Südafrika, müsse. Eine Pflegeperson in der Ausbildung begegnete ihm, als er gerade die Station verlassen wollte, und versuchte, ihn mit der Realität zu konfrontieren. Sie sagte ihm, er sei in Holland, nicht mehr berufstätig und müsse daher nicht mehr an geschäftlichen Meetings teilnehmen. Dies beunruhigte ihn noch mehr.