Forstpolitische Konvergenz von Nutzungsverzicht im Wald

3 Rechts- und Politikrahmen der EU

3.1 EU-Vorschriften und Instrumente der Umweltpolitik

Die EU wurde 1992 durch den Vertrag über die Europäische Union (EUV) in Maastricht gegründet. Das in Artikel (Art.) 3 Absatz (Abs.) 1 EUV formulierte Ziel der EU ist es, "den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern". Neben sozial- und sicherheitspolitischen Ansätzen werden zur Umsetzung unter anderem wirtschaftliche Steuerungselemente herangezogen. Die Bedeutung der politischen Arbeit der EU für den Forstsektor spiegelt sich neben dem Ziel gemeinsamer, nachhaltiger Standards zum Umweltschutz insbesondere in der angestrebten wirtschaftlichen Integration der Mitgliedsstaaten wider. Sowohl der Holzhandel als auch die Art der Waldbewirtschaftung, von Forschung und Personalentwicklung bis zum forstlichen Saatgut, sind maßgeblich von EU-Vorgaben beeinflusst. Eine besondere Rolle nehmen im EU-Recht staatliche Förderungen ein, insbesondere im Land- und Forstwirtschaftssektor.

Der EU werden durch die Verträge (EUV und AEUV, Art. 1 Abs. 2 Satz (S.) 2 AEUV i.V.m. Art. 1 S. 3 EUV) Gesetzgebungskompetenzen zugeschrieben. Diese sind unterschieden nach ausschließlicher und geteilter Zuständigkeit. Die ausschließliche Zuständigkeit, bei welcher die Mitgliedsstaaten nur durch Ermächtigung eigene Rechtsakte erlassen können, gilt unter anderem für die "Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln" (Art. 3 Abs. 1 S. 1 Buchstabe (lit.) a AEUV). Die geteilte Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten, sofern die EU ihre Zuständigkeit nicht ausübt, gilt im forstlichen Bereich insbesondere für die Umweltpolitik und den Binnenmarkt, unbeschadet der in ausschließlicher Zuständigkeit festgelegten Wettbewerbsregeln (Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 S. 1 lit. a, e AEUV).

Die EU nimmt durch Verwendung einer Vielzahl an politischen Instrumenten Einfluss auf die politische Entwicklung der Mitgliedsstaaten. Die Maßnahmen lenken je nach verwendetem Instrument die Mitgliedsstaaten in verschiedener Intensität und räumlicher oder zeitlicher Dimension.

Als Mitglied der UN ist die EU in internationalen Abkommen zur Klima- und Umweltentwicklung involviert. Prominente Beispiele sind das "Pariser Übereinkommen über den Klimawandel", das "Übereinkommen über biologische Vielfalt (Rio)" sowie der "Globale Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal". Die Konventionen werden sowohl unmittelbar auf nationaler Ebene als auch durch die EU als supranationale Organisation umgesetzt. Der Inhalt von Beschlüssen auf UN-Ebene wirkt sich maßgeblich auf die politische Arbeit der EU aus.

Die grundlegende politische Ausrichtung der EU wird in Rahmenregelungen und Strategieplänen formuliert. Diese umfassen in der Regel einen langfristigen Zeitraum und sind politische Grundlage weiterer Richtlinien und Verordnungen. Eines der relevantesten Konzepte der aktuellen EU-Umweltpolitik ist der European Green Deal. Dieser beinhaltet unter anderem die Vorstellung einer neuen Europäischen Biodiversitätsstrategie bis 2030, eines Umweltaktionsplans bis 2030 sowie einer EU-Waldstrategie für 2030 (Europäische Kommission, 2019). Die EU stellt 2021, initiiert durch den Green Deal, die EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel vor und beschließt die Europäische Klimagesetz-Verordnung, wodurch unmittelbare Rechtsverbindlichkeit in allen Mitgliedsstaaten hergestellt wird (VO (EU) 2021/1119). Aus dem Maßnahmenpaket geht eine Vielzahl von Zielen hervor, die das Politikfeld der forstlichen Umweltpolitik teils stark beeinflussen. Die Kernelemente des Konzepts sind der Abbildung 1 (S. ) zu entnehmen.

Abbildung 1: Zusammenstellung der übergeordneten Ziele des Europäischen Green Deals (Europäische Kommission, 2019, S. 3)

Die dargestellten Teilbereiche des Green Deals ziehen einerseits weitere Maßnahmen innerhalb des unmittelbaren Politikfeldes mit sich, können sich andererseits auch gegenseitig beeinflussen oder bedingen. Die EU-Waldstrategie fasst die waldbezogenen Ziele der Biodiversitäts- und Klimastrategie zusammen. Das übergeordnete Ziel der Klimastrategie im Wald ist die Verbesserung des Treibhausgasabbaus durch natürliche Senken zu fördern. Gleichzeitig soll der Verlust von Lebensräumen und Arten eingedämmt werden, um die Biodiversität im Klimawandel aufrechtzuerhalten. Dazu seien größere, gesündere und vielfältigere Wälder notwendig, unter anderem durch die Anpflanzung von mindestens 3 Milliarden Bäumen (Europäische Kommission, 2021a, S. 3). Es ergeben sich Zielkonflikte zwischen Holznutzung und Schutz von Waldökosystemen, wie der durch die Biodiversitätsstrategie geforderte Unterschutzstellung von 30 % der Landes- und Meeresfläche bis 2030 (Europäische Kommission, 2020, S. 4). Diesem Konflikt soll durch die "Verbesserung der Überwachung und der dezentralen Planung der Wälder" (ebd.) begegnet werden. Die naheliegende und angedeutete Lösung, die Waldfläche zur Erweiterung der Prozessschutz- bei gleichbleibender Nutzungsfläche zu vergrößern, wie von Eberl (2020) vorgeschlagen, führt die Kommission nicht an. Zielsetzungen der einzelnen Bestandteile des Green Deals im Bereich Forstwirtschaft werden beispielsweise durch das Ziel der Kaskadennutzung des Rohstoffes Holz in Einklang gebracht (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Darstellung der schrittweisen Kaskadennutzung des Rohstoffes Holz im Verwendungszyklus (Europäische Kommission, 2021b, S. 23)

Zur Harmonisierung politischer Maßnahmen der Mitgliedsstaaten werden von der EU Richtlinien erlassen, welche in den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Diese konkretisieren politische Vorhaben aus Konventionen, Rahmenrichtlinien und Strategieplänen. Bedeutende Richtlinien für die Umweltpolitik im Wald sind die Europäische Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Beide Vorschriften zielen auf den Schutz einzelner Arten, derer Lebensräume und die Schaffung von Schutzgebieten ab, um die qualitative und quantitative Biodiversität im großräumigen Maßstab aufrechtzuerhalten. Beide sind Bestandteil des internationalen Schutzgebietsnetzwerks "Natura2000", um den integrativen Arten- und Biotopschutz in der EU gebündelt voranzutreiben (Art. 3 ff. RL (EG) 92/43/EWG).

Verordnungen mit unmittelbarer Rechtsverbindlichkeit werden auf EU-Ebene unter anderem zur Restriktion kurzfristig umweltschädlicher Wirtschaftsweisen erlassen. Beispiele im Forstsektor sind die Verordnung (EG) 338/97 zur Beschränkung des Handels wildlebender Tier- und Pflanzenarten auf Grundlage des Washingtoner Artenschutzübereinkommens sowie die EU-Holzhandelsverordnung. Diese dient dem Schutz des Ökosystems Wald vor illegalem Holzeinschlag, um die Kapazität des Kohlenstoffspeichers, die Biodiversität und damit verbundene Ökosystemleistungen zu sichern (Verordnung (EU) 995/2010). Außerdem ist der Umgang mit invasiven Neobiota in der Verordnung über invasive gebietsfremde Arten geregelt, mit dem Ziel, die heimische Biodiversität und damit verbundene Ökosystemdienstleistungen zu erhalten (VO (EU) 1143/2014).

Die Nennung der EU-Vorschriften beschränkt sich auf potenziell relevante Maßnahmen zur Förderrichtlinie "Klimaangepasstes Waldmanagement" im Bereich der forstbezogenen Umweltpolitik. Der Bezug zu Maßnahmen der EU ist nicht abschließend, Wechselwirkungen können auch mit weiteren Maßnahmen des gleichen oder eines anderen Politikfeldes bestehen.

3.2 Staatliche Beihilfen auf dem europäischen Binnenmarkt

Der Binnenmarkt als zentrales Element der europäischen Integration ist auch im forstlichen Bereich von großer Bedeutung. Innerhalb der EU wird den EU-Bürgern ein Raum ohne Binnengrenzen geboten (Art. 3 Abs. 2 S. 1 EUV). Dieser umfasst neben der Freizügigkeit auch einen europäischen Binnenmarkt. Der Binnenmarkt soll auf "eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität" (Art. 3 Abs. 3 S. 1 AEUV) hinwirken. An diesem Binnenmarkt nehmen auch Waldbesitzende als Unternehmen teil, da der Rohstoff Holz erzeugt wird, welcher potenziell im gesamten EU-Gebiet verkehrt und weiterverwendet wird. Charakterisiert wird der Binnenmarkt durch vier Grundfreiheiten: Die Freiheit des Warenverkehrs, der Dienstleistungen, des Kapitals und der Arbeitnehmenden (Hailbronner & Jochum, 2006, S. 5). Im rechtlichen Sinne stellt sich der Binnenmarkt nach innen durch Marktfreiheit, Marktgleichheit und unverfälschten Wettbewerb, nach außen durch Einheitlichkeit des Marktes dar (Hailbronner & Jochum, 2006, S. 6).

Zur Wahrung des unverfälschten Wettbewerbes auf dem europäischen Binnenmarkt ist die Gewährung staatlicher Beihilfen an Marktteilnehmende durch den AEUV eingeschränkt:

"Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder...