Schweitzer Fachinformationen
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Über Migration in Deutschland wird seit Jahrzehnten diskutiert und geschrieben. Mal hat das Thema mehr, mal weniger Konjunktur. Hochkonjunktur hatte Migration Anfang der 1990er Jahre und wieder seit 2015, mit einem erneuten Höhepunkt in den Jahren 2023/24. Auslöser waren meist hohe Flüchtlingszahlen. Viele der Aufsätze, Bücher und Zeitungsartikel zum Thema nehmen eine Position pro oder contra Migration ein. Etliche verstehen sich als eine Art Verstärker gesellschaftlicher Stimmungen, weitere verfolgen ein bestimmtes politisches Ziel im Hinblick auf gesetzgeberische Entscheidungen.
Die dabei oft einfach klingenden Sachverhalte stellen sich bei näherer Betrachtung meist komplexer dar als zunächst gedacht. Ist es nicht einfach, eine jährliche Obergrenze des Zuzugs festzulegen und die Grenzen beim Überschreiten dieser Marke zu schließen und Neuankommende zurückzuschicken? Warum brauchen Behörden und Gerichte jahrelang, um einen Asylantrag zu prüfen und über diesen zu entscheiden? Verlangt das der Rechtsstaat, auf den wir alle stolz sind, weil er unsere Freiheit garantiert? Warum sind Rückführungen so schwierig? Könnte man die Menschen, die kein Bleiberecht haben, nicht einfach ins Flugzeug setzen? Und warum erweist es sich als herausfordernd, Fachkräfte nach Deutschland zu bringen? Was sind die Schwierigkeiten bei der Aufnahme von Zuwanderern und ihrer Integration in unseren Alltag?
All diese Fragen stellen sich bei der Behandlung des Themas. Sie werden in diesem Buch nicht umfassend, aber zumindest in großen Teilen behandelt. Im ersten Teil des Buches geht es um die beiden Themen Arbeitsmigration und Flüchtlingsmigration. Während erstere als »reguläre« und legale Migration begriffen wird, wird Flüchtlingsmigration als »irreguläre« und illegale Migration verstanden, weil die Menschen in aller Regel ohne Einreiseerlaubnis ins Land kommen. Im zweiten Teil des Buches geht es um die Integration von Einwanderern und die Herausforderungen der Integration in Deutschland. Im dritten Teil kommen schließlich Einwanderer selbst und auch Personen mit einschlägigen Erfahrungen im Bereich Integration in Form kurzer Interviews ganz unmittelbar zu Wort.
Das Buch behandelt Migration in Deutschland im Rückblick und in der Gegenwart. Es vermittelt Informationen durch eine straffe Darstellung von Politik, Recht und gesellschaftlicher Praxis, möglichst objektiv, wenn auch zwangsläufig zum Teil blitzlichtartig anstatt umfassend dokumentierend. Der gesetzliche Rahmen und seine Entwicklung werden geschildert, sind aber nicht Kern der Darstellung. Wir greifen vor allem die Medienberichterstattung der jüngeren Zeit auf, um davon ausgehend einzelnen Migrations- und Integrationsaspekten im Lichte gesellschaftlicher Stimmen und Stimmungen nachzugehen und dabei auch die Sicht verschiedener Akteure einzubringen. Wir nehmen Bezug auf statistische Befunde, Umfragen und einige praxisnahe wissenschaftliche Untersuchungen. Wir greifen auch auf einige Publikationen der letzten Jahre zurück, in denen gegensätzliche und zum Teil auch extreme Positionen vertreten werden, um die gefühlte von der objektivierbaren Realität abzugrenzen.
Ganz bewusst haben wir subjektive Perspektiven auf das Thema integriert: Interviews mit Praktikern und Menschen mit Migrationshintergrund runden die Beschäftigung mit Rahmenbedingungen, dem »Lagebild« und dem öffentlichen Diskurs zum einen ab und eröffnen zum anderen auch den Blick auf weitere, praxisnahe Perspektiven.
Migration (»Wanderung«) gibt es, seit es Menschen gibt. Schon die ersten Menschen folgten jagdbaren Tieren und flohen vor kaltem Wetter.
In der Spätantike markiert dann der Einbruch der Hunnen die Zeit, die in den Geschichtsbüchern ausdrücklich als »Völkerwanderung« ihren Niederschlag gefunden hat. Obwohl die moderne historische Forschung heute weiß, dass es gar keine ganzen Völker, sondern »nur« große Familienverbände waren, die aus rechtsrheinischen Gebieten ins Römische Reich links des Rheins zogen. Die römische Kultur zog sie an. Und manchmal, etwa nach Jahren bei den Streitmächten und geprägt von römischer Kultur, reisten sie auch wieder zurück.
Hunderttausende Deutsche verließen aus purer Not?- heute würde man sie »Wirtschaftsflüchtlinge« nennen?- im 18. Jahrhundert Süddeutschland und zogen donauabwärts in das heutige Ungarn und Rumänien.
Derselben Not gehorchend, teilweise auch aus religiösen Gründen, wanderten im 19. Jahrhundert Deutsche nach Amerika aus. Zwischen 1816 und 1914 kamen rund 5,5 Millionen Deutsche in den USA an?- das war zeitweise die größte Einwanderergruppe. Mit Kriegsbeginn 1914 war Auswanderung kaum noch möglich und so sank die Zahl der Auswanderer; in der Zwischenkriegszeit nach 1918 zog sie wieder deutlich an. Deutschland war also längere Zeit Auswanderungsland.
Selbst heutzutage, so berichtet die Zeitschrift Wirtschaftswoche am 23.3.2023, verlassen zahlreiche Deutsche?- überwiegend aus beruflichen Gründen, aber auch aus politischen oder klimatischen?- ihre Heimat. Die Auswanderungsrate?- bezogen auf die in Deutschland lebende Bevölkerung?- sei mit 5,1?Prozent höher als bei vielen anderen Industrienationen, bei US-Amerikanern etwa 0,7?Prozent, berichtet die Zeitschrift. Der Wunsch, dauerhaft die Heimat zu verlassen, habe überall auf der Welt ein Rekordhoch erreicht, berichtet die Katholische Nachrichten Agentur am 1.11.2024. Im Jahr 2023 hätten 16?Prozent der Erwachsenen und damit mehr als 900 Millionen Menschen nach einer Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Gallup mit Sitz in Washington/USA erklärt, sie wollten auswandern, wenn sie könnten. Seit 2011 steige diese Zahl kontinuierlich überall in der Welt, vor allem in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara und in Lateinamerika und der Karibik. 18?Prozent hätten die USA, fünf Prozent die Bundesrepublik Deutschland als Wunschziel angegeben.
Bereits mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 wurde Deutschland zu einem Zielland für anderswo verfolgte religiöse Minderheiten. Hugenotten etwa aus Frankreich siedelten sich nach der sogenannten »Bartholomäusnacht« vom 23. auf den 24. August 1572 in Preußen oder Württemberg an. Bis zum Ersten Weltkrieg wanderten Polen ins Ruhrgebiet ein, um dort Kohle und Erz abzubauen.
Der Eisenbahnbau in Süddeutschland lockte zahlreiche Italiener über die Alpen. Sie kamen als »Transalpini« aus den industriell kaum entwickelten südlichen Regionen Italiens. Sie und ihre Nachkommen sind?- zum Teil bis heute?- oft im unteren Segment des Arbeitsmarkts beschäftigt. Und obwohl sie oft unterdurchschnittliche formale Bildungsgrade besitzen, gelten sie als gut integriert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen zunächst vor allem Flüchtlinge und Heimatvertriebene aus den früheren deutschen Ostgebieten.
Seit der Mitte der 1950er Jahre kamen »Gastarbeiter«, die millionenfach direkt im Ausland angeworben wurden. Etwa 14 Millionen reisten als Arbeitskräfte zum Aufbau des Wirtschaftswunders bis zum Anwerbestopp 1973 in die Bundesrepublik ein. Viele von ihnen blieben.
Ende der 1970er Jahre kamen »Boat People« aus Vietnam als Kontingentflüchtlinge und während der gesamten Zeit des »Kalten Krieges« wanderten Juden und »Dissidenten« aus dem Ostblock ein, gefolgt von über 4 Millionen Aussiedlern und Spätaussiedlern, zunächst vor allem aus Polen und Rumänien, nach der Öffnung des sogenannten »Eisernen Vorhangs« weit überwiegend aus der ehemaligen Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wurde Deutschland zweifellos zum Einwanderungsland.
Schon seit 1980 spricht man in Deutschland über »Flüchtlingskrisen«: 1980 (erstmals über 100.000 Asylanträge in einem Jahr), 1992 (Zerfall Jugoslawiens), 2015 (Bürgerkrieg in Syrien) und 2022 (Krieg in der Ukraine) sind Jahreszahlen, die diese »Krisen« kennzeichnen. Die schiere Zahl der Flüchtlinge und deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sorgte jedes Mal für heftige politische und gesellschaftliche Diskussionen und...
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