Schweitzer Fachinformationen
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Unser Körper ist ein komplexes System. Damit wir uns auf der einen Seite richtig wohlfühlen und aktiv sein und auf der anderen Seite auch gut entspannen und gut schlafen können, müssen die verschiedenen Organsysteme des Körpers harmonieren wie ein gut aufeinander eingespieltes Orchester.
Einige dieser Systeme sind allen Menschen bekannt, weil ihre Aktivität im Alltag spürbar ist, allen voran der Bewegungsapparat, das Verdauungssystem, die Atmung, das Herz-Kreislauf-System und das Urogenitalsystem (also die Nieren, die ableitenden Harnwege und die Geschlechtsorgane). Aber über andere wichtige Systeme wie das Endokrinium oder Hormonsystem (also die Gesamtheit der Hormondrüsen und ihre Steuerung im Gehirn über Hypothalamus und Hypophyse), das Lymphsystem, das Immunsystem oder auch das Gerinnungssystem wissen medizinische Laien meist nur sehr wenig. Denn im besten Fall verrichten sie ihre Arbeit ganz unauffällig im Hintergrund.
Das komplexeste aller Systeme des menschlichen Organismus ist das Nervensystem. Unsere Sinnesorgane sind ein wichtiger Bestandteil davon. Am besten »erfahrbar« sind für den Menschen die nach außen gerichteten Sinnesfunktionen: Es ist uns bewusst, dass wir sehen, hören, riechen und schmecken, dass wir Gegenstände ertasten und Bewegungen wahrnehmen können. Weniger bekannt ist, dass es auch nach innen gerichtete Sinnesfunktionen gibt, fachsprachlich Interozeption genannt. Doch sie sind die Voraussetzung dafür, dass die Aktivitäten der verschiedensten Systeme aufeinander abgestimmt werden können. Denn jedes System ist auf die Leistungen der anderen Systeme angewiesen. Muskeln und Organe benötigen eine kontinuierliche Durchblutung, die ständige Zufuhr von Sauerstoff und Energie sowie den Abtransport von Kohlendioxid und anderer Stoffwechselprodukte. Wenn die Steuerung durch das Nervensystem ausfällt, können sie zwar überleben, aber nicht optimal funktionieren.
René Leriche (1879-1955) war ein französischer Chirurg, der sich auch als Wissenschaftler, Schriftsteller und Philosoph, als Lehrer und Redner betätigte. Von ihm ist der Aphorismus überliefert, Gesundheit sei »das Leben im Schweigen der Organe«.
Dies war ein großes Missverständnis, denn unser Leben ist vielmehr davon abhängig, dass unser Gehirn, unser Bewegungsapparat und alle unsere Organe nicht schweigen, sondern ununterbrochen außerordentlich präzise miteinander kommunizieren. Welche bedeutende Rolle der Vagusnerv dabei als Teil unseres Nervensystems spielt, wird auf den folgenden Seiten erklärt.
Bereits im ersten Satz dieses Kapitels wurde der Begriff »System« verwendet, aber nicht näher erläutert. Das Wort dürfte allgemein geläufig sein, da es in den verschiedensten Zusammenhängen zum Einsatz kommt: Es wird im gesellschaftspolitischen Bereich verwendet, wo von Schulsystem, Gesundheitssystem oder Verkehrssystem die Rede ist. In Hinblick auf die Welt der Natur spricht man zum Beispiel von Ökosystemen. Betrachtet man den technischen Bereich, hat jeder Computer ein Betriebssystem.
Abstrakt gesprochen ist ein System ein Gebilde, das aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt ist, die nach festgelegten Regeln zusammenwirken, um gemeinsam ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Die beiden Wörter »Regel« und »Regulation« haben unübersehbar eine gemeinsame begriffliche Wurzel. In etymologischen Wörterbüchern wird die Bedeutung des Wortes »Regel« als »Richtschnur«, »Norm« oder »Vorschrift« definiert, die dazu dient, eine »gewohnte Ordnung« aufrechtzuerhalten. Regulation ist demnach ein Prozess, der dafür sorgen soll, dass alles »regelrecht« - also in der gewünschten, zieldienlichen Art und Weise - abläuft.
Regelkreise gibt es sowohl in technischen als auch in biologischen Systemen. Sie sorgen dafür, dass die Regulation automatisch abläuft. Damit dies funktioniert, benötigt ein System die folgenden drei Elemente:
eine Steuerungsinstanz, die weiß, welches Ziel (Sollzustand) angestrebt werden soll und wie dieses Ziel erreicht werden kann
eine Informationseinheit, welche die Steuerung kontinuierlich über den aktuellen Istzustand informiert
eine Arbeitseinheit, die bei einer Abweichung des Istzustands vom Sollzustand tätig wird, um den Istzustand in die gewünschte Richtung zu verschieben
Betrachten wir dies an einem Beispiel. Aus dem Alltag ist den meisten von uns zum Beispiel die Funktionsweise einer Heizungsanlage vertraut. In die Steuerung der Heizung wird zunächst die gewünschte Raumtemperatur einprogrammiert. Ein Messgerät registriert die tatsächliche Temperatur und gibt diese Information an die Steuerung weiter. Sinkt die gemessene Temperatur unter den einprogrammierten Wert, springt die Heizung an und erwärmt die Raumluft. Ist der Zielwert dann erreicht, wird auch das an die Steuerung zurückgemeldet und die Heizung schaltet sich ab.
Ganz klar: Je mehr Elemente in einem System zusammenwirken, desto komplizierter wird es. Aber nicht alles, was kompliziert ist, gilt auch als »komplex« im Sinne der Systemtheorie. Komplexe Systeme besitzen ganz bestimmte Eigenschaften. Für sie gelten die folgenden Merkmale:
Es sind »offene Systeme«, die einerseits Energie und Materie aufnehmen, andererseits Energie und Materie abgeben und dabei trotzdem in der Lage sind, die inneren Bedingungen relativ konstant zu halten.
Ihre Stabilität beruht auf Selbstorganisation und Selbstregulation. Sie streben nach innerer Balance und Harmonisierung.
Sie sind lernfähig, das heißt in der Lage, Informationen zu verarbeiten und neue Eigenschaften hervorzubringen, um sich an veränderte Umgebungsbedingungen anzupassen.
Die Reaktionen des Systems auf ein Ereignis sind pfadabhängig. Das bedeutet, sie werden von der Vorgeschichte und dem aktuellen Zustand bestimmt.
Lokale Veränderungen können sich aufgrund von Rückkopplungseffekten global auswirken.
Es gibt keine linearen Beziehungen von Ursache und Wirkung. Schon kleine Unterschiede bei den Ausgangsbedingungen können zu extrem unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Jede einzelne menschliche Zelle ist ein komplexes System. Über Transportkanäle in ihrer Membran kann sie Stoffe aufnehmen und abgeben. Sie besitzt ein Zytoskelett (»Zellskelett«), das ihre Form stabilisiert, sich bei Bedarf aber auch verformen kann. Eine Zelle verfügt über viele Organellen - spezialisierte Strukturen, die verschiedene Stoffwechselfunktionen übernehmen. Ein Beispiel sind die Mitochondrien, die der Energiegewinnung dienen und deshalb oft als »Kraftwerke der Zelle« bezeichnet werden.
Mit einzelligen Lebewesen nahm die Evolution vor etwa 3,5 Milliarden Jahren ihren Anfang. Erst sehr viel später entwickelten sich mehrzellige Lebewesen und im weiteren Verlauf nahm die Komplexität sowohl der verschiedenen Lebewesen als auch der Biosphäre stetig zu.
Aufgrund ihrer enormen Komplexität ist es gar nicht so einfach, einen kurzen Überblick über das Zusammenwirken der menschlichen Organsysteme zu geben. Denn das Wissen zu jedem einzelnen füllt dicke Lehrbücher. Wo also fängt man an?
Aus evolutionärer Perspektive ist es das Ziel eines Lebewesens, sein Leben und damit seine Gene an eine neue Generation weiterzugeben. Für alle höher entwickelten Tiere gilt: Sie müssen sich über längere Zeit in der Kunst des Überlebens bewähren, also erwachsen werden, um sich fortpflanzen zu können. Dafür benötigen sie die folgenden Grundkompetenzen: Sie müssen in der Lage sein, genügend Nahrung zu finden, sich vor Gefahren zu schützen, einen Geschlechtspartner für sich zu gewinnen und den eigenen Nachwuchs erfolgreich großzuziehen, sodass eine neue Runde des Lebenszyklus beginnen kann.
Eine Voraussetzung für das Leben ist unser Bewegungsapparat. Er funktioniert nur, wenn er für die Energiegewinnung mit Sauerstoff (der von den Atmungsorganen bereitgestellt wird) und Nährstoffen (die von den Verdauungsorganen aus der Nahrung gewonnen werden) versorgt wird. Beides wird vom arteriellen Gefäßsystem zu den Muskeln transportiert. Die entstehenden Stoffwechselprodukte werden zunächst über das venöse und das lymphatische System beseitigt. Das Herz fungiert dabei als die Pumpe, die unseren Kreislauf am Laufen hält.
Da Verletzungen in einer Zeit, als Menschen als Jäger und Sammler lebten, an der Tagesordnung waren, brauchten wir noch ein Gerinnungssystem, damit die entstandenen Wunden auch wieder aufhörten zu bluten.
Um nicht mehr benötigte oder gar schädliche chemische Stoffe aus dem Körper zu entfernen, besitzen wir zwei große Entgiftungsorgane: Die Niere, die für wasserlösliche Substanzen zuständig ist, und die Leber, die andere Substanzen durch spezielle chemische Prozesse wasserlöslich machen und mit der Galle ausscheiden kann. Die Niere reguliert zudem den Wasserhaushalt, die Konzentration von Mineralstoffen im Blut sowie den...
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