Ketzer, Konsuln und Buesser

Im Jahr 1241 verurteilte der Dominikanerinquisitor Petrus Cellani ueber 250 Einwohner der Stadt Montauban (Suedfrankreich) fuer ihre Kontakte zukatharischen und waldensischen Ketzern. Die Buesser und Buesserinnen - ein Drittel waren Frauen - gehoerten ganz ueberwiegend zu den politischen Eliten, den Geschlechtern der Konsuln. Doch obwohl damit die Fuehrungsgruppe der Stadt gleichsam in eine Bussgruppe verwandelt wurde, ueberstand sie die Inquisition ohne groessere Folgen. Denn die Buesser hatten eine rechtliche Neuerung im Inquisitionsverfahren genutzt, wonach bei einer freiwilligen und vollstaendigen Aussage die schwersten Sanktionen - Tod, Gefaengnis und Enteignung - vermieden werden konnten. Deshalb erhielten sie lediglich Wallfahrtsbussen oder die Auflage, Kriegsdienst fuer das bedrohte Konstantinopel zu leisten. Tatsaechlich kamen jedoch auch diese Bussen nicht in der vorgesehenen Form zur Ausfuehrung. Vielmehr wurden die individuellen Expiationen in eine kollektive umgewandelt, den Neubau der Stadtkirche. In der Folge gewannen die urbanen Eliten trotz ihrer frueheren Haeresiebelastung sogar vermehrten Einfluss auf die von ihnen als reformbeduerftig angesehene katholische religioese Praxis in der Stadt. Joerg Feuchter verfolgt den Weg der Montalbaner Eliten von der Stadtgruendung (1144) ueber ihre Beruehrung mit Katharismus und Waldensertum, ihre Strategien des Umgangs mit der Inquisition und den Bussen bis zu ihrer religioesen Neuformierung in der zweiten Haelfte des 13. Jhs. Dabei entsteht ein unerwartetes Bild der Opfer einer mittelalterlichen Ketzerverfolgung.