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Sebastian Rinz hat nicht nur ein Ehrengrab, er ist auch der einzige Stadtgärtner Frankfurts, dem je ein Denkmal gesetzt wurde. Dieses befindet sich in den von ihm angelegten Wallanlagen, seinem Hauptwerk.
Die Wallanlagen ersetzten zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Frankfurter Stadtbefestigung. 1333 hatte Kaiser Ludwig der Bayer der Stadt Frankfurt erlaubt, ihre Stadtgrenzen über die Staufermauer, die die Altstadt umgrenzte, deutlich auszuweiten. Ab 1343 wurde an einem neuen Befestigungswerk rund um die Neustadt (die heutige Innenstadt) gearbeitet. Eine sechs bis acht Meter hohe Mauer entstand, die an ihrer Krone eine Breite von zweieinhalb bis drei Meter aufwies. Vor der Mauer wurde ein 10 Meter breiter Wassergraben angelegt. Im 14. und 15. Jahrhundert wurden rund 40 Stadttürme und Tore gebaut, von denen heute nur noch das Eschenheimer Tor erhalten ist. Im 16. Jahrhundert wurde die Mauer zusätzlich durch eine vorgelagerte Festungsanlage mit elf fünfeckigen Bollwerken verstärkt. Weiter draußen hatte man schon vom 13. bis zum 15. Jahrhundert versucht, die Stadt mit einem Ring befestigter Gutshöfe und Warten zu sichern.
All diese Bemühungen, Frankfurt gegen Angriffe zu schützen, verloren Ende des 18. Jahrhunderts ihren Sinn. Die Festungswerke waren veraltet, Mauern verfallen, die Gräben ohne Wasser. Die Bevölkerung der Stadt, die innerhalb der Mauern mit der Stadtallee, dem heutigen Goetheplatz, nur über einen einzigen größeren begrünten Platz verfügte, nutzte die Wälle und Bastionen längst zum Flanieren. Stellenweise hatte man sogar schon Linden- und Nussbaumalleen auf den Wällen gepflanzt, in deren Schatten die Menschen Erholung finden konnten.
Da die Stadtbefestigung nicht nur ihren militärischen Sinn verloren hatte, sondern auch ein Hindernis für das weitere Wachstum der Stadt darstellte, beschloss der Rat der Stadt im Jahre 1802, die Befestigungsanlagen zu schleifen. 1804 wurde mit den Arbeiten begonnen, die 1806 intensiviert wurden. Nachdem das Heilige Römische Reich als Resultat der verlorenen Kriege mit dem napoleonischen Frankreich untergegangen und Frankfurt von einer Reichsstadt zunächst zum Fürstentum und später zum Großherzogtum unter Karl von Dalberg geworden war, setzte dieser die französische Forderung nach Beseitigung des Befestigungswerks konsequent um. 1806 ernannte er Jakob Guiollett zum »Fürstlichen Commissarius bei dem fortzusetzenden hiesigen Festungsbau-Demolitions-Geschäfte«. Nachdem Dalberg zuvor von Napoleon als Fürstprimas des neu gegründeten Rheinbundes eingesetzt worden war, hatte Guiollet für ihn das Palais Thurn und Taxis an der Großen Eschenheimer Straße als Residenz eingerichtet.
In seiner Denkschrift Bemerkungen über die Schleifung hiesiger Festungswerke legte Guiollett seine Vorstellungen über eine Umgestaltung der Festungsanlagen zu einer Wallpromenade dar. Um die teuren Abbrucharbeiten zu finanzieren, parzellierte und versteigerte er die Wallgrundstücke. Dabei wurden den Käufern verschiedene Auflagen gemacht. Die erworbenen Grundstücke mussten binnen Jahresfrist als Garten angelegt werden, und nur zur Stadtseite hin durften Gebäude, aber ohne gewerbliche Nutzung, errichtet werden. Diese Bestimmungen aus dem Jahr 1807 wurden 1903 unter dem Namen Wallservitut durch ein preußisches Gesetz und 1907 durch einen Magistratsbeschluss bestätigt. Für die Neubebauung galt ergänzend ein Baustatut von 1809, das den klassizistischen Baustil verbindlich vorschrieb.
Die Wallservitut gilt bis heute, wenngleich sie im Laufe der Zeit einige Male verletzt worden ist: mit dem Bau der Alten Oper 1880, dem Schauspielhaus 1902, dem Stadtbad Mitte 1960 (1998 durch ein Hotel ersetzt) und 1974 der Tunneleinfahrt der U-Bahnlinie 5. Andererseits ist die der Bevölkerung zugängliche Promenade heute deutlich breiter als zur Zeit ihrer Entstehung. Damals war angrenzend an die Privatgärten nur ein etwa 20 Meter breiter Streifen übriggeblieben. Dieser konnte aber nach dem Ersten Weltkrieg deutlich verbreitert werden, als die Stadt die Privatgrundstücke sukzessive aufkaufte und sie der öffentlichen Anlage zuschlug.
Um die Promenade gärtnerisch anlegen zu lassen, hatte Guiollett den Aschaffenburger Hofgärtner Christian Bode um Empfehlung eines fähigen Gärtners gebeten. Bode schlug seinen Assistenten Sebastian Rinz vor.
Sebastian Rinz war am 11. Januar 1782 in Haimhausen, einem kleinen Ort in Oberbayern, zur Welt gekommen. Im Alter von 14 Jahren begann er in der Hofgärtnerei des Schlosses Schleißheim bei München seine Ausbildung in Gartengestaltung, Blumen- und Ziergärtnerei sowie als Orangeriegärtner. Nach Abschluss seiner fünfjährigen Ausbildung übernahm er eine Stelle im Hofgarten der Würzburger Residenz, ehe er zwei Jahre später Gärtner unter Christian Bode im Park Schönbusch bei Aschaffenburg wurde. Bode ordnete Rinz 1806 nach Frankfurt ab.
Rinz erhielt von Guiollett zunächst den Auftrag, unter strengen finanziellen Restriktionen die Bockenheimer Anlage zu bepflanzen. Rinz besorgte daher kostengünstig Pflanzen aus dem Stadtwald, aus dem Taunus, aus Aschaffenburg und aus von Dalberg verwalteten Besitzungen in Königstein und Seligenstadt. Auch Frankfurter Bürger versorgten ihn kostenlos mit Pflanzen. Nach getaner Arbeit kehrte Rinz Ende 1806 nach Aschaffenburg zurück.
1807 bezahlte Dalberg aus seinen privaten Mitteln die Fortsetzung der Maßnahmen, und Rinz, der mit seiner Arbeit in Frankfurt einen guten Eindruck hinterlassen hatte, wurde abermals aus Aschaffenburg abgeordnet. 1808 erhielt er eine feste Anstellung als Stadtgärtner. Diese sollte er bis zu seinem Tode im Jahre 1861 behalten.
In den folgenden fünf Jahren vollendete Rinz die Wallanlagen, indem er eine abwechslungsreiche Bepflanzung vornahm: Alleen, Strauch-, Stauden- und Blumenpflanzungen im Stil eines englischen Landschaftsgartens. Seit 1812 zieht sich der Anlagenring rund um die Neu- bzw. Innenstadt und lässt in seinem Verlauf die alten Festungsanlagen noch erkennen. Bereits 1813 wurden die Anlagen von durchziehenden französischen Soldaten verwüstet, anschließend von Rinz aber wiederhergestellt.
Von den neuen Anlagen waren nicht nur in- und ausländische Besucher der Stadt begeistert, auch der Geschmack der einheimischen Bevölkerung war getroffen worden. Catharina Elisabeth »Aja« Goethe schrieb 1808 an ihren Sohn in Weimar:
»[.] die alten Wälle sind abgetragen die alten Thore eingerißen um die gantze Stadt ein Parck man glaubt es sey Feerrey [.] unsere alten Perücken hätten so was biß an Jüngsten Tag nicht zu wegen gebracht - bey dem kleinsten Sonneblick sind die Menschen ohne Zahl vor den Thoren Christen - Juden - pele mele alles durcheinander in der schönsten Ordnung es ist der rührenste Anblick den man mit Augen sehen kann [.]«
Und Alexandre Dumas schwärmte noch dreißig Jahre später: »Anstelle alten Mauerwerks und sumpfiger Wassergräben haben die Frankfurter hier einen entzückenden englischen Garten entstehen sehen, einen anmutigen duftigen Gürtel, der einen Rundgang um die Stadt im Schatten herrlicher Bäume auf sandbestreuten Pfaden erlaubt. Und so gleicht Frankfurt mit seinen weiß, pistaziengrün und rosa angemalten Häusern einem riesigen Kamelienbukett in einem Kranz von Heidekraut.«
Die Anlage der Wallanlagen war Rinz' bedeutendstes Werk, aber nicht sein einziges als Stadtgärtner. So legte er 1828 den neuen Frankfurter Hauptfriedhof an, worüber wir im ersten Kapitel berichtet haben. In den gut fünf Jahrzehnten seiner Tätigkeit in Frankfurt schuf er als Inhaber eines eigenen Gärtnereibetriebs in der Stadt und der Umgebung auch zahlreiche Garten- und Parkanlagen im Auftrag privater Kunden. Beispielhaft genannt seien hier der Park Louisa und die Umgestaltung des Bethmannparks im Auftrag von Simon Moritz von Bethmann, der Günthersburgpark für Carl Mayer von Rothschild, der Park der Villa Saint-George für Georg von Saint-George (seit 1926 Philosophisch-Theologische Lehranstalt bzw. Hochschule St. Georgen), der Brentanopark in Rödelheim, der Garten des Bolongaropalastes in Höchst, der Park am Landhaus Schmidt (seit 1903 Metzler) in Bonames. Die »Nizza« genannte Grünanlage mit mediterraner Flora am Mainufer wurde von Rinz noch begonnen und nach seinem Tode von seinem Enkel und Nachfolger als Stadtgärtner Andreas Weber zu Ende geführt.
Nach Sebastian Rinz wurde eine Straße am Grüneburgpark benannt. Sein von Heinrich Petry 1892 geschaffenes Denkmal steht in den Wallanlagen an der Friedberger Anlage. Während Rinz auf dem Hauptfriedhof...
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