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Joan wunderte sich, was Marlon mit dem Toaster angestellt hatte. Dreimal hintereinander, immer nachdem sie ihn eingeschaltet hatte, war die Sicherung rausgesprungen, und sie hatte geschrien. Nicht alles, was Marlon tat, war lustig. Vor allem, wenn er an der Elektrik herumbastelte und Joan befürchtete, dass er am Ende das Haus in Brand setzen oder einen Stromschlag bekommen würde, oder dass sie mehrere Nächte bei Kerzenschein verbringen müssten, wie damals, als er die Glühbirnen ausgewechselt hatte. Sie wusste nicht, was er trieb, aber sie sagte nichts, sie wollte, dass er sich wohl fühlte, dass alles gut lief, und die Mühe, die sie sich gab, sowie ihre Gleichmütigkeit schienen sich zu lohnen.
Sie entspannte sich und schob den Toaster kommentarlos nach ganz hinten in einen Schrank. Während sie überlegte, dass sie auf Zwieback umsteigen sollte, betrachtete sie den blauen Novemberhimmel, gleißend und kalt. Ihren Toast konnte sie vergessen, aber was war das schon im Vergleich zu der sich ausbreitenden friedlichen Ruhe, wo doch alles hätte entgleisen können.
Er hatte sein Zimmer identisch eingerichtet. Mit staunenswerter Genauigkeit. Noch das kleinste Ding stand wieder an seinem Platz, dasselbe Bett, dasselbe Bild, dieselben Vorhänge, derselbe Teppich und so weiter.
Manchmal fragte sie sich, in welch unmögliche Situation sie sich da manövriert hatte, vermied es aber, länger darüber nachzudenken. Sie fröstelte. Der Winter war nah. Meistens war der Himmel von einem wunderschönen Blau, aber die Temperaturen sanken stetig.
Am Morgen löste sich der Nebel jetzt nur langsam über dem Fluss auf. Marlon, der die obere Etage bewohnte, sah ihn von seinem Fenster aus, wie er sich gleich einer Lawine von Spiegelscherben zwischen den Bäumen hindurchschlängelte. Die neue Umgebung gefiel ihm gut. Ann-Margaret wohnte nur wenige Straßen weiter.
Joan ihrerseits hatte fast eine Stunde Schlaf gewonnen - zum Laden waren es nur zehn Minuten. Sie fühlte sich auch freier. Die Last war noch da, aber sie war leichter geworden. Trotz des schrecklichen Endes. Sie träumte immer noch davon. Wahre Alpträume, die sich in trübem, grünlichem, grässlichem Wasser abspielten, und dieses letzte Bild von Howard, dessen Gesicht in einem bösen Lächeln erstarrt war und von einem roséfarbenen Dunst umwölkt wurde, der aus seiner Nase trat.
Doch seitdem sie nun tatsächlich zum Yoga ging, begann sie, das beiseitezuschieben, und die Alpträume kamen seltener und ließen sie mehrere Nächte am Stück ruhig schlafen.
Sie hielt an, um Ann-Margaret einzusammeln, und gemeinsam fuhren sie zum Dana-Farber Cancer Institute, um Dora zu besuchen, die gerade operiert worden war. Marlon hatte die Nacht bei Ann-Margaret verbracht. Seine Jacke hing im Eingangsflur.
Er war fünfundzwanzig, er war frei, natürlich, aber Joan konnte nicht anders, als ein Auge auf ihn zu haben, soweit dies möglich war, und ihre Rolle der großen Schwester zu spielen - falls das noch irgendetwas bedeutete.
Wie dem auch sei, und ohne dass sie versuchte, sich das zu erklären - sie mochte es nicht allzu sehr, wenn er die Nacht bei Ann-Margaret verbrachte, es ärgerte sie, dass er die Nacht bei ihr verbrachte, es gefiel ihr nicht besonders. Sie bemühte sich, das nicht offen zu zeigen, war aber nicht sicher, wie gut ihr das gelang. Man wusste nie so recht, was einen verriet.
Sie parkten unweit des Krankenhauses.
Es gibt da eine Sache, über die wir nie geredet haben, sagte Ann-Margaret plötzlich. Ich glaube, jetzt wäre eine Gelegenheit.
Joan war gerade dabei, Geld in die Parksäule zu stecken. Sie hob den Kopf leicht an. Es wehte ein recht kalter Wind.
Ich möchte wissen, was du davon hältst, fuhr Ann-Margaret fort. Ob du dich damit wohl fühlst. Ich will, dass du ehrlich zu mir bist. Wir sind gut genug befreundet, glaube ich. Zwischen uns sollte alles klar sein.
Joan zuckte die Schultern. Warum sollte ich mich nicht wohl fühlen, antwortete sie.
Ich weiß nicht. Man kann nie wissen. Ich versuche, mich an deine Stelle zu versetzen.
Marlon hat dich wirklich liebgewonnen, sagte sie. Da muss ich mit leben, klar, aber es stört mich auch überhaupt nicht, ich sehe gar nicht, warum mich das stören sollte. Es ist nur ein bisschen zu schön, um wahr zu sein, sage ich mir. Hoffen wir das Beste, nicht.
Ich kann es dir nicht schwarz auf weiß garantieren, antwortete Ann-Margaret, deren angegrauter Pferdeschwanz im Rhythmus der Windböen durch die Luft peitschte. Das nicht, natürlich. Aber niemand könnte das.
Sie setzten ihre Unterhaltung drinnen fort, in der Eingangshalle, im Fahrstuhl, auf den Gängen, die zu den Zimmern führten.
Wenn es dich beruhigt, ich werde ihm keinen Heiratsantrag machen, sagte Ann-Margaret und schüttelte dabei Doras Kissen auf.
Er ist nicht wie du und ich, antwortete Joan. Er kann sich nicht beschützen. Er ist nicht stark genug, um mit solchen Dingen umzugehen. Aber das dürf?te dir ja klar sein.
Und wenn ich mir selbst weh tun würde, meinte Ann-Margaret. Warum nicht. Wenn ich es nun wäre, die davon profitierte. Daran denkst du nicht.
Dora nickte von ihrem Bett aus, wie eine Königin. Sie hat nicht unrecht, sagte sie zu Joan. Das musst du ihr lassen.
Joan grimassierte ein Lächeln. Sie hatte keine Lust, das Ganze noch weiter auszuführen. Nach dem Unfall hätte sie einen leuchtenden Himmel gebraucht und milde Temperaturen, aber die Tage wurden kürzer, man musste den Kragen aufstellen und sich die Nase putzen.
Einzig Brett verstand sie. In jeder Unterhaltung kamen sie darauf zu sprechen. Das kann nicht gut ausgehen, fand er, aber Dora wird dir das nicht sagen, dafür sind sie zu lange befreundet. Und wenn es ihr nur darum geht, die Freundschaft zu erhalten.
Eine Krankenschwester schickte sie kurz hinaus, und Ann-Margaret nutzte den menschenleeren Gang und eine Bank, um Joan zu bitten, etwas lockerer zu sein.
Joan musterte sie einen Moment mit Abstand.
Es geht nicht darum, ob ich locker bin oder nicht, antwortete sie schließlich. Das hat nichts damit zu tun. Ich glaube, du bildest dir was ein. Ich habe absolut nichts gegen dich.
Ich empfinde das anders, ich weiß nicht, sagte Ann-Margaret mit einer Andeutung von Verdruss im Gesicht.
Alles ist in Ordnung, sagte Joan. Ich würde dir sagen, wenn es anders wäre. Hör mit der Grübelei auf.
Draußen pfiff der Wind. Ein paar Meter entfernt war ein Kaffeeautomat, und sie stand auf, womit sie die Unterredung beendete, und suchte in ihren Taschen nach Münzen.
Wenn es hier eine gab, die locker war, dann doch wohl sie. Angesichts der Komplikationen, die ihr neues Leben für sie bereithielt, der Dinge, für die sie nicht gemacht war.
Sie bummelte vor dem Automaten herum, Ann-Margarets Blick haftete an ihr wie ein Magnet. Sie schloss die Augen, biss sich auf die Lippe. Dann drehte sie sich um und lächelte.
Ich hab noch so viel um die Ohren, weißt du, sagte sie. Ich habe nichts gegen dich. Du darfst nicht zu viel von mir verlangen.
Das weiß ich, lenkte Ann-Margaret ein. Entschuldige. Ich verstehe das gut. Ich weiß, was du durchgemacht hast.
Joan nickte, senkte den Blick und zuckte die Schultern. Dann ließ die Schwester sie wieder eintreten, und sie blieben noch etwas bei Dora, die ein paar Schritte zum Fenster machen wollte, um zu sehen, wie der Wind durch die Brooklyn Avenue fegte, wie die Blätter in alle Richtungen wirbelten, wie ein paar Verrückte an diesem frühen Morgen joggten und schwitzten.
Dora war gut drauf. Sie war höchstens etwas blasser als bei ihrer Aufnahme, ihre Wangen eingefallener, aber sie meisterte diese Prüfung mit Zähigkeit, und die Pfleger verwöhnten sie.
Jedenfalls solltest du sie besuchen, Joan, sagte sie. Halt mich auf dem Laufenden. Ich habe mich bei John bedankt für seinen Anruf. Im Grunde ist er ein Guter. Ein Glück, dass er da ist. Trotz allem. Das ist das Gute daran. Diese Typen kommen nicht weit, hat er mir gesagt. Aber Vickie, sagt mir mal bitte, hat sie noch alle beisammen.
Total irre, sagte Ann-Margaret mit wiegendem Kopf.
Joan machte einen Stopp im Laden, um einen Blick in das Adressbuch zu werfen, das sie unter der Kasse in einer Schublade mit doppeltem Boden aufbewahrten. Draußen heulte der Wind. Der Himmel war blau, aber man spürte, dass die Kälte im Anmarsch war. Sie kritzelte ein paar Wörter auf einen Zettel und hängte ihn an die Tür. Bin in einer Stunde zurück. Sie raffte ihren Rock zusammen und ging wieder hinaus.
Es war nicht die Zeit, im Zentrum Auto zu fahren. Ende der Woche, der Wahnsinn in den Geschäften. Die Parkhäuser waren voll, und sie fuhr eine Weile im Kreis, bevor sie den Wagen abstellen konnte.
Vickie machte ihr auf und trippelte zu ihrem Platz zurück.
Als ich die Augen aufgemacht habe, wurde es draußen gerade hell, erklärte sie. Und ich hab ins Taxi gekotzt, noch bevor es losgefahren ist, ekelhaft. Ich hab dem Kerl fünfzig Dollar gegeben, und er hat mich zur Hölle geschickt. Er hat mich auf die Straße gesetzt. Ich konnte kaum stehen. Ich dachte, das wär nur so was, um einen guten Abend zu haben.
Joan fixierte sie einen Moment, ohne etwas zu sagen.
Wenn ich richtig verstehe, sagte sie schließlich, bietet dir ein Typ, den du nicht kennst, was an, und du schluckst das mir nichts, dir nichts. Ohne zu wissen, was es ist oder wo es herkommt. Nicht übel, meine Herren. Bravo.
Vickie beugte sich zum Familienpack Orangensaft und stöhnte leise auf.
Sie haben mich genäht, erklärte sie. Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Ich kann es mir nur denken. Ich hab schon...
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