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Mit dem am 1. Juli 2021 in Kraft getretenen und auf unbestimmte Zeit geschlossenen73 GlüStV 2021 haben die Länder einen weiteren Schritt in Richtung Liberalisierung des deutschen Glücksspielmarktes gemacht. Zentrale Neuregelung des GlüStV 2021 ist die weitgehende Lockerung des in § 4 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021 vorgesehenen Verbots der Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen im Internet. Neben Lotterien, Sportwetten und Pferdewetten dürfen zukünftig auch virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele im Internet veranstaltet und eigenvertrieben werden (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 1 GlüStV 2021). Begründet wird die Legalisierung dieser Glücksspielformen von den Ländern damit, dass sich in diesen Bereichen trotz des bestehenden und höchstrichterlich bestätigten74 Internetverbots ein Schwarzmarkt im Internet gebildet habe,75 dessen Bekämpfung sich in den vergangenen Jahren als schwierig erwies.76
Der GlüStV 2021 soll nun erstmalig ein legales Angebot von virtuellen Automatenspielen, Online-Poker und Online-Casinospielen ermöglichen, um spielwilligen Personen eine weniger gefährliche Alternative zum bisherigen Schwarzmarkt zu bieten, in der Schutzmaßnahmen gegen Spielsucht, gegen Manipulationen und andere betrügerische Aktivitäten vorgeschrieben sind und tatsächlich durchgeführt werden (sog. Kanalisierung).77 Während das terrestrische Trennungsgebot für Sportwetten und Automatenspiel in § 21 Abs. 2 GlüStV 2021 beibehalten wird,78 dürfen gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 1 GlüStV 2021 unterschiedliche Glücksspielformen zukünftig sogar über dieselbe Internetdomain angeboten werden.79
Regulierungstechnisch sieht der GlüStV 2021 für virtuelle Automatenspiele und Online-Poker - analog zu der Regulierung der Sportwette - ein zahlenmäßig unbegrenztes Erlaubnismodell vor.80 Die Regulierung von Online-Casinospielen, worunter gemäß § 3 Abs. 1a Satz 2 GlüStV 2021 virtuelle Nachbildungen von Bankhalterspielen und Live-Übertragungen eines terrestrisch durchgeführten Bankhalterspiels mit Teilnahmemöglichkeit über das Internet zu verstehen sind, überlässt der GlüStV 2021 hingegen den Ländern. Diese können Online-Casinospiele für ihr Hoheitsgebiet gemäß § 22c Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2021 auf gesetzlicher Grundlage selbst, durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder durch eine privatrechtliche Gesellschaft, an der juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, veranstalten (Regulierungsoption 1) oder eine, maximal jedoch so viele Konzessionen erteilen, wie Konzessionen für Spielbanken im Sinne des § 20 nach dem jeweiligen Spielbankenrecht des Landes mit Stand 17. Januar 2020 vergeben werden konnten (Regulierungsoption 2). Hierdurch soll den Ländern die Möglichkeit gegeben werden, "ihr Regelungssystem für Online-Casinospiele in kohärenter und systematischer Weise an jenem für Spielbanken auszurichten und auf ihr jeweiliges Spielbankrecht angepasste Lösungen für in das Internet übertragbare Tischspiele zu finden".81 Nach den Erläuterungen zum GlüStV 2021 wird mit der Unterscheidung zwischen virtuellen Automatenspielen und Online-Casinospielen die Differenzierung im stationären Bereich zwischen den breiter verfügbaren Automatenspielen des gewerblichen Spiels und den in den Spielbanken angebotenen Spielen grob nachgezeichnet.82
Um einer Entwicklung steigender Spielsuchtprävalenzen durch die vermehrte Wahrnehmung zukünftig erlaubter Glücksspielangebote entgegenzuwirken, sieht der GlüStV 2021 Einschränkungen für Anbieter und Spieler vor, welche ein für alle Spieler insgesamt weniger gefährliches, erlaubtes Angebot sicherstellen sollen.83 Dazu zählt insbesondere die Einführung eines monatlichen anbieterübergreifenden Einzahlungslimits für Glücksspiele im Internet in Höhe von 1.000 Euro (§ 6c Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021),84 dessen Einhaltung durch eine zentrale Datei zur Limitüberwachung (Limitdatei) überwacht werden soll,85 sowie die Implementierung eines anbieter- und spielformübergreifenden Spielersperrsystems (§§ 8 bis 8d GlüStV 2021). Daneben wurden Regelungen geschaffen, um das parallele Spielen von Glücksspielen im Internet zu verhindern,86 und ein automatisiertes System zur Früherkennung von glücksspielsuchtgefährdeten Spielern (§ 6i Abs. 1 GlüStV 2021) vorgesehen. Gemäß § 6i Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2021 müssen Veranstalter von Sportwetten, Online-Casinospielen, Online-Poker und virtuellen Automatenspielen im Internet ferner auf eigene Kosten ein technisches System einrichten und betreiben, welches sämtliche für die Durchführung der Glücksspielaufsicht erforderlichen Daten zutreffend erfasst, digital nichtveränderlich ablegt sowie eine jederzeitige elektronische Kontrolle einschließlich unmittelbarem Zugriff durch die zuständige Aufsichtsbehörde ermöglicht (sog. Safe-Server).87
Auch die spezifischen Vorgaben für einzelne Glücksspielformen, insbesondere für das zulässige Angebot von Sportwetten, wurden im Zuge der Erarbeitung des GlüStV 2021 überprüft, an den neuen Gesamtregulierungsrahmen angepasst und weiterentwickelt.88 Während bislang nur Ergebniswetten (Wetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder deren Abschnitte) bei Tippabgabe vor Beginn des Sportereignisses sowie Endergebniswetten bei Tippabgabe während des Ereignisses (Live-Wetten) erlaubnisfähig waren,89 sieht § 21 Abs. 1 GlüStV 2021 eine Ausweitung des zulässigen Wettprogramms auf Live-Ereigniswetten vor. Gemäß § 21 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GlüStV 2021 dürfen während des laufenden Sportereignisses allerdings ausschließlich Wetten abgeschlossen werden auf das nächste Tor, den nächsten Satz oder einen ähnlichen Bestandteil eines Endergebnisses in Sportarten, in denen regelmäßig nur eine geringe Gesamtzahl dieser Ereignisse im Laufe des Sportereignisses auftritt, insbesondere im Fußball, Hockey, Eishockey oder Volleyball. Sportwetten auf den Eintritt eines regelwidrigen Verhaltens oder die Sanktionierung eines regelwidrigen90 oder vermeintlich regelwidrigen91 Verhaltens bleiben verboten.92 Nach den Erläuterungen zum GlüStV 2021 dient dieses Verbot im Wesentlichen der Integrität des Sports sowie der Verhinderung von Manipulationen.93 Denn regelwidriges Verhalten könne - auch in Mannschaftssportarten - von einer Person willkürlich herbeigeführt werden.94 Zudem sei die Feststellung regelwidrigen Verhaltens oftmals von der Entscheidung eines Schiedsrichters oder einer Jury abhängig.95
Nach § 21 Abs. 5 Satz 1 GlüStV 2021 dürfen Sportwetten nur angeboten werden, wenn sie nach Art und Zuschnitt zuvor von der zuständigen Behörde erlaubt worden sind. Mit Blick auf diesen zusätzlichen Erlaubnisvorbehalt für das Sportwettangebot96 stellt sich die im Folgenden näher zu untersuchende Frage, welchen Sportwettbegriff der GlüStV 2021 zugrunde legt und inwiefern dieser für neuartige Glücksspielformen und zukünftige Entwicklungen offen ist.
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