Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Dieses Lehrbuch ist ein praktischer Leitfaden für eine fundierte und moderne Beurteilung der Stimmfunktion bei Erwachsenen mit Hilfe standardisierter Untersuchungsverfahren. Es richtet sich primär an die Kolleginnen und Kollegen, die eine vielschichtige und professionelle Stimmdiagnostik etablieren wollen und bereits anwenden. Neben der praxisnahen Ausrichtung des Leitfadens sollen auch der theoretische Hintergrund und die erforderlichen Normwerte auf verständliche Art und Weise vermittelt werden. Dieser Leitfaden versteht sich als Manual für den Stimmexperten ein täglicher Helfer in der Praxis.
Das hier vorgestellte Vorgehen orientiert sich an den Leitlinien der European Laryngological Society (ELS) aus dem Jahr 2001 [ Dejonckere et al., 2001]. Diese Empfehlungen werden anhand von Studien und Reviews aus den Jahren 2001-2012 kritisch diskutiert und mit praktischen Hinweisen, die seit mehreren Jahren am Universitätsspital Zürich erprobt und wieder überarbeitet wurden, ergänzt.
Die einzelnen Kapitel bestehen aus einer kurzen Zusammenfassung der aktuellen Literatur zum Untersuchungstyp, einer Definition der jeweiligen Untersuchungsmethode sowie einem Leitfaden für die praktische Untersuchungsdurchführung und -auswertung.
Dieses Lehrbuch kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Beispielsweise wird die Abklärung von professionellen Stimmen (z.B. Sängerstimme) und von Kinderstimmen nicht abgehandelt. Darüber hinaus kann eine eingehende Diagnostik immer weitere detaillierte Untersuchungsbausteine enthalten.
Das Handbuch ist eine Anregung für eine umfassende und moderne Stimmdiagnostik. Es darf nicht als dogmatisches "Kochbuch" verstanden werden. Jedes stimmdiagnostische Vorgehen erfordert eine (selbst-)kritische Analyse der erhobenen Werte. Der Diagnostiker muss die Grenzen jedes eingesetzten Verfahrens verstehen und kennen. Letztlich - und das ist entscheidend - wird weder ein Symptom, noch ein Messwert oder Bild behandelt, sondern ein individueller Patient mit einem komplexen Problem.
Stimmstörungen können unabhängig von Alter, Geschlecht, Beruf und sozialem Status auftreten. Für viele Patienten bedeutet eine Stimmstörung eine merkbare Einschränkung ihrer bisherigen Stimmfunktion in Beruf und Alltag. Betroffene suchen am häufigsten eine Fachperson oder Klinik auf, wenn sich die Qualität oder Leistungsfähigkeit ihrer Stimme oder das Gefühl der Anstrengung beim Sprechen oder Singen verändert hat [ Schwartz et al., 2009], [ Van Houtte et al., 2010].
Die Ursachen und auch das Erscheinungsbild einer Stimmproblematik sind vielfältig [ Sulica, 2011]. Nicht jeder Stimmpatient präsentiert sich zwangsläufig mit einer hörbaren Heiserkeit. Eine Stimmerkrankung kann lediglich mit einer eingeschränkten stimmlichen Leistungsfähigkeit einhergehen und gleichzeitig die Lebensqualität des Betroffenen beeinträchtigen. Der übergeordnete Begriff Dysphonie beschreibt daher alle denkbaren stimmbezogenen Beschwerden in den unterschiedlichsten Ausprägungsgraden [ Schwartz et al., 2009], [ Van Houtte et al., 2010], [ Sulica, 2011].
Stimmstörungen können entstehen durch
Einschränkungen der Innervation (z.B. Stimmlippenlähmung) oder
Funktionsstörungen der an der Stimmbildung beteiligten Organe (z.B. funktionelle Stimmstörung) [ Van Houtte et al., 2010].
strukturelle Veränderungen der Stimmlippe (z.B. Stimmlippenpolyp),
Ursachen hierfür können auch allgemeine Grunderkrankungen (z.B. Allergien) sowie psychogene und psychosoziale Probleme sein.
Definition
Stimmstörung (Dysphonie)
Eine Dysphonie ist eine Störung der Stimmfunktion, die charakterisiert wird durch Veränderung der Stimmqualität, der Sprechtonhöhe, der Lautstärke und der Anstrengung, welche die tägliche Kommunikation oder die stimmbezogene Lebensqualität reduziert [ Schwartz et al., 2009].
Stimmstörungen können durch Veränderungen in der Struktur, der Innervation oder der Funktion der an der Stimmbildung beteiligten Organe entstehen [ Van Houtte et al., 2010].
Aus der Definition von Stimmstörungen lassen sich mehrere zwingend notwendige Untersuchungsbereiche ableiten. Im Rahmen der Stimmdiagnostik müssen möglichst differenzierte Informationen über
die Ursache,
das Ausmaß und
die Auswirkungen
einer Stimmstörung erhoben werden.
Die European Laryngological Society (ELS) empfiehlt deshalb ein multidimensionales Untersuchungskonzept [ Dejonckere et al., 2001], das in Tab. 1.1 zusammengefasst ist.
Methode
Untersuchte Aspekte einer Stimmstörung
Selbsteinschätzung des Patienten
subjektive Beschwerden
Anstrengung
Kommunikation
Lebensqualität (Ausmaß der Stimmstörung im Alltag)
videostroboskopische Untersuchung
Struktur, Innervation und Funktion des Kehlkopfs (stimmerzeugendes Organ)
perzeptive Untersuchung
Stimmqualität
Resonanz (Output)
instrumentelle akustische Untersuchungen
Tonhöhe
Lautstärke
Spektrum des Stimmsignals
aerodynamische Untersuchungen
Atemfunktion (Energiequelle)
Dem Diagnostiker muss jedoch bewusst sein, dass das ELS-Protokoll als Minimalkonsens zu verstehen ist. Eine gesunde Stimmfunktion hängt von vielen Faktoren ab. Einerseits ist eine physiologische Abstimmung nötig von
Atmung (Energiequelle),
Phonation (Klangerzeugung) und
Resonanzräumen (Modifikation Stimmklang).
Andererseits können sich global auf die Stimmfunktion auswirken
die allgemeine physische und psychische Verfassung,
die Eigenwahrnehmung (auditiv und taktil-kinästhetisch) und auch
Umweltfaktoren (z.B. Umgebungslärm, Stimmbelastung).
Diese Bereiche werden von unterschiedlichen Diagnostikinstrumenten spezifisch untersucht ( Tab. 1.1, Abb. 1.1) und müssen bei Bedarf durch weitere Untersuchungsmethoden ergänzt werden. Bisher gibt es außer dem ELS-Protokoll keine weiteren verbindlichen stimmdiagnostischen Empfehlungen. Im Anhang findet sich exemplarisch ein stimmdiagnostisches Untersuchungsprotokoll, wie es in der Abteilung Phoniatrie und Klinische Logopädie, Universitätsspital Zürich, angewendet wird (s. Kap. 11). (Zum ELS-Protokoll gibt es einen Link: http://www.elsoc.org/index.asp?seccion=5®istro=42.)
Jeder Patient...
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