Schweitzer Fachinformationen
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Als Kind habe ich mir oft gewünscht, Abenteuer zu erleben und mal mitten in ein Verbrechen hineinzugeraten. So wie es in meinen Büchern von den 5 Freunden, Emil und seinen Detektiven oder der Schwarzen Sieben immer passierte. Ist mir aber nicht passiert. Bis ich Lehrer wurde.
Da gab es in der Praktikumszeit plötzlich große Aufregung: Indra aus der Klasse meiner Kollegin Christine machte gerade ein Betriebspraktikum in der Haspa. Und ausgerechnet ihre Filiale wurde nun überfallen und ausgeraubt. Indra war nichts passiert, aber ... bestimmt dadurch schwer schockiert oder traumatisiert, vermutete man in der Schule. Also telefonierten wir hinter Christine her, die gerade einen anderen Schüler im Praktikum besuchte. Kaum hatten wir sie erreicht, machte sie sich auf den Weg zum Tatort. Dabei überlegte sie schon mal, wie man Indra auffangen könnte. Erstmal natürlich Gespräche, nach Hause bringen vielleicht, in den nächsten Tagen schulfrei geben, weitere Gespräche mit der zuständigen Sozialpädagogin, Einschalten des Weißen Rings, ...
Als sie dann in Indras Haspa-Filiale eintraf, waren zwar viele aufgeregt, aber Indra nicht. Psychologische Betreuung? Hatte das große dunkelhaarige Mädchen verweigert, sie war total entspannt und wollte lieber weiterarbeiten. Was denn genau geschehen sei? Na ja, Bankräuber, Gesichtsmaske, Bewaffnung nicht klar zu erkennen und "Her mit dem Geld"! habe der gesagt. Indra mit am Schalter. Wie sie reagiert habe? "Ich hab zu dem gesagt: 'Soll das ein Joke sein, das meinst du doch nicht ernst!' Ich wollte nicht, dass wir ihm was geben. Aber dann sollte ich ruhig sein und nichts mehr sagen." Weitere Betreuung nicht nötig. So leicht lässt sich eben eine echte Bornerin (d.i. eine Bewohnerin des Osdorfer Borns) nicht schocken. Da war ich schon mal dicht dran am Verbrechen, aber ... leider noch nur als Zaungast.
Durch Zufall kam ich später etwas dichter an einen kriminellen Vorfall ran. Als Ozan beim freien Schreiben nicht wusste, was er tun sollte, schlug ich ihm vor, einen für ihn wichtigen Ort ganz genau zu beschreiben. Und da fiel ihm etwas ein. Dieser Ort war, so schrieb er dann, "... die Kantine in einer Fabrik, weil der Raum sehr groß und sehr hell ist und weil da abends keine Menschen sind. Dort gibt es eine Lagerhalle, wo Getränke, Obst, Gemüse und andere "Spar" (Supermarkt-Kette)-Artikel gelagert werden. Da parken außerdem noch viele Gabelstapler. Wir fahren meistens mit den Gabelstaplern oder spielen in der Kantine Karten." Wie bitte? Ozan geht in die 7. Klasse und fährt nachts in einer Fabrik mit Gabelstaplern? Das gibt's doch nicht! Muss ich Vater und Polizei alarmieren? Erstmal weiterlesen. Immerhin berichtet Ozan sehr genau, so wie es von mir gewünscht war. "Die Fabrik ist abends sehr unheimlich, weil es dort sehr kalt und leer ist. Man fühlt sich sehr alleine und doch beobachtet. Man hört immer Tritte und Geräusche, obwohl keine da sind. Es ist sehr unheimlich, trotzdem gehen wir rein. ... jederzeit können wir von Wachleuten erwischt werden. Am Tag arbeiten dort viele Menschen, darunter überwiegend schwarze Afrikaner oder deutsche Krawattenträger. Die Afrikaner sind immer freundlicher. Meistens vergessen sie die Tür abzuschließen und dann kommen wir leichter rein. Wir wurden noch nie erwischt. Man hat meistens ein mulmiges oder kribbeliges Gefühl im Bauch. Wenn wir ein Geräusch hören, rennen wir meistens in Panik raus oder verstecken uns."
Meine Güte, das muss ich erstmal verdauen. Was tun? Ich spreche mehrfach lange mit Ozan über die damit verbundenen Gefahren, die Illegalität der Ausflüge und die möglichen Konsequenzen und er sichert mir zu, von diesen Ausflügen zukünftig Abstand zu nehmen. Fall aufgeklärt? Vielleicht erzählt er mir nur nichts mehr.
Einige Monate später war es dann wieder soweit. Eine ziemlich aufgeregte Physiklehrerin berichtete mir in einer Pause davon, dass mein Schüler Orhan eine große Menge Quecksilber besitze, sie schätze ca. einen Liter, und er laufe damit in der Schule herum. Oh je, Orhan hat sowieso jede Menge Unsinn im Sinn. Ich sehe ihn schon vor mir, wie er das Quecksilber in der Schule verteilt und sich über die lustigen Kügelchen freut. Ja, bestätigt er mir, das mit dem Quecksilber stimme. Das Gefäß, das er aus dem Keller seines Vaters habe, sei voll und er wolle damit Versuche machen oder es verkaufen, wenn das möglich sei. Unbedingt korrekt entsorgen, meine ich, aber davon lässt er sich nicht so leicht überzeugen. Die Gefahren - hält er für sehr gering. Sein Vater bestätigt die Existenz des Quecksilbers, meint aber, man müsse nichts tun, es sei sicher in seinem Keller verwahrt. Nein, sein Sohn habe es nicht. Doch, hat er! War ja sogar schon in der Schule damit. Sein Vater sieht aber weiter keinen Handlungsbedarf.
Dann lange Telefonate mit dem Amt für Umweltberatung. Ja, das müsse entsorgt werden, das koste ca. 90 DM. Das werde die Familie niemals zahlen, gebe ich zu bedenken, die hätten ohnehin kaum Geld. Bitte, diese gefährliche Flüssigkeit müsse schnell umsonst entsorgt werden, sonst lande das Quecksilber im Abwasser, im See oder auf der Pferdeweide. Nein, ohne Geld keine Entsorgung, so die unerbittliche Antwort.
Ich war jetzt wirklich sehr besorgt und wandte mich an die Polizei. Wieder die ganze Geschichte. Natürlich wollte Orhan auf keinen Fall Kontakt mit der Polizei. Als ich ihm davon berichtete, dachte er erst, ich wolle ihn in den Jugendknast bringen, meinte dann, er habe überhaupt kein Quecksilber und man könne ihm ja nichts nachweisen. Ich versuchte, ihn zu überzeugen, versicherte, dass ihm nichts passieren würde und er nur der Polizei bitte das Quecksilber aushändigen möge. Als dann während des Unterrichts 2 Polizisten erschienen, Orhan herausbaten und der dann im Peterwagen abtransportiert wurde, hatte ich größte Befürchtungen. Hoffentlich würde das gutgehen!
Bald war er aber wieder da und wirkte glücklicherweise recht entspannt. Die Polizei hatte das Quecksilber einfach mitgenommen. Und er war sogar gelobt worden.
Wie denn das Finanzielle geregelt worden sei, erkundigte ich mich dann in einem abschließenden Gespräch bei den Kollegen von der Wache noch. "Fundort 3 m nach rechts in den Kellergang verlegt (also auf öffentliches Gebiet)!", so gut gelaunt die Antwort, "dann zahlt die Stadt." Mecker' da noch mal einer über den angeblich immer so "sturen Amtsschimmel" bei den Ordnungshütern.
Nach Hauptschulabschluss und 9. Klasse verlässt Orhan die Schule, er hat anderes im Sinn, will keine Mittlere Reife mehr machen. Jahre später kommt er zu einem Klassentreffen und ich kriege ein Geschenk. Weil ich mich um ihn gekümmert habe, sagt er. Zum Abschied meint er dann: "Wenn Sie mal Probleme haben, sagen Sie mir Bescheid, ich regel' das für Sie!" Darauf werde ich wohl eher nicht zurückgreifen, aber ich mache das Paket auf. Ein Rasierapparat mit Rasiercreme. Skurril. Noch heute rasiere ich mich mit dem Gerät.
Unser Thema heute: Internationale Wirtschaftsbeziehungen. Das klingt nicht so interessant. Weit weg. Lebensweltbezug? Hm. Handel, was ist denn das? Womit wird zum Beispiel gehandelt? Vorschläge?
Gewürze? Ja, stimmt, das erinnert ihr sicherlich vom Thema Entdeckungsreisen, als wir auch über Handel sprachen. Womit wird heute außerdem noch gehandelt, landwirtschaftliche Produkte zum Beispiel. Was sind eigentlich landwirtschaftliche Produkte?
Warten, aber keine Antwort. Zu einfach? Zu abstrakt? Ja, vielleicht, das wird's sein, "Landwirtschaft" ist ein Begriff, der vielen überhaupt nichts sagt. Bauern betreiben Landwirtschaft. Was bauen die z.B. an? Da kommt eine Antwort: "Korn." "Ja, Getreide. Und was noch?" Immer noch Schweigen. Jetzt spreche ich einen Schüler direkt an. "Gurken z.B. gehören auch dazu, Karol, und.." Weiter komme ich nicht. Ohrenbetäubendes Gelächter in der Klasse. Plötzlich sind alle wach und amüsieren sich königlich. Die Worte Karol und Gurke höre ich immer wieder, aber was los ist, erfahre ich in dieser Stunde nicht. Irgendwann geht der Unterricht mit einem etwas verstörten Lehrer und etlichen fröhlichen und munter gewordenen Schülern weiter.
Ca. 2 Jahre später erfahre ich auf der Abschlussklassenreise den Hintergrund. Die Jungen in der aus 14 Nationen (bei 22 Schüler*innen) zusammengesetzten Klasse hatten sich Spitznamen, die frotzelnd bis beleidigend auf ihr jeweiliges Heimat- bzw. Herkunftsland Bezug nahmen, gegeben. Lehrer sollten davon nichts wissen, da die Schüler (zu Recht) vermuteten, dass ihr Spielchen bei diesen nicht auf Gegenliebe stoßen würde. Gegen Beleidigungen, Herabsetzung anderer, auch mögliche Ausländerfeindlichkeit, von wem gegenüber wem auch immer bei dieser Nationalitätenvielfalt, wurde in der Tat oft sehr schnell vorgegangen.
Karol hatte sich früher schon beschwert, dass Suzie "Essen und andere Dinge aus Polen" beleidigte. Ja, leider stimmte das. "Und polnisches Essen...
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