Schweitzer Fachinformationen
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Einleitung
Sprunggelenksschmerzen sind eine gesundheitliche Problematik, die seit einigen Jahren einen Zuwachs verzeichnet und damit an Bedeutung gewinnt. Zusammen mit Knie-, Schulter-, Nacken- und Rückenschmerzen zählen Sprunggelenksschmerzen zu den häufigsten muskuloskelettalen Beschwerdebildern, also den Muskel und das Skelett betreffenden Schmerzen. Insbesondere treten Sprunggelenksbeschwerden und Verletzungen während des Sporttreibens auf. Spitzenreiter sind Indoor-Sportarten, bei denen Sprünge, schnelle Richtungswechsel und plötzliche Beschleunigungsphasen typischerweise dazugehören, wie z. B. Volleyball und Basketball (Best et al. 2011, Vuurberg et al. 2018). So leiden ca. 16 % der Gesamtbevölkerung an Schmerzen im Sprunggelenksbereich, ohne dass hierfür gefährliche Ursachen bestehen, wie z. B. Sehnen- und Bänderrisse, schwerwiegende Entzündungen, Knochenbrüche oder Gelenkkapselverletzungen (Best et al. 2011, Kerkhoffs et al. 2012). Zwar machen Außenbandverletzungen mit ca. 85 % die häufigste Ursache aller Sprunggelenksverletzungen aus, allerdings bedeutet das keineswegs, dass Beschwerden stets auf vollständige Bänderrisse hindeuten. Ein Großteil der Sprunggelenksbeschwerden beruht stattdessen auf Schmerzzuständen, die nicht mit gefährlichen Strukturschäden, wie z. B. Bänder-, Muskel- oder Sehnenrissen, einhergehen, sondern auf akuten Überlastungsreaktionen, wie z. B. einer Überdehnung der Bänder, die binnen weniger Tage ausheilt.
Es sticht, brennt oder drückt bei unterschiedlichen Aktivitäten im Alltag und Beruf oder beim Sport. Der so wahrnehmbare und oft limitierende Schmerz ist geprägt von verschiedenen Zeiträumen und Ursachen. So gehst du vielleicht deiner beruflichen Tätigkeit nach, bei der du die meiste Zeit stehst oder in Bewegung bist, und quälst dich seit Langem und immer wieder mit "stechenden" Sprunggelenksschmerzen. Dein gleichaltriger Kollege hingegen, der deine sportlichen Interessen teilt, klagt nur selten, und wenn - dann eher kurz, über ein "Ziehen" im Sprunggelenksbereich, das nach wenigen Tagen bis Wochen wieder verschwindet. Hinzu kommt ein dritter Kollege, der ebenfalls schon über "stechende" Sprunggelenksschmerzen klagte, die bei ihm aber nach drei Tagen verschwanden. Diese Situationen sind unser alltägliches, medizinisches Themengebiet. Die Liste ist mit den unterschiedlichen Leidensberichten der Betroffenen gefüllt, und es zeigen sich immer diese drei Fragen: "Was ist an meinem Sprunggelenk kaputt?" "Woher kommen die Schmerzen?" und "Wieso werden sie nicht besser?"
Doch warum treten solche Sprunggelenksbeschwerden immer wieder auf und wieso ist niemand generell vor Sprunggelenksschmerzen sicher - egal ob Sportler, Handwerker und Bürotätige? Es scheint gerade so, als wären die meisten Versuche zur Abhilfe unwirksam (Best et al. 2011, Kunz et al. 2014, Thomas et al. 2011, Tojo et al. 2018). Wir fragen die Patienten, wie denn ihre Versuche, die Beschwerden zu lindern, ausgesehen haben. Der ärztliche Erstkontakt wird regelmäßig als Start erwähnt, gefolgt von der Überweisung zum Physiotherapeuten. Der Arzt stellt eine meistens eher als "schwammig" einzustufende Diagnose wie etwa "Instabilität des Sprunggelenks". Nur selten findet der Arzt eine maßgebliche Verletzung der Knochen oder Bänder am Sprunggelenk, eine gefährliche Infektion oder schwerwiegende Entzündung, Arthrosen oder Gelenkkapselverletzungen (Kerkhoffs et al. 2012, Vuurberg et al. 2018). In der Physiotherapie werden anschließend die Gelenkpartner deines Sprunggelenks mobilisiert, die Muskeln deiner Füße und Unterschenkel massiert oder getriggert. Manchmal nehmen die Schmerzen ab, doch häufig nicht mal das. Stattdessen kommen die Beschwerden zurück und meistens bleibt das Muster deines Alltags das Gleiche: Der Beruf stresst, die Familie braucht Hilfe und der Sport wird immer weiter reduziert.
Wie häufig kommst du zur Physiotherapie und wirst genau nach diesem Muster befragt? Nie? Wird stattdessen dein Sprunggelenk mobilisiert und massiert oder werden deine angeblich blockierten Gelenkpartner mit einem kräftigen "Rucken" bearbeitet? Die wirklich relevanten Gründe deiner Sprunggelenksbeschwerden und die entsprechenden Therapiemethoden bleiben ungenutzt. Und das ist der Punkt: Heute wissen wir um die Komplexität der Sprunggelenksbeschwerden viel besser Bescheid als noch vor einigen Jahren. Häufig sind die Methoden und Empfehlungen zur Therapie von Sprunggelenksbeschwerden überholt und nicht mehr zutreffend.
Wir wissen inzwischen, dass vor allem der Lebensstil und die körperliche Aktivität für die Entstehung, aber auch für die erfolgreiche Rehabilitation der Sprunggelenksbeschwerden zu nennen sind. Dies bestätigen zahlreiche Forschungsarbeiten (Briet et al. 2016, Kunz et al. 2014, Shivarathre et al. 2014, Vuurberg et al. 2018). Doch was heißt das? Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die fast ausschließlich mit der Perfektion des Alltags einhergeht. So geht es z. B. um die herausragende berufliche Leistung, den "zielführenden" Umgang mit Freundschaften, die perfekte Familie oder das Immer-besser-Werden im Sport. Was fehlt, ist das gesunde Maß. Das bezieht sich auf die Verarbeitung von einwirkenden Reizen von außen, die sich stattdessen zum Stress steigern und eben nicht mehr "gesund" verarbeitet werden. Damit verbunden sind meist auch die Reduktion entspannender und ausgleichender Aktivitäten, wie z. B. Bewegung, und eine energieraubende anstatt einer gesunden Verarbeitung von Sorgen. Fehlinformationen über die Belastbarkeit des Sprunggelenks oder über die im Zusammenhang mit Sprunggelenksschmerzen oft erwähnten Risiken steigern den negativen Verarbeitungsprozess weiter (Awale et al. 2016, Butterworth et al. 2014, Shivarathre et al. 2014). Warum dies explizit erwähnt wird? Weil es an der Zeit ist, mit alten Mythen aufzuräumen und dir die nachhaltige Form der Therapie von Sprunggelenksbeschwerden für den Eigenbrauch zu ermöglichen.
Neun Mythen über Sprunggelenksbeschwerden
Mythos 1
Leistungssport, wie z. B. Gewichtheben, Joggen, Tennis, Basketball oder Volleyball, führt zu Arthrose in den Sprunggelenken!
Falsch! Bisher konnten wissenschaftliche Untersuchungen keinen Zusammenhang zwischen intensiver Sportaktivität und dem Risiko einer Arthrose nachweisen (Tran et al. 2016). Stattdessen konnte in Studien gezeigt werden, dass eine regelmäßige und zielgerichtete Beanspruchung der Sprunggelenke, z. B. Joggen, das Sprunggelenk nicht zerstören, sondern zur Stärkung des Knorpels, der Muskulatur und der Knochen des Sprunggelenks beitragen kann (Veldhuijzen et al. 2015).
Mythos 2
Massagen oder passives Mobilisieren beheben die Ursachen von Sprunggelenksbeschwerden!
Falsch! Hierbei handelt sich lediglich um eine Behandlung der Symptome, in dem Fall "Schmerz". Die Umstände und Reize, wie monotone Beanspruchung, Bewegungsarmut, muskuläre Schwächen oder die Angst vor Verletzungen, z. B. durch Überlastung des Sprunggelenks, werden dabei nicht berücksichtigt (Vuurberg et al. 2018, Weerasekara et al. 2018).
Mythos 3
Das "Knacken" beim Bewegen des Sprunggelenks weist auf Schäden hin!
Falsch! Physiologische (nicht krankheitsbedingte) Geräusche des Sprunggelenks kommen weitaus häufiger vor als pathologische (krankheitsbedingte) Geräusche und weisen in den seltensten Fällen auf körperliche Schäden oder Krankheiten hin (Boutin et al. 2017, Kawchuk et al. 2015). Physiologische Gelenkgeräusche sind dadurch charakterisiert, dass sie schwierig zu beschreiben sind und weder ein Unfall noch ein Trauma vorausgegangen ist. Dennoch führen Gelenkgeräusche häufig dazu, dass sich Betroffene sorgen, und veranlassen fälschlicherweise zur Annahme, es bestünden Schäden (Robertson et al. 2017). Gelenkgeräusche wie ein Knacken oder Knirschen sind auf physiologische Vorgänge zurückzuführen und entstehen durch das plötzliche Entweichen eines Unterdrucks, aber auch durch die normale und unschädliche Reibung von Strukturen, wie z. B. Bändern oder Sehnen.
Mythos 4
Die Operation ist die beste Behandlungsoption für Sprunggelenksschmerzen!
Falsch! Bei Sprunggelenksverletzungen, wie z. B. Band- und Sehnenverletzungen, sind konservative Therapiemethoden empfehlenswerter als ein chirurgischer Eingriff. Durch die konservative Therapie lassen sich risikoarm gleichwertige Therapieerfolge erzielen. Sollten konservative Therapieversuchen erfolglos bleiben, ist eine Operation in der Regel der letzte Ausweg. Auch die medikamentöse Versorgung, z. B. mit steroidalen Entzündungshemmern wie Kortison, gilt heute nicht mehr als Therapie der ersten Wahl (Vuurberg et al. 2018).
Mythos 5
Tiefe Kniebeugen schaden dem Sprunggelenk!
Falsch! Entgegen der allgemeinen Annahme, dass tiefe Kniebeugen (Kniegelenkswinkel < 90°, Sprunggelenkswinkel < 70°) schädlich für das Sprunggelenk sind, konnte herausgefunden werden, dass sich die Strukturen (Muskeln, Sehnen, Bänder, Knorpel) und die Funktionen des Sprunggelenks (Beweglichkeit, Kraft) durch gezielte Übungen wie die Kniebeuge verbessern lassen (Kim et al. 2015).
Mythos 6
Bei Knorpelverschleiß (Arthrose) im Sprunggelenk sind keine belastenden Aktivitäten erlaubt!
Falsch! Eine normale, nicht übermäßige Belastung der Sprunggelenke beschleunigt nicht die Entwicklung einer Arthrose (Messier et al. 2013). Im Gegenteil: Durch regelmäßige und zielorientierte Beanspruchung, wie z. B. Krafttraining,...
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