Vorwort
1 - Warum ist ein Buch über Unfälle durch Blitzschlag wichtig und woher kommt das Wissen des Autors?
2 - Warum ließ Benjamin Franklin bei Gewitter einen Drachen steigen?
3 - Wie entstehen Gewitter und Blitze und warum sind sie gefährlich?
4 - Auf welchen Wegen kann die Blitzenergie den Menschen erreichen?
5 - Warum kann man einen Blitzschlag überleben?
6 - Was sollte ein Ersthelfer am Unfallort beachten?
7 - Welche Gesundheitsschäden
kann ein Mensch durch einen Blitzschlag erleiden?
8 - Wie stirbt ein Mensch durch einen Blitzschlag und wie kommen Ärzte zur richtigen Diagnose?
9 - Wo ist die Gefährdungslage für einen Unfall durch Blitzschlag in Deutschland und den Nachbarstaaten besonders hoch?
10 - Was hat eine Reise mit einer Änderung der Gefährdungslage zu tun?
11 - Welche schweren Unfälle gab es bereits?
12 - Ist es glaubhaft, dass der Park Ranger
Roy Sullivan sieben Blitzschlagunfälle überlebt hat?
13 - Welchen Wahrheitsgehalt haben
Mythen und Volksweisheiten über Blitzschläge?
14 - Wie schützt man sich optimal vor einem Unfall durch Blitzschlag?
Quellenverzeichnis der Abbildungen
Quellenverzeichnis der Tabelle
Nachbetrachtungen
Ein kurzes Nachwort mit einem relevanten Hinweis
Danksagung
Über den Autor
Vorwort
In meinem Berufsleben an der Rostocker Universität wurde ich wiederholt
gefragt, wie ich denn als Mecklenburger Arzt zu meinem exotisch anmutenden
Forschungsthema »Unfälle durch Blitzschlag« gekommen sei. Meine
Antwort darauf lautete stets, dass es dafür sowohl eine Vorgeschichte als
auch ein Schlüsselerlebnis gab.
Die Vorgeschichte trug sich am Nachmittag eines Tages im Juni 1980
am Güstrower Inselsee zu. Ich war zu dieser Zeit Sanitäter bei der Nationalen
Volksarmee der DDR und hatte zwei Wochen Jahresurlaub, den ich
in meiner Geburtsstadt Güstrow verbrachte. Es war ein heißer Sommertag
und die öffentliche Badestelle am Kurhaus war gut besucht, als ein Gewitter
aufzog. Ich fand, wie viele andere auch, Schutz unter einem überstehenden
Dach einer Baracke, die Umkleideräume, Toiletten und einen Verkaufsladen
beherbergte. Es blitzte und donnerte um uns herum, und das
Gewitter schien kein Ende zu nehmen. Plötzlich fuhr ein Sanitätskraftwagen
B 1000 an das Ufer des Sees nahe der Badestelle, etwa 150 Meter
von meinem Standort entfernt. Der Arzt und die anderen Rettungskräfte
schienen sich um eine Person zu kümmern, die zuvor mit einem Ruderboot
auf dem See gewesen war. Ich konnte bei dieser Entfernung und dem
herrschenden Starkregen keine Einzelheiten erkennen. Wenn mein Gedächtnis
mich nicht im Stich lässt, habe ich am nächsten oder übernächsten
Tag in der Schweriner Volkszeitung gelesen, dass bei diesem Ereignis
am Inselsee ein 23-jähriger Mann aus Güstrow beim Angeln durch einen
Blitzschlag getötet wurde.
Während meines Studiums der Humanmedizin an der Universität
Rostock, die zwischen 1981 und 1987 noch Wilhelm-Pieck-Universität hieß, hörte ich nur in einer einzigen Vorlesung etwas über Verletzungen
durch Blitzschläge. Es war im Fach Gerichtliche Medizin und der vortragende
Hochschullehrer sagte in der Lehrveranstaltung unter anderem,
dass ein Mensch nach einem Blitzschlag entweder tot ist oder aber seine
Gesundheit keine bleibenden Schäden davontrüge. Er bezeichnete dies
fachgerecht als »Restitutio ad integrum«, die bei den Überlebenden eintritt.
Heute weiß die Fachwissenschaft, dass die zweite Hälfte seines Satzes
ein großer Irrtum war. Letztlich war diese Vorlesung aber nicht dafür entscheidend,
dass ich im September 1987 meine Ausbildung zum Facharzt
für Gerichtliche Medizin am Rostocker Institut in der damaligen Friedrich-
Engels-Straße begann.
Bis zu meinem eingangs erwähnten Schlüsselerlebnis sollten noch acht
Jahre vergehen. In der Zwischenzeit hatte ich promoviert und war auch
Facharzt geworden. Das Fach hieß nun nicht mehr Gerichtliche Medizin,
sondern Rechtsmedizin und die Straße, in der sich das Rostocker Institut
befand, wieder Sankt-Georg-Straße.
An einem Nachmittag im Mai 1995 nahmen schätzungsweise 500 Personen
an einem Sportfest in der Gemeinde Rastow bei Ludwigslust (Mecklenburg-
Vorpommern) teil. Die Veranstaltung wurde auf dem Fußballplatz,
der sich am Ortsrand befand, durchgeführt. Als gegen 16:15 Uhr
ein heftiger Gewitterregen einsetzte, brach man das Sporttreiben ab und
zahlreiche Personen suchten in einem Zelt, das am Rande des Sportplatzes
neben einer Reihe großer Pappeln aufgebaut worden war, Schutz. Gegen
16:30 Uhr schlug ein Blitz in eine Pappel, die etwa zwei Meter von dem
Zelt entfernt stand, ein. Dabei wurden insgesamt 64 Personen verletzt,
zwei von ihnen schwer. Einer von diesen, ein 27-jähriger Mann, erlag fünf
Tage nach dem Unglück in einer Klinik seinen Verletzungen.
Von der Staatsanwaltschaft Schwerin wurde eine Obduktion angeordnet.
Ich hatte zu dieser Zeit Dienst in der Landeshauptstadt und war somit zuständig.
Die Ergebnisse der Untersuchungen waren einzigartig. Der junge
Mann wies äußerlich keine Verletzungen auf, hatte jedoch innerlich ausgedehnte
intensive Verkochungen der Brustmuskulatur. Trotz einer intensiven
Literaturrecherche fand sich in den nächsten Tagen und Wochen weder in
der deutschsprachigen noch in der internationalen Fachliteratur ein vergleichbarer
Fall. Seit dem Mai 1995 hat mich dieses Thema nicht mehr losgelassen.
Eine Publikation über die seltenen Verletzungen des Todesopfers
dieses Unglücks erschien 1997 im »International Journal of Legal Medicine«
und wird in der Fachliteratur auch heute noch zitiert. Aus dem Rostocker
Institut folgten zahlreiche weitere Publikationen über Unfälle durch Blitzschlag.
Bei der Auswertung einer Vielzahl von berichteten Fällen mit Gesundheitsschädigungen
durch Blitzschläge war festzustellen, dass sehr viele dieser
Ereignisse bei einem anderen Verhalten des Opfers vermeidbar gewesen wären.
Das war für mich der Hauptgrund, nach dem Fertigstellen eines Fachbuches
für Mediziner im Jahre 2023 auch ein allgemeines Sachbuch über
dieses Thema zu schreiben, sozusagen ein Buch für jedermann. Dieses Buch
soll möglichst vielen Menschen aufzeigen, was alles bei Unfällen durch Blitzschlag
passieren kann und wie man sich am besten davor schützt. Werfen Sie
ab sofort alte Volksweisheiten wie »Eichen sollst du weichen, aber Buchen
sollst du suchen!« für immer über Bord und vertrauen Sie der Wissenschaft!
Denn: Das Aufräumen mit den Mythen aus vergangener Zeit und das Berücksichtigen
beispielsweise der in diesem Buch erläuterten 30-30-Regel
können Leben retten! Bleiben Sie immer und überall vorsichtig!
Fred Zack