INHALT
Einleitung
- Der Körper als Wegweiser
- Der Körper erinnert sich
Anspannung entladen
- Sind Sie noch im grünen Bereich?
- Die Stress-Skala von 0 bis 10
- Warum manche Menschen besonders stressanfällig sind
- Körpererinnerung und Stresstoleranz
- Eine neue Definition von Trauma
- Checkliste für posttraumatischen Stress
- Anspannung entladen - wie geht das?
- Selbstregulation wieder erlernen
- Wann zu viel Entspannung gefährlich ist
- Burn-out als Wendepunkt
- Grenzen setzen, aber wie?
- Die Selbstheilungskräfte anstoßen
- Selbsthilfe: 5-4-3-2-1
Trauma über den Körper auflösen
- Die verkannte Ursache vieler Beschwerden
- Trauma aus biologischer Sicht
- Warum die Zeit nicht alle Wunden heilt
- Schocktrauma und Entwicklungstrauma
- Was Bindung mit Selbstregulation zu tun hat
- Altlasten aus unserer Geschichte
- Frühes Trauma - lebenslange Folgen?
- Den Körper sprechen lassen
- Ressourcen - Schlüssel zur Heilung
- Man muss das Trauma nicht wiedererleben
- Wie viele Sitzungen sind empfehlenswert?
- Selbsthilfe: Ihre Ressourcen
Emotionen in unserem Körper
- Denken, Fühlen, Spüren
- Wie im Körper, so im Leben
- Spüren statt reagieren
- Wie man noch mit Emotionen umgehen kann
- (K)ein Grund zur Panik
- Mein Körper hat Angst. Ich nicht.
- Die Kraft in der Wut .
- ... und die Verletzlichkeit hinter der Wut
- Die Rolle der Therapeutin
- Selbsthilfe: Dankbarkeits-Übung
Aus der Praxis: Psychosomatische Beschwerden
- Schlafstörungen
- Migräne und das Brotmesser
- Schon mein Vater hatte Hitzewallungen
- Schwindel und Druck im Kopf
- Schmerzen - widerstrebende Impulse
- Fibromyalgie und Trauma
- Restless-Legs-Syndom
- Diagnose: Gebrochenes Herz
- Selbsthilfe: Ein besonderer Moment
Aus der Praxis: Weitere Phänomene
- Vertrauen und Kontrolle
- "Ich muss" - Innere Antreiber
- Alkohol zum Entspannen
- Geräuschempfindlichkeit
- Hochsensibilität
- Angst vor Nähe
- Selbsthilfe: Sich bewusst erden
Überleben oder Leben
- Innere Achtsamkeit
- Grenzen wiederherstellen
- Im Körper zu Hause sein
- Zurück in den Flow
- Glücklich ohne Grund
- Selbsthilfe: Jetzt-Übung
Weitere Informationen
- Literaturtipps
- DVD-Tipp
- Somatic Experiencing im Internet
Dank
((Auszug aus dem Kapitel "Anspannung entladen"))
Eine neue Definition von Trauma
Es wurde bereits erwähnt, dass die Schwere eines Traumas nicht unbedingt direkt mit der Schwere des auslösenden Ereignisses zusammenhängt. So gibt es durchaus Menschen, die ein Ereignis relativ unbeschadet überstehen, durch das die meisten von uns mit großer Sicherheit traumatisiert würden.
Es muss also eine andere Dimension geben, die unabhängig von der Schwere des Ereignisses entscheidet, ob wir traumatisiert werden oder nicht. Im Mittelpunkt steht offenbar nicht das Ereignis an sich, sondern der Mensch, der es erlebt - und wie er es erlebt.
Das Somatic-Experiencing-Modell
Der Biophysiker und Psychologe Peter Levine, der sich seit vielen Jahrzehnten auf Stress- und Traumaforschung spezialisiert hat, entwickelte auf der Basis der Naturbeobachtung das Somatic-Experiencing-Modell. Im Jahr 2010 wurde er von der Amerikanischen Vereinigung für Körperpsychotherapie für sein Lebenswerk mit dem Lifetime Achievement Award ausgezeichnet.
Peter Levines bahnbrechende Entdeckung war: Ein Trauma spielt sich in erster Linie im Körper ab - und kann daher auch mithilfe des Körpers geheilt werden. Deswegen arbeiten wir mit dem Nervensystem des ganzen Körpers, nicht nur mit dem Gehirn. Peter Levine stellte sich die Frage, warum Tiere in freier Wildbahn nur selten traumatisiert werden, obwohl sie ständig lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt sind. Werden wilde Tiere von einem anderen hungrigen Tier bedroht, reagieren sie sofort mit allen Überlebensmechanismen, die ihnen zur Verfügung stehen:
- Kampf, wenn sie dem Angreifer kräftemäßig gewachsen sind,
- Flucht, wenn zu kämpfen nicht möglich oder nicht aussichtsreich ist, und als letzte Reaktionsform
- Erstarrung und Kollabieren.
Überleben Tiere einen Angriff, dann schütteln sie, sobald sie vor ihrem Verfolger in Sicherheit sind, die ganze im Körper aufgebaute Anspannung von sich ab und leben danach normal weiter.
Körperliche Notfallmechanismen: Kampf, Flucht und Erstarrung
Uns Menschen wurden dieselben biologischen Mechanismen mitgegeben: Kampf, Flucht und Erstarrung, auch wenn es heutzutage meist nicht immer gleich ums Überleben geht. Nehmen wir ein Beispiel: Wenn wir angegriffen werden, bekommen wir Angst. Unser Körper registriert Gefahr und reagiert in Sekundenbruchteilen mit der Ausschüttung von Stresshormonen, um uns auf Kampf oder Flucht vorzubereiten. Ebenso blitzschnell schätzen wir ein, ob wir eine Chance im Kampf hätten. Ist unser Angreifer stärker als wir, suchen wir automatisch nach einer Möglichkeit, wegzulaufen und uns in Sicherheit zu bringen.
Erst wenn auch das nicht machbar ist, schaltet der Körper um in den dritten Notfallmechanismus, die Erstarrung. Auch diese Reaktion haben wir mit Tieren gemeinsam. Sie verspüren in der Erstarrung weder Angst noch Schmerz. Dieser Zustand bedeutet gleichzeitig höchsten Stress und absolutes Stillhalten - als wären Gaspedal und Bremspedal zur gleichen Zeit voll durchgetreten. Totale Aktivierung geht einher mit vollkommener Passivität und Gefühllosigkeit. Wird diese extreme Spannung nicht anschließend entladen, kommt es zur Traumatisierung. (...)