Rezensionen / Stimmen
... zur 5. Auflage:
"… handelt es sich für Staatsanwälte und Richter um ein wissenschaftlich fundiertes, eingängiges und sehr praxistaugliches Werk, das diesen wärmstens empfohlen sei."
(RA/FA StrafR Johannes Berg in http://dierezensenten.blogspot.de/2017/11/rezension-die-gestorte-hauptverhandlung.html)
...zur 4. Auflage:
"Nachdem die dritte Auflage aus dem Jahr 2001 stammt, war eine Neuauflage dieses Werkes dringend erforderlich, hat doch allein die technische Entwicklung eine Vielzahl neuer Fragen beschert, denen sich der die Verhandlung leitende Vorsitzende ausgesetzt sieht.
Zunächst ganz kurz zu den Äußerlichkeiten: das Buch hat den für Gieseking typischen abwaschbaren Einband in zwei Rottönen, normal schweres Papier sowie Verarbeitung in Fadenheftung, so daß auch eine rauhere Behandlung dem Buch nichts anzuhaben vermag. Dieser Umstand ist bei einem Preis von knapp 60 Euro durchaus hervorzuheben, da viele Werke dieser Preisklasse als Paperback erscheinen.
Inhaltlich gliedert sich das Werk in zwei Teile, wobei der Schwerpunkt mittlerweile auf dem zweiten Teil liegt, der sogenannte "verdeckte" Störungen der Hauptverhandlung behandelt, was auch der Grund dafür ist, daß das Wort "gestörte" im Titel in Anführungszeichen gesetzt ist. Der erste Teil hingegen ist dem gewidmet, was der Leser vom Titel her erwarten wird: direktem störenden Verhalten in der Hauptverhandlung. Schon an dieser Stelle muß gesagt werden, daß das Werk auch gewinnbringend für Zivilprozesse und Verfahren in anderen Gerichtszweigen genutzt werden kann, auch wenn es dort meistens ruhiger und gesitteter zugeht als im Strafprozeß.
Das Problem für die Beteiligten bei Störungen ist es, schnell und angemessen zu reagieren. Dabei nützt theoretisches Wissen um die Vorschriften über die Sitzungspolizei wenig, auch bleibt kaum Zeit im Kommentar nachzuschlagen, um eine geeignete Lösung zu finden. Allenfalls die Unterbrechung der Sitzung vermag dem Gericht etwas Luft zu verschaffen.
Deshalb ist der in diesem Buch verfolgte Ansatz, die Probleme anhand von Fällen zu verdeutlichen und jeweils geeignete Lösungsansätze anzubieten genau richtig. Immerhin lassen sich die Fälle leicht auf ähnliche Konstellationen übertragen.
Wer nun sollte dieses Buch lesen oder zur Hand haben:
1. Richter, insbesondere Vorsitzende, die Verfahren zu leiten haben, bei denen Störungen zu erwarten sind;
2. Verteidiger, die eine Verhandlung stören wollen und dabei auf profundes Wissen zurückgreifen möchten (das mag unangemessen klingen, doch immerhin gibt es solche Verteidiger und oftmals ist es die einzige Chance für einen Angeklagten, das Gericht zu verunsichern und zu Fehlern zu verleiten, die gegebenenfalls eine erfolgreiche Revision ermöglichen - eine Folge der fehlenden zweiten Tatsacheninstanz bei Prozessen, die vor dem LG oder OLG beginnen);
3. Nebenklägervertreter sowie Staatsanwälte, die dem Gericht bei der richtigen Bewältigung von Störungen hilfreich zur Seite stehen wollen.
Dieser Band sollte daher z. B. Pflichtlektüre bei der Vorbereitung auf das NSU-Verfahren sein, bei dem mit Sicherheit die Nerven des Vorsitzenden Richters, aber auch die der übrigen Beteiligten, ausgiebig getestet werden.
Inhaltlich wird im ersten Teil, nach einigen einleitenden Gedanken und Begriffsklärungen, auf alle erdenklichen äußeren Störungen der Sitzung eingegangen: Anstandsregeln, Ungebühr, Würde des Gerichts, sitzungspolizeiliche Anordnungen mitsamt einer Vielzahl von Fällen von Störungen und deren Abwehr, wobei jeweils ein den Maßstäben unserer heutigen Zeit, seien es Benimmregeln oder praktische Bedürfnisse, zugrunde liegender Ansatz vertreten wird. So wird heute niemand mehr einen Beschluß des BayObLG aus dem Jahre 1930 (erwähnt in Fn. 76) nachvollziehen können, das das Erscheinen des Angeklagten an einem heißen Sommertag in langer Hose, weißem Sporthemd, jedoch ohne Sakko, rügte. Ganz im Gegenteil: der Rezensent hat selbst einen Vorsitzenden erlebt, der an einem heißen Tag bei einer Verhandlung in einem Zivilprozeß in der Maxburg den Anwälten riet, ihre Roben nicht anzulegen, es diene der Rechtsfindung. Umgekehrt wird man heute von der Justiz verlangen dürfen, daß die Verfahrensbeteiligten z. B. Zugang zu einer Steckdose haben, wenn sie während der Verhandlung Laptops benutzen wollen (Fall 162).
Der zweite Teil beschäftigt sich mit praktischen Fällen verdeckter Störungen in der Hauptverhandlung, und in der gebotenen Kürze auch schon im Zwischenverfahren. Darunter fallen z. B. Probleme, die sich mit folgenden Stichworten kennzeichnen lassen: Verhandlungsfähigkeit, Rechte der Verteidigung, Öffentlichkeit, Anklage, Ablehnungsanträge, Fragerechte, fehlende Belehrungen, Beweisanträge, Kriminaltechnik, letztes Wort, Verständigung. Ein eigener Abschnitt behandelt Nebenklage und Adhäsionsverfahren.
Den Abschluß des Werkes bildet ein Kapitel über Komimunikation und Informationsverarbeitung im Strafverfahren. Sich diese Grundlagen zu erarbeiten ist für eine erfolgreiche Vertretung im Prozeß oftmals wichtiger als die Kenntnis einer StPO-Norm in allen Details. Schließlich sind Richter auch nur Menschen und handeln wie Menschen, auch wenn ihre Rolle im Prozeß gewisse Verhaltensregeln vorgibt.
In einem Anhang finden sich noch einschlägige Gesetzestexte nebst den RiStBV auszugsweise abgedruckt, was für den Leser die Arbeit mit dem Werk bequemer macht.
Ein Literaturverzeichnis, eine Fallübersicht und ein Sachregister ermöglichen schnellen Zugriff auf die jeweils akuten Fragestellungen mitsamt deren Lösungsvorschlägen. (…)
Insgesamt handelt es sich bei dem hier vorgestellten Werk um einen Band, der in kritischen Prozeßsituationen ungemein hilfreich sein kann. Da er aufgrund der vielen Beispiele auch leicht zu lesen ist und ihm zudem ein gewisser Unterhaltungswert trotz des Ernstes der Sache nicht abgesprochen werden kann (man denke nur an den Fall über das Erscheinen eines Angeklagten/Zeugen im Nikolauskostüm: Fall 185), fällt eine Kaufempfehlung für dieses Buch leicht."
(Rechtsanwalt Dipl.-Kfm. Wolfgang Nieberler in MAV-Mitteilungen 2013, 21 f.)