Zusammenfassung
Führt der Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens eine unentgeltliche Lieferung oder sonstige Leistung aus, so kann dies als Lieferung gegen Entgelt nach § 3 Abs. 1b UStG oder als sonstige Leistung gegen Entgelt nach § 3 Abs. 9a UStG zu behandeln sein. Insbesondere die nichtunternehmerische Nutzung von Gebäudeteilen, die dem Unternehmen zugeordnet worden waren, stand in den letzten Jahren im Mittelpunkt vieler Gestaltungsüberlegungen. Nachdem der EuGH in seiner Entscheidung vom 14.9.2006[1] nunmehr die Verteilung der Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Gegenstands über den maßgeblichen Berichtigungszeitraum als mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar beurteilt hat, müssen die Vorteile und Risiken bei unentgeltlichen Ausgangsleistungen neu beurteilt werden.
Problematik
Unentgeltliche Leistungen eines Unternehmers können unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b UStG als unentgeltliche Wertabgaben, entweder als Lieferung gegen Entgelt (Unentgeltliche Lieferungen) oder unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a UStG als sonstige Leistung gegen Entgelt (Unentgeltliche sonstige Leistungen) angesehen werden. Insbesondere betrifft dies Leistungen, die der Unternehmer aus nichtunternehmerischen (privaten) Gründen ausführt. Diese Leistungen führen dann zu steuerbaren Umsätzen, die auch steuerpflichtig sind, soweit keine Steuerbefreiung nach § 4 UStG einschlägig ist. Der Unternehmer hat dann aus dem Leistungsbezug einen Vorsteuerabzug, muss aber die Ausgangsleistung der Umsatzsteuer unterwerfen.
Ein besonderes Problem ergab sich bei der nichtunternehmerischen Nutzung von Gebäudeteilen, die dem Unternehmen zugeordnet worden waren. Während die deutsche Rechtsauffassung dies früher als eine analog dem § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie "Vermietung an sich selbst" ansah, die dann den Vorsteuerabzug aus diesem Gebäudeteil ausschloss, hatte der EuGH[2] 2003 die analoge Anwendung der auf entgeltliche Ausgangsleistungen ausgerichteten Steuerbefreiungsvorschrift auf unentgeltliche Ausgangsleistungen ausdrücklich abgelehnt.
Mit dieser Entscheidung des EuGH ergab sich das Problem, wie die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe zu bestimmen sei. Während zu diesem Zeitpunkt noch einheitlich geregelt war, dass die Bemessungsgrundlage die bei der Ausführung der Leistung entstandenen (ertragsteuerrechtlich zu ermittelnden) Kosten waren, löste sich die Finanzverwaltung in mehreren Schreiben im April 2004 von dieser Sichtweise und interpretierte die bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Aufwendungen umsatzsteuerrechtlich autonom. Der Gesetzgeber hatte dann - rückwirkend zum 1.7.2004 - den § 10 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 UStG dahingehend angepasst, dass als Besteuerungsgrundlage die Ausgaben anzusetzen seien und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, soweit sie mindestens 500 EUR betragen, über den für dieses Wirtschaftsgut maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum zu verteilen sind.
Nutzt der Unternehmer in seinem Unternehmensgebäude einen Teil für private Wohnzwecke, so sollte er nach dieser Gesetzesänderung die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nunmehr nicht über einen 50-jährigen ertragsteuerrechtlichen Abschreibungszeitraum verteilen, sondern über den 10-jährigen Vorsteuerberichtigungszeitraum nach § 15a UStG. Infolge der erheblichen Erhöhung der sich daraus ergebenden Bemessungsgrundlage waren binnen kurzer Zeit mehrere Verfahren vor Finanzgerichten[3] anhängig.