Ist geschlechtergerechte Partizipation eine Bedingung für demokratische Legitimität? Lea Rabe eröffnet in der festgefahrenen Diskussion um Paritätsgesetze bisher wenig beachtete Perspektiven durch Nachspüren der Ratio der Verfassung: Sind die "großen Erzählungen" des Grundgesetzes - Gleichheit, Demokratie, Repräsentation - kohärent? Mehr noch: Sind sie politische Wirklichkeit? Gelagert am Grenzbereich zwischen Rechtstheorie und -politik schöpft diese Studie aus den Legal Gender Studies sowie interdisziplinärer Informiertheit. Das ermöglicht, Parität weiterzudenken: als intersektionale Antwort auf Ungleichheit in der Demokratie. Denn nicht nur Frauen, auch andere Menschen - etwa mit Migrationsgeschichte, Behinderung oder ohne akademische Bildung - "fehlen" im Bundestag. Unsichtbar bleibt auch die "Dritte Option". Das Fazit: Parität ist möglich, doch die jüngere Rechtsprechung schafft weiterführende gleichheitsdogmatische Perspektiven.
Reihe
Sprache
Verlagsort
ISBN-13
978-3-16-163940-1 (9783161639401)
DOI
10.1628/978-3-16-163940-1
Schweitzer Klassifikation
Autor*in
Geboren 1994; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Münster; 2018 Erste juristische Staatsprüfung; Wissenschaftliche Mitarbeit am ZERP (Zentrum für Europäische Rechtspolitik) der Universität Bremen; 2023 Promotion (Münster); Wissenschaftliche Mitarbeit am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, IT-Recht und Umweltrecht der Universität Kassel, LL.M. IT/IP-Recht an der Leibniz-Universität Hannover/Katholieke Universiteit Leuven.
A. Einleitung: Paritätisches Wahlrecht als Mehrebenenphänomen
I. Notwendig intersektional: demokratische Gleichheit multipliziert - II. Permeabilitäten der Verfassungsforschung - Interdisziplinarität gegen Hermetik
B. Bestandsaufnahme: strukturelle Partizipationshürden für Frauen im politischen Bereich
I. Der Androzentrismus des Staates und der aktiven Staatsbürgerlichkeit - II. Politik: (K)ein "Ort für Frauen"? Geschlecht im politischen Raum - III. Zusammenfassung und Sortierung: "Magisches Dreieck" und Marktmodell
C. Intersektionale Reflexion: Unterrepräsentation innerhalb und unweit der Geschlechterdimension
I. Multiplizitäten der Macht: Intersektionalität, Postkategorialität und Anti-Essentialismus - II. Paritätsgesetze und geschlechtliche Vielfalt: Agieren im Dunkelfeld - III. Rassistische, sexistische und klassistische Diskriminierung von aspirierenden Politiker:innen mit "Migrationshintergrund" - IV. Der racial contract - Staatsbürgerlichkeit in der weißen Vorherrschaftsordnung - V. Das PartMigG: Selbstrepräsentation von Menschen mit Migrationsgeschichte und der nationalen Minderheiten der Sinti und Roma - VI. Fazit: Antidiskriminierungsrechtliche Eindimensionalität von Frauenquoten
D. Gleichheitsrechte: Die Phase materialer demokratische Gleichheit
I. Reichweite und Inhalt des Gleichstellungsgebotes aus Art. 3 II 2 GG: Recht gegen strukturelle Benachteiligung - II. Materiale Gleichheit pluralisiert: Art. 3 III 1 GG als Hierarchisierungsverbot - III. Materiale Gleichheit ist demokratische Gleichheit ist staatsbürgerliche Gleichheit
E. Pluralistische Demokratie und die Diversifizierung von Repräsentation
I. Repräsentation und Demokratie im Grundgesetz: Der repräsentierte Souverän - II. Die vier Repräsentationsdimensionen Hannah Pitkins - III. Homogenitätskonzepte des Monismus und Interessenpluralismus - IV. Ertrag: Parität als Mechanismus prozessual-pluralistischer Demokratie
F. Quoten Global besehen: Typen, Erfolge, Hintergründe
I. Fallstudien - Auf dem fast und incremental track zur politischen Gleichberechtigung - II. Politische Teilhabe indigener Völker auf nationaler Ebene - III. Zusammenschau zur Konturierung einer Quote für den Deutschen Bundestag
G. Bestandsaufnahme und Stellungnahme: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Wahllistenquote
I. Untersuchungsgegenstand: Wahllistenquotierung nach dem Reißverschlussprinzip - II. Kernaussagen des Wahlprüfungsbeschlusses von 15. Dezember 2020 - III. Kompetenzfrage I: Legislative Ausgestaltungsfreiheit im Wahlrecht gemäß Art. 38 III GG - IV. Kompetenzfrage II: Keine Pflicht zum Erlass eines Paritätsgesetzes - V. Kompetenzfrage III: Möglichkeit der Verfassungsänderung aufgrund Verfassungsidentitätskonformität - VI. Eigenstaatlichkeit der Länder: Die Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte
H. Regelungsvorschläge neben der geschlechterparitätischen Wahllistenquote
I. Kandidatur von Wahlkreisteams als Lösung für Direktmandate - II. Art. 3 III 1 GG als verfassungsrechtliche Grundlage für intersektionale Quoten: Exemplarischer Vorschlag positiver Maßnahmen für Menschen mit Migrationsgeschichte - III. Ausblick postkategorialer Partizipation: Stellungnahmerechte für Betroffenheitskollektive
I. Zusammenschau: Indienstnahme des Wahlrechts für einen demokratischen Pluralismus