Seit der 'Erfindung' des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung durch das Bundesverfassungsgericht hat sich das Datenschutzverfassungsrecht zunehmend zu einem sperrigen Fremdkörper in der Grundrechtsdogmatik entwickelt. Die Figur des additiven Grundrechtseingriffs bzw. die sogenannte Überwachungsgesamtrechnung wurde entwickelt, um effektiven Grundrechtsschutz gegen multipolare Überwachung zu ermöglichen. Karoline Maria Linzbach beleuchtet kritisch, wie sich die informationelle Selbstbestimmung zu einer Art Supergrundrecht und einem umfassenden Gefährdungsschutz entwickeln konnte. Ausgehend von den Wurzeln in den Gefahren der modernen Datenverarbeitung untersucht sie die Konkretisierung von Art. 2 Abs. 1 GG innerhalb des legitimatorischen Rahmens der freiheitlichen Demokratie. Miteinander zusammenhängende Dogmen wie die hypothetische Datenneuerhebung, der chilling effect und der additive Eingriff werden auf ihre Leistungsfähigkeit überprüft und einer legitimationsorientierten Kritik unterzogen.
Reihe
Sprache
Verlagsort
ISBN-13
978-3-16-164567-9 (9783161645679)
DOI
10.1628/978-3-16-164567-9
Schweitzer Klassifikation
Autor*in
Geboren 1992; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bonn; 2017 erstes juristisches Staatsexamen; Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft; Rechtsreferendariat am OLG Köln; 2020 Zweites juristisches Staatsexamen; Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Bonn; Akademische Rätin a.Z. an der Universität Bonn; 2024 Promotion.
Einleitung - "Additiver" Grundrechtseingriff, Gesamtbetrachtungen und informationelle Selbstbestimmung
§ 1 Verrechtlichung als Grundrechtsproblem: Schutz informationeller Selbstbestimmung durch Gesamtbetrachtungen?
I. 'Additiver' Grundrechtseingriff und Belastungskumulation: Annäherung an eine Problembeschreibung - II. Fazit: Die Grundrechtseffektivität im Rahmen des 'Additiven' Grundrechtseingriffs als Hebel zur Einführung werthaltiger Tatsachenannahmen
§ 2 Das Recht als Ordnung 'Kontrollierter Willkür'
I. Die Kontrafaktizität von Normen, die "Persönlichkeit" und das Normprogramm - II. Die Konstitution der freiheitlichen Demokratie als Organisation des dauerhaften Fortlaufs von Erkenntnis- und Willensentscheidungen - III. 'Lebendige Selbstbestimmung' In Der Ordnung 'Kontrollierter Willkür'
§ 3 Die informationelle Selbstbestimmung innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung
I. Zuordnung von Konkretisierungsleistungen als Spiegel der freiheitlichen Demokratie - II. Der Schutzbereich Des Art. 2 Abs. 1 GG: Anforderungen an die informationelle Selbstbestimmung als normative Schleuse individueller Selbstbestimmung - III. Der Eingriff: Legitimatorischer Kanal in eine rechtlich gesteuerte Abwägung - IV. Folgerungen für den Eingriff in die "Informationelle Selbstbestimmung" - V. Fazit: Der Zusammenhang von effektivem Grundrechtsschutz im rechtlichen Sinne und konkreter Rechtfertigungsprüfung
§ 4 Das absolute Persönlichkeitsprofil und die Rundumüberwachung - Art. 19 Abs. 2 GG (Bzw. Art. 1 Abs. 1 GG) und der 'Additive' Grundrechtseingriff
Fazit: Die informationelle Selbstbestimmung - Jagd nach einem Phantom