Mit diesem Buch setzt Karl-Heinz Ladeur einen Kontrapunkt zu der in der Staats(rechts-)wissenschaft vorherrschenden Fixierung auf die 'Rationalität des Öffentlichen', die die Priorität der politischen Reflexionsprozeduren gegenüber der distributiven Rationalität der "Privatrechtsgesellschaft" (F. Böhm) behauptet. Der Wert des liberalen Ordnungsmodells wird nicht primär in der Freiheit des Individuums gegenüber dem Staat, sondern in den darüber generierten 'Wissensnetzwerken' zwischen den Individuen gesehen. Daraus ergibt sich eine Perspektive für die Funktion des Staates. Dieser hat die Aufgabe, mittelbar, durch Aufbau und Anpassung von Institutionen, die Produktivität dieser 'Wissensnetzwerke' zu beobachten und zu erhalten; er kann aber nicht den Individuen und Organisationen Handlungsmöglichkeiten und damit unmittelbar 'reale Freiheit' zuweisen. Dem postmodernen Staat fehlt es - anders als dem liberalen - an einer angemessenen Beschreibung der Gesellschaft: Dies verleitet ihn dazu, ständig seine Grenzen zu überschreiten und die Gesellschaft 'steuern' zu wollen. Demgegenüber vernachlässigt er seine Aufgabe der Institutionenbildung. Dies wird theoretisch wie an praktischen Gegenständen, Formen und Paradigmen staatlicher Entscheidung demonstriert (Schule, Sozial- und Wirtschaftspolitik, Umweltrecht, 'kooperatives Handeln'). Es zeigt sich, daß der Staat die Probleme der Anpassung der Gesellschaft wie der Individuen und Organisationen an die neuen Möglichkeiten jenseits des Wohlfahrtsstaates verschärft.
Reihe
Sprache
Verlagsort
Produkt-Hinweis
Broschur/Paperback
Klebebindung
ISBN-13
978-3-16-160574-1 (9783161605741)
DOI
10.1628/978-3-16-160574-1
Schweitzer Klassifikation
Autor*in
Geboren 1943; Studium der Rechtswissenschaft in Köln und Bonn; 1976 Promotion; 1982 Habilitation; Professor für Öffentliches Recht an den Universitäten Bremen und Hamburg sowie am Europäischen Hochschulinstitut, Florenz.
I. Einleitung
II. Institutionen und Erzeugung von Sozialkapital durch den Staat der liberalen Gesellschaft
A. Das Individuum der Privatrechtsgesellschaft
B. Individualisierung und Erzeugung von "Sozialkapital" in der liberalen Gesellschaft
III. Die Remodellierung der Institutionen der liberalen Gesellschaft durch den "Gruppenstaat"
A. Die Erzeugung von Sozialkapital im Gruppenstaat
B. Recht und Institutionen des Gruppenstaats
IV. Die Krise des Gruppenstaates und der Übergang zum "Reformstaat" der professionellen Gruppen
A. Der Reformstaat und seine kognitive Infrastruktur
B. Die Schule als Beispiel für den orientierungslosen Staat
C. Sozial- und Wirtschaftspolitik als Felder unmittelbarer staatlicher Zuwendung
V. Perspektiven des Verfassungs- und Verwaltungsrechts des postmodernen Staates
A. Die experimentelle Gesellschaft und die Herausforderung des Nichtwissens
B. Postmoderner Staat und das Konzept der Prozeduralisierung
VI. Resümee: Zur Notwendigkeit einer neuen Koordination von Staat und Gesellschaft