Schweitzer Fachinformationen
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Hamburg 1953. Vor Elly, Tochter einer angesehenen Kaufmannsfamilie, liegt ein sicheres Leben in Wohlstand. Auch der richtige Ehemann ist schon gefunden. Doch Elly will mehr und hat andere Pläne für ihre Zukunft. Als sie Peter kennenlernt, der beim noch jungen NWDR arbeitet, ist sie sofort fasziniert von der neuen, bunten Fernsehwelt. Gegen den erbitterten Widerstand ihrer Familie arbeitet sie dort als Redaktionsassistentin und macht sich bald schon unentbehrlich. Ihr großer Traum, eine eigene Talkshow, scheint zum Greifen nah. Doch die Männerbünde halten zusammen, und auch die Liebe ist in den 50ern mit einer Karriere schwer zu vereinen. Muss Elly sich entscheiden?
Einige Tage später traf Elly ihre beste und liebste ehemalige Schulfreundin Ingrid in einer Milchbar auf der Uhlenhorst. Ingrid war gerade von einer Hauswirtschaftsschule in der Schweiz zurück nach Hamburg gekommen und hatte sich umgehend bei Elly gemeldet. Ingrid hatte sehr aufgeregt geklungen, und Elly war gespannt, was sie zu erzählen hätte. Sie waren zusammen in einer Klasse gewesen und gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Elly hatte Ingrid bei Aufsätzen und bei Diktaten geholfen, und Ingrid hatte versucht, Elly Häkeln und Stricken beizubringen. Die Versuche der beiden Mädchen waren von mäßigem Erfolg gekrönt gewesen, aber die schlechten Noten hatten sie nur noch mehr zusammengeschweißt. Seit der ersten Klasse hatten sie wie die Kletten zusammengehangen. Ihre beiden Mütter bezeichneten sie gern mal als siamesische Zwillinge. An den Wochenenden durften die Mädchen oft beieinander übernachten und verbrachten die Abende und die Nächte damit, die Jungen ihrer Klasse zu benoten und zu überlegen, welche Kleider sie auf ihrer Hochzeit tragen würden und wie die Torten aussehen könnten. Am liebsten hätten die beiden eine Doppelhochzeit gefeiert und malten sich die dazugehörigen Männer in schillernden Farben. Groß und blond musste der Zukünftige von Ingrid sein, dunkelhaarig und breitschultrig war Ellys Favorit.
Elly hatte die Freundin vermisst, und sie hatten sich regelmäßig geschrieben. Nun, gleich nachdem sie zurückgekommen war, hatte Ingrid bei Elly angeläutet.
Elly konnte es kaum erwarten und freute sich darauf, die Freundin zu treffen, aber sie bekam einen Schreck, als sie Ingrid in der Milchbar sitzen sah. Sie war käseweiß, dünn und ausgemergelt, sie zitterte und wirkte fahrig, einfach todunglücklich.
»Du liebe Zeit, Ingrid, was ist dir denn geschehen?«, fragte Elly entsetzt und nahm Ingrid gegenüber Platz. Sie legte eine Hand auf die der Freundin und merkte, dass sie eiskalt war.
»Ach, Elly«, zwei Tränen liefen über Ingrids Wangen. »Es ist alles ganz furchtbar.«
»Was ist los? Sag schon. Du weißt doch, wir erzählen uns alles«, bat Elly sie und zwang sich, ruhig zu bleiben.
»Wäre ich doch bloß nie in die Schweiz gereist«, sagte Ingrid bitter. »Dann hätte ich Alexander niemals getroffen und nichts wäre passiert. Ach, Elly, du kennst mich doch. Ich bin doch keine, die sich einem Mann einfach so an den Hals wirft. Du weißt, wie zurückhaltend ich immer war. Ach, Elly, ich . ich bekomme ein Kind, ich weiß nicht mehr weiter .«
Ingrid weinte nun noch mehr. »Ich weiß nicht, was ich tun soll, Elly. Ich weiß es einfach nicht .«
Elly beugte sich vor zu Ingrid und legte ihre Hand auf die ihrer Freundin. »Jetzt bleibst du mal ganz ruhig, und wir überlegen, was wir tun können, Ingrid. Ich bin für dich da. Ich lass dich nicht im Stich«, sagte sie ruhig und besonnen, denn wenn Ingrid jetzt etwas nicht brauchte, dann eine hysterische Freundin, die so Sachen sagte wie »Wie konntest du nur?« oder »Ach je, keine Ahnung, was man da machen kann!«.
Ingrid blickte auf. »Ich bin völlig verzweifelt.«
»Das glaube ich dir. Nun eins nach dem anderen. Weiß dieser Alexander davon?« Elly hatte kurz die Hoffnung, dass es jemand sein könnte, der Ingrid heiraten würde, und vor allem einer, der Ingrids Eltern gefiel. Aber Ingrid erzählte ihr, Alexander sei ein Student gewesen, der mit seinen Freunden in den Bergen gewandert war und in Zürich Station gemacht hatte.
»Ich habe ihm schon geschrieben, nach Frankfurt am Main, wo er angeblich wohnt«, erklärte ihr Ingrid matt. »Aber die Adresse existiert gar nicht. Es gibt keinen Alexander Hoffbach in der Textorstraße. Der Brief kam als unzustellbar zurück. Beim Amt wusste man auch nichts. Niemand konnte mir helfen. Das Schlimme ist, Elly, dass ich gedacht habe, mit Alexander, das wäre etwas Ernstes. Er hat mir gesagt, dass er sich in mich verliebt hat und dass er nach Hamburg kommen will und dass wir beide dann schauen, wie es mit uns weitergehen kann. Dann erfahre ich also, dass er gar nicht wohnt, wo er vorgab zu wohnen. Er hat mir bewusst eine falsche Adresse gegeben. Wahrscheinlich stimmt noch nicht mal der Name. Wie hab ich mich nur so täuschen können! Ach, Elly, wenn du ihn gesehen hättest! Er sieht so gut aus, und das, was er gesagt hat, klang auch ehrlich. Ich hab mich sofort in ihn verliebt, es ging gar nicht anders! Aber jetzt stehe ich alleine da. So alleine.« Die Tränen liefen aus ihren Augen. »Ich bin völlig verzweifelt«, sagte sie dann. »Mama und Papa haben gesagt, ich soll mir eine Lösung für die unangenehme Sache suchen.« Sie zitterte am ganzen Körper.
»Was denn für eine Lösung?«, fragte Elly, der die Gedanken im Kopf herumschwirrten.
Ingrid sah sie an. »Das haben sie so nicht gesagt, aber ich weiß, was sie meinen. Ich soll es wegmachen lassen.«
»Himmel, wie und wo denn? Das ist doch strafbar!« Elly konnte es kaum glauben.
»Ich weiß. Es ist noch dazu gefährlich. Nach dem, was ich gehört habe, sterben viele Frauen daran, weil unsauber gearbeitet wird. Ich weiß nicht, was ich tun soll, Elly. Ich weiß es einfach nicht. Vati hat gesagt, ich solle sagen, ich sei gegen meinen Willen . genommen worden, dann gibt es wohl die Möglichkeit, ein Kind legal abtreiben zu lassen, aber dann werde ich von der Polizei verhört, und du weißt doch, wie schlecht ich lügen kann. Ach, Elly, es ist so schrecklich, so furchtbar.«
Elly schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass deine Eltern das wollen, Ingrid. Dass sie in Kauf nehmen, dass du dabei sterben könntest. Und das ist so. Man hört nichts Gutes. Ich .«
»Hallo. Was darf ich euch denn bringen? Äh, Ingrid?«, fragte da eine verwunderte männliche Stimme. Die beiden zuckten zusammen und blickten hoch. Einer der Kellner war zu ihrem Tisch gekommen, ein smarter junger, dunkelhaariger Mann Mitte zwanzig.
»Peter!«, sagte Ingrid nun mit schwacher Stimme. »Du bist auch wieder da?«
Der junge Mann mit dem dichten braunen Haar lachte sie an. »Jawohl. Die Seefahrt war doch nichts auf Dauer für mich, dauernd dieses Geschaukel und die Seekrankheit, und immer nur Schlafen in der Hängematte, puh, und der getrocknete Fisch und der Schiffszwieback, dazu tagaus, tagein dieselben Gesichter und die gebrüllten Befehle, da hab ich es sein lassen und bin erst mal zurück nach Hamburg gekommen. Bis feststand, was ich machen will, habe ich mich um diese Stelle hier in der Milchbar beworben. Jetzt weiß ich, was werden soll, aber so lange bleibe ich noch hier. Das Leben bezahlt sich ja nicht von selbst.« Er reichte Elly die Hand. »Peter Woltherr, ich bin der Bruder von Lotti.«
»Lotti?« Elly verstand nicht, schüttelte aber seine Hand. Sein Händedruck war angenehm. Nicht zu kräftig. Seine Hand war warm und trocken.
»Peter ist der Bruder von einer unserer Hausangestellten, Lotti Harmsen«, erklärte Ingrid der Freundin kurz. »Peter hat sich, bevor er zur See gefahren ist, am Wochenende hin und wieder um Papas Autos gekümmert, wenn Not am Mann war, und sich ein paar Mark dazuverdient.«
»Aha«, sagte Elly und schaute Peter an. Der erwiderte ihren Blick länger als nötig. Er sah hervorragend aus, musste Elly zugeben, so groß, kräftig und breitschultrig, wie er war, und er hatte ein offenes und freundliches Gesicht mit markanten, männlichen Zügen.
»Ich bin Elisabeth«, sagte sie, und Peter nickte.
»Demnächst fang ich beim NWDR auf dem Heiligengeistfeld an«, erzählte er freudig. »Bis dahin muss noch ein wenig Geld in die Kasse kommen!«
»Was machen Sie denn da?«, fragte Elly interessiert. Auch wenn sie wusste, was der NWDR war, der Nordwestdeutsche Rundfunk, konnte sie sich gar nicht vorstellen, wie die Arbeit dort war. Sie liebte die Sonntagnachmittage, an denen sie die Radiosendung Sang und Klang hörte, und genoss die schönen Sängerstimmen. Anneliese Rothenberger fand sie ganz besonders wunderbar, solch eine Stimme gab es nicht nochmal. Früh um sieben Uhr morgens machte sie manchmal die Frühgymnastik im Radio mit. Hildegund Bobsien ermutigte mit ausgeschlafener und frischer Stimme die Frauen zu sportlicher Bewegung, und auch ihre Schwester Kari war oft mit dabei, manchmal sogar die Mutter.
Auch wegen des Moderators Hugo R. Bartels schaltete Elly regelmäßig ein, seine Sendung Mit auf den Weg . von halb sieben bis halb neun Uhr am Morgen gefiel ihr sehr.
»Ich werde die Fernsehabteilungen und alles andere wochenweise durchlaufen, und dann schauen wir gemeinsam, wo ich am besten eingesetzt werden kann«, erklärte Peter. »Not am Mann ist da momentan überall. Zu gern würde ich eine Ausbildung dort machen, mal schauen, was sich ergibt, ob etwas frei ist und ob sie mich überhaupt haben wollen.«
»Interessant«, sagte Elly ehrlich. »Da sind Sie dann bestimmt auch mal hinter den Kulissen und haben sicher mit interessanten Menschen zu tun. Wie aufregend!«
»Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt«, sagte Peter. »Und hoffe, dass ich meine Vorgesetzten überzeugen werde. Ich glaube, beim Fernsehen wird's nie langweilig. Und du, Ingrid, geht's dir gut?« Freundlich sah er die blasse Ingrid an.
»Oh ja, danke, Peter.« Ingrid lächelte matt. Elly merkte, dass die Freundin keine Lust mehr hatte, sich mit Peter zu unterhalten. Ganz im Gegensatz zu ihr, was ihr fast ein schlechtes Gewissen bereitete. Immerhin gab es Wichtigeres, und sie musste sich um ihre beste Freundin kümmern.
Aber Elly hatte sich schon immer gefragt, wie es im Rundfunk und Fernsehen so aussah,...
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