Schweitzer Fachinformationen
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In diesem Kapitel wird die theoretische Grundlage näher betrachtet. Es wird gezeigt, welche Arten der Finanzierung in privaten Forstbetrieben allgemein zu finden sind. Ferner wird erläutert, was zum Untersuchungszeitpunkt über das Finanzierungsverhalten privater Forstbetriebe im Regelbetrieb bekannt ist und wie eine Kalamität diese beeinflusst. Dazu dienen Daten des Betriebsvergleiches Westfalen Lippe, welche mit dem Dean-Modell verschnitten werden.
Nach SPEIDEL (1972) bildet die Finanzierung das Kernstück oder das Herz der Gesamtplanung. Aus dem Modell (Abbildung 2) wird ersichtlich, wie eng Liquidität mit der betrieblichen Reserve zusammenhängt, und wie die Finanzierung als Verbindungsglied zwischen Einnahmen und Ausgaben den Erfolg des Betriebs bestimmt.
Abbildung 2: Einordnung der Finanzierung in den Forstbetrieb aus SPEIDEL (1972, S. 180), leicht verändert
Im Gegensatz dazu sehen OESTEN und ROEDER (2012) die Finanzierung als Grundlage der Investition und Grundbaustein des betrieblichen Leistungssystems (Abbildung 3).
Abbildung 3: Subsysteme des betrieblichen Leistungssystems nach OESTEN und ROEDER (2012, S. 13), leicht verändert
SCHMALENBACH (1949, S. 9) definiert den Begriff Finanzierung als "die Beschaffung von Kapital für Zwecke aller möglichen Art". Die Hauptformen der Finanzierung gliedert sich in Eigen- und Fremdfinanzierung (SCHMALENBACH, 1949). Das in Abbildung 4 dargestellte Schema nach VORMBAUM (1990, S. 33) verdeutlicht die verschiedenen funktional gegliederten möglichen Finanzierungsströme eines Unternehmens.
Abbildung 4: Übersicht über die verschiedenen Finanzierungsarten nach VORMBAUM (1990, S. 33), in leicht veränderter Darstellung
Darüber hinaus bestehen weitere Finanzierungsarten, die sich beispielsweise nach den Finanzierungsphasen eines Unternehmens oder auch den Fristigkeiten der Finanzierungsquelle unterteilen lassen (vgl. POTT und POTT, 2015, 236ff).
Die allgemeine Kapitalstruktur und die Finanzierungsarten im Forstbetrieb weichen von gewöhnlichen klein- und mittelständiger Betrieben durch die branchenspezifischen Besonderheiten deutlich ab (OESTEN und ROEDER, 2012, S. 184). Zum Ersten ermöglicht die Identität von Produkt und Produktionsmittel eine vergleichsweise einfache Liquidierung des Waldvermögens (AMMANN, 2003, S. 26). Zweitens führt dies dazu, dass der größte Teil des Vermögens eines Forstbetriebes im tatsächlichen Holzvorrat natural gebunden ist. Gleichzeitig ist die Nutzung des Holzvorrates an marktwirtschaftliche Faktoren gekoppelt und durch lange Produktionszeiträume von der biologischen Produktion entkoppelt. (OESTEN und ROEDER, 2012)
Die Besonderheit in der Finanzstruktur von Forstbetrieben ist nach AMMANN (2003, S. 25-27) in erster Linie auf die hohe Kapitalbindung bei niedriger Rendite zurückzuführen. Daraus ergibt sich, dass die Form der Selbstfinanzierung die größte und wichtigste Finanzierungsart in einem Forstbetrieb ist. Dies erfolgt durch die Thesaurierung, also die Finanzierung durch Einbehalten von Gewinnen, die als Bildung offener oder stiller Rücklage erfolgt. Die Reserven im Holzvorrat gehören genauso wie die Bildung einer steuerfreien Rücklage nach § 3 des ForstSchAuglG in diese Kategorie. (OESTEN und ROEDER, 2012, 170-172) Im konkreten Fall von Forstbetrieben ist es möglich den Begriff der Umschichtungsfinanzierung gleichbedeutend zu verwenden, da unter dieser Finanzierungsart die Beschaffung von Kapital aus der Freisetzung von im Holzvorrat gebundenen Kapital zu verstehen ist (VORMBAUM, 1990).
Zudem sind Forstbetriebe in der privilegierten Situation, jede waldbauliche oder technische Investition als Betriebsaufwand gewinnmindernd einzubringen (JÖBSTL, 2000). Dies gilt bei der Gewinnermittlung für buchführungspflichtige Betriebe nach § 13 EStG, sowie bei der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. für nicht buchführungspflichtige Betriebe. Darüber hinaus ist es auch für buchführungspflichtige Betriebe nicht üblich die Veränderung im Waldvermögen in der Bilanz zu erfassen, da der Waldbestand als nicht abnutzbar gilt (BFH, 2008). Dementsprechend wird die stille Rücklagenbildung im Waldvermögen erleichtert (OESTEN und ROEDER, 2012).
Sofern Forstbetriebe abschreibungsfähiges Betriebsvermögen besitzen, besteht die Möglichkeit Investitionen durch Abschreibungsgegenwerte zu finanzieren. Diese Form der Finanzierung wird Finanzierung durch Abschreibung genannt. Hierbei setzt eine bilanzierte Wertminderung eines Wirtschaftsgutes bei der Gegenrechnung zu produzierten Leistungen Kapital frei. Der sogenannte Lohmann-Ruchti-Effekt als Form der kontinuierlichen Innenfinanzierung wirkt insbesondere in großen Betrieben. (OESTEN und ROEDER, 2012, S. 174)
Die Form der Beteiligungsfinanzierung ist in der Forstwirtschaft als Sonderform beispielsweise in Form von zweckgebundenen Fördermitteln zu finden. Nach SCHMALENBACH (1949) suggeriert diese Art der Außenfinanzierung Mitspracherechte in der Bewirtschaftung für die externen Anteilseigner. In der Praxis bedeutet dies die Zusicherung in der Verwendung des Geldes mit Maßnahmen wie einer Kontrolle des Anwuchserfolgs einer geförderten Kultur. SPEIDEL (1984) hingegen sieht die zweckgebundenen Fördermittel als einen Sonderfall der Innenfinanzierung. Dennoch bedingt die Einbindung externer Kapitalgeber auch die Mittelverwendung.
Durch die Langfristigkeit der forstlichen Produktion wird davon ausgegangen, dass die Selbst- oder Innenfinanzierung den größten Anteil der Finanzierungsarten ausmacht (SPRENGER, 1982, S. 11), jedoch zeigt eine Studie aus der Türkei, dass der Anteil des Fremdkapitals in der Vermögensstruktur privater Forstbetriebe in den letzten 50 Jahren zugenommen hat (vgl. AKYÜZ et al., 2006). Wie bei klein- und mittelständigen Unternehmen anderer Branchen wird Forstbetrieben in der Regel kein anonymer Zugang zum Kapitalmarkt ermöglicht, was die Aufnahme von Fremdkapital erschwert (SPRENGER, 1982, S. 17-20). Empirische Studien im deutschsprachigen Raum hat es dazu aber noch nicht gegeben.
Daneben gibt es neue Finanzierungsformen für Forstbetriebe von denen aktuell Gebrauch gemacht wird. Das sogenannte Fundraising und Sponsoring für beispielsweise Wiederaufforstungen (OESTEN und ROEDER, 2012, S. 176-177). Weitere Beispiele für diese Art der Finanzierung sind Waldaktien und Baumpatenschaften, die öffentlichkeitswirksam von großen privaten und öffentlichen Forstbetrieben angeboten werden (vgl. MACHUR, 2020; SCHENKEL, 2020).
Die Besonderheiten privater Forstbetriebe in Deutschland ergeben sich aus der Eigentümerstruktur. In Deutschland macht der private Waldbesitz nach BWI3 etwa 48 % an der Waldfläche aus. Die Gruppe der Kleinprivatwaldbesitzer (< 20 ha) macht die Hälfte aller Privatwaldbesitzer aus. (BMEL, 2012) Im Gegensatz besitzen etwa 200 Eigentümer von den 2 Millionen Privatwaldbesitzern Großprivatwald (> 1.000 ha) (DEPENHEUER und MÖHRING, 2010).
So unterschiedlich die Besitzstruktur ist, so unterschiedlich sind auch die Nutzungsinteressen der verschiedenen Besitzgruppen. Viele der Klein- und Kleinstwaldeigentümer sind sich nicht darüber im Klaren, welcher wirtschaftliche Wert in ihren Wäldern steckt oder nutzen diesen allenfalls als Nebenerwerb, während die großen Forstbetriebe auf den Erlös aus Holzverkäufen angewiesen sind, um ihren Betrieb zu führen und ihren Lebensunterhalt zu bestreiten (DEPENHEUER und MÖHRING, 2010). Großprivatwald wird zudem meist von professionellem Personal bewirtschaftet, während Kleinprivatwald in forstlichen Zusammenschlüssen organisiert und betreut wird (BAUER, 2006).
Neben den Eigentümern der forstwirtschaftlichen Flächen werden auch die Betriebsleiter der Forstbetriebe befragt. Ebenso werden nicht-staatliche Privatwaldberater und forstliche Dienstleister erreicht. Diese Gruppe stellt etwa ein Viertel der forstlichen Erwerbstätigen dar (WESTERMAYER, 2004). Die Unternehmer arbeiten sowohl haupterwerblich als auch nebenerwerblich und üben Tätigkeiten von der hochmechanisierte Holzernte, dem motormanuellen Holzeinschlag, dem Vorliefern, Rücken und Entrinden von Stammholz, bis zur Flächenräumung, Bodenbearbeitung und Saat, bzw. Pflanzung aus. Mit diesen Tätigkeiten nehmen etwa 31 % der Betriebe unter 50.000 ? pro Jahr Umsatz ein. (SCHULTE, 2002 nach BAUER, 2006, S.59).
Bei den meisten Forstbetrieben handelt es sich demzufolge nach POTT und POTT (2015) um Klein- und Kleinstbetriebe, deren wirtschaftliches Streben sich meist aus familiärer Tradition begründen lässt und in Bezug auf ihre Ressourcenausstattung und Unternehmerverhaltens ebenfalls mit klein- und mittelständigen Unternehmen vergleichbar sind (URIGSHARDT, 2010, S. 80).
Die Betrachtung finanzieller Aspekte in waldbaulichen und technischen Investitionsentscheidungen findet in der forstwissenschaftlichen Forschung wenig Vertreter (HÖLLERL, 2009, S. 12). Daher ist diese Arbeit auf die...
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