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Leich hinterm Deich
Auf Schroffenige passiert normalerweise gar nichts - doch die tote Seminarleiterin am Strand erschüttert die kleine Inselgemeinde. So hatte sich Scarlett ihr Wellness-Retreat nicht vorgestellt: Statt nach Sylt geht es auf die neblige Ostseeinsel Schroffenige, statt Entspannung ähneln die Kurse einem Bootcamp; und als jemand die Seminarleiterin erschlägt, sind eigentlich alle erleichtert. Doch dann gerät Scarletts beste Freundin unter Verdacht, und ihr bleibt nichts anderes übrig, als zusammen mit dem zurückhaltenden Inselanwalt Matthias zu ermitteln. Findet sie auf der Insel am Ende vielleicht mehr als nur den wahren Täter?
Es muss nicht immer Sylt sein
Scarlett
»Und wer übernimmt die In-House-Kommunikation für das neue Projekt?«
Scarlett beobachtete, wie der Blick ihrer Chefin Pamela all die kleinen Kacheln, all die kleinen Porträts ihrer Kollegen in der Web-Konferenz nach Meldungen absuchte.
Rasch klickte sie auf das Mikrofon-Symbol in der unteren Ecke ihres Bildschirms. »Ja, das würde ich sehr gern übernehmen. Ich habe auch schon eine -« Weiter kam sie nicht, denn Pamela redete einfach weiter. »Gut, Tom, das passt doch. Herbert, ich sehe, dass du dich für die Finanzplanung im Chat gemeldet hast. Toller Einsatz.«
Für einen kleinen Moment verschwamm Pamelas blondes Haar mit dem Hintergrund ihrer weißen Wand, dann wurde das Bild wieder klar.
»Ich würde wirklich gern -«, setzte Scarlett noch einmal an.
»Schön, schön«, Pamela rieb sich die Nasenspitze. »Schön. Finde ich gut, dass ihr diesmal die Key-Positions alle so reibungslos aufgeteilt habt. Wir wachsen wirklich langsam zusammen. Wer kümmert sich um den Zeitplan? . Anka, schön. Alle anderen wissen ja eh, was sie zu tun haben. Ich freue mich auf die neue Herausforderung.« Sie lehnte sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück.
Scarlett blinzelte, öffnete noch einmal den Mund, um etwas zu sagen, bis ihr einfiel, dass sie eben schon nicht durchgedrungen war. Lag es an der Verbindung? An der Technik? Hastig begann sie, in den Chat zu tippen: Schade, ich hatte mich gemeldet und .
»Wunderbar. Und jetzt alle an die Arbeit. Bis morgen früh.« Pamela klang enthusiastisch.
Scarlett tippte schneller: . würde mich wirklich gern diesmal .
Ein kleines »Ping« signalisierte, dass Pamela die Konferenz verlassen hatte. Eine Kachel nach der anderen wurde dunkel.
»Tom«, rief Scarlett, »hast du noch kurz -« Zack. Auch Tom war weg.
»Scarlett, Liebes, du bist eingefroren, falls du mich hörst .«
Hoffnungsvoll suchte jetzt auch Scarlett die wenigen verbliebenen Fenster ab. Da! Petra. »Ja, Petra, ich -«
». ich brauche die Zusammenfassung der Tabellen für das alte Projekt bis morgen, ja?«
Scarlett sank ein wenig in sich zusammen und pustete ein paar Ponysträhnen aus ihrer Stirn. »Du meinst nicht mich«, sagte sie leise, wohl wissend, dass niemand sie hörte. »Die Tabellen macht Anka.«
Ach, was soll's. Sie würde Petra nachher eine E-Mail schreiben.
Jetzt klickte auch sie auf »Verlassen«. Ein wenig enttäuscht war sie schon, hatte sie doch gehofft, in dem neuen Projekt endlich eine der »Key-Positions« zu ergattern und nicht wieder nur im Team zu landen. Das Team war so . Man ging einfach unter, fand sie.
Scarlett schloss das Fenster der Videokonferenz und bestätigte anschließend das schon länger dringlich eingeforderte System-Update. Sie schob ihren Schreibtischstuhl zurück und blinzelte kurz in die Morgensonne, die durch das schmale Fenster ihres Schlafzimmers auf den Schreibtisch fiel. Dann stand sie auf, zupfte ihre Jogginghose zurecht und schlüpfte aus der weißen Bluse, die sie vorhin für die Web-Konferenz übergezogen hatte, bevor sie sich in der Küche eine weitere Tasse Kaffee einschenkte.
Besser. Homeoffice bedeutete eben auch, dass sie im Unterhemd arbeiten konnte, wenn es warm war. Wobei sie den Zeiten im Büro doch ein wenig nachtrauerte. Sie hatte das Gefühl, dass ihr in den Web-Konferenzen mitunter der Biss fehlte. Andere waren lauter und vor allem schneller als sie. Menschen, dachte sie und ließ sich wieder auf ihren Schreibtischstuhl fallen, Menschen waren so wunderbar unterschiedlich.
Als ihr Telefon ein paar Minuten später klingelte, installierte das System immer noch das neueste Update ihrer Arbeitsumgebung.
»Badendorf . äh . Scarlett?« So ganz konnte sie sich an die flache Hierarchie und die Nutzung der Vornamen - beides von Pamela eingeführt - noch nicht gewöhnen. Und schon wieder hatte sie einfach abgehoben, ohne den Namen des Anrufers auf dem Display zur Kenntnis zu nehmen. Heute war vielleicht einfach nicht ihr Tag.
»Du, Scarlett, hast du kurz Zeit?«
»Karin!« Sie warf einen unsicheren Blick auf ihren Monitor, in dessen Mitte sich eine blaue Sanduhr auf schwarzem Hintergrund hektisch drehte. Die Statusanzeige hatte sich, seit sie sich ihren zweiten Kaffee geholt hatte, kein Stückchen bewegt.
»Eigentlich arbeite ich . Ach, was soll's.« Karin war ihre beste Freundin, und Freundinnen ließ man nicht hängen. »Ein paar Minuten sind schon drin. Wie geht's dir?«
»Ja, ich will dich auch gar nicht lange stören. Es ist nur . es ist wegen des Wellness-Retreats in zwei Wochen.«
»Och, sag jetzt nicht, dass es ausfällt! Ich habe mir schon zwei Yogaanzüge bestellt und eine Windjacke gekauft. Anfang April ist es auf Sylt bestimmt noch ziemlich kalt.« Scarlett hatte in den vergangenen Tagen ihren kleinen hellgelben Koffer zumindest im Geiste schon mehrmals ein- und wieder ausgepackt.
»Ja, wegen Sylt .« Ihre Freundin atmete hörbar durch die Nase ein. »Lydia hat . Also, es gab ein Missverständnis mit dem Hotel. Es ist ausgebucht.«
Scarlett seufzte. »Das schöne Hotel mit dem Indoorpool und der Wellness-Abteilung?«
»Ja. Leider. Anscheinend hat man dort Lydias E-Mail nicht erhalten. Und alle anderen Hotels sind auch belegt. Deshalb findet unser Retreat jetzt einfach nicht auf Sylt statt, sondern auf Schroffenige. Aber Hauptsache Insel, oder? Haha!« Karins Lachen klang ein bisschen unbehaglich. »Du, das wird ganz toll«, versicherte sie dann betont munter. »Das Hotel hat ein Reetdach, einen super Gymnastikraum, und wir haben es wohl fast für uns allein. Das ist doch viel besser als Sylt, wo alle im Frühling schon mal schnell ein bisschen Sonnenbräune vor dem Sommer tanken wollen. Und sag jetzt bitte nicht, dass du abspringst«, fügte sie hastig hinzu. »Weil . Scarlett, ich brauche dich für die Mindestteilnehmerzahl. Zwei haben schon storniert.«
»Ach, das ist ja nicht so schön, dass wir schon zwei weniger sind.« Scarlett kratzte sich am Kopf und schaute noch einmal auf ihren Bildschirm. Der war inzwischen komplett schwarz. Vielleicht war die Sanduhr müde geworden? »Aber sag mal, wo ist denn Schroffenige?«
Karin überging ihre Frage. »Wir machen uns das trotzdem schön, versprochen«, beteuerte sie. »Dann wird es eben ein bisschen kuscheliger und die Gruppe kleiner, aber Scarlett, wenn das mein neues berufliches Standbein werden soll, dann brauche ich diese Reise . Ich bin so froh, dass Lydia mir die Chance gibt, das Retreat mit ihr zusammen zu leiten. Niemand engagiert einen Wellness-Coach, der solche Kurse nicht im Portfolio hat. Du, warte mal kurz, ich glaube, da draußen steht der Paketbote.«
»Sicher.« Scarlett beugte sich vor und ließ den Finger über dem Powerknopf ihres Rechners kreisen. War er jetzt abgestürzt? Sollte sie ihn einfach ausschalten? Sie legte den Finger auf den Button und zog ihn hastig zurück, als der Computer laut piepte. Zack. Der Statusbalken war wieder auf den Anfang zurückgekehrt, dafür drehte sich die Sanduhr jetzt ruhiger.
Wellness-Coach. Karin hatte jetzt schon so lange nicht mehr gearbeitet, dass sich auch Scarlett nur schwer vorstellen konnte, wie ihre Freundin je wieder ins Controlling zurückfinden sollte. Erneut kratzte sie sich am Kopf. »Und sonst, wie geht es dir sonst?«, erkundigte sie sich, nachdem Karin wieder in der Leitung war.
»Nicht dieser mitleidige Ton, bitte.« Karin lachte laut und nicht besonders fröhlich. »Ich bin sehr glücklich als Single und genieße meine Freiheit. Bert ist frei, ich bin frei und .«, ihre Stimme zitterte, ». und die Frau, mit der er jetzt zusammenwohnt, ist frei, und alle sind frei.«
Scarlett hörte, dass ihre Freundin ein Schluchzen unterdrückte. »Du, Karin, du musst das nicht so schnell wegstecken. Das erwartet niemand von dir. Wie lange wart ihr zusammen? Achtzehn Jahre?«
»Seit der Uni. Dieses Jahr wären es zwanzig Jahre. Zwanzig Jahre, kannst du dir das vorstellen?«
Unwillkürlich schüttelte Scarlett den Kopf, auch wenn ihre Freundin sie nicht sehen konnte. Nein, das konnte sie sich tatsächlich nicht vorstellen. Und Bert offenbar auch nicht, denn er hatte sich vor drei Wochen von Karin getrennt und war zu der Frau gezogen, mit der er seit ein paar Monaten eine Affäre hatte. Das erwähnte sie aber jetzt lieber nicht.
»Und weißt du, was richtig schlimm ist?« Karin sprach jetzt ganz leise - so als würde jemand mithören, dabei saß sie doch wahrscheinlich mutterseelenallein auf der weißen Designercouch in ihrem großen Wohnzimmer in Lerchesberg mit Blick auf den Wald. »So richtig schlimm ist, dass alle denken, ich wäre eine schlechte Ehefrau gewesen, ich hätte irgendwie versagt, ich . ich wäre nicht gut genug im Bett oder so.«
»Niemand denkt das«, widersprach Scarlett rasch.
»Ich weiß, dass du das nicht denkst, du kennst das ja. Verlassenwerden und so, meine ich. Davon kannst du ja ebenfalls ein Liedchen singen. Ach, ist auch egal. Bert ist Bert und Bert ist weg. Fertig.« Sie räusperte sich.
Scarlett ignorierte Karins Anspielung auf ihre vergangenen Beziehungen. Jetzt war weder die Zeit noch der Ort, um das zu thematisieren. »Und was passiert mit dem Haus? Habt ihr...
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