2 Tauchmedizin
2.1 Gewebearten
Der menschliche Körper besteht aus verschiedenen Bestandteilen. Zusammenschlüsse von Zellen gleichen Aufbaus und gleicher Form zum Zweck einer bestimmten Funktion werden Gewebe genannt. Für das Tauchen ist die Kenntnis der Gewebearten wichtig, weil in diesen je nach Art und Durchblutung unterschiedlich schnell Stickstoff gelöst wird. Der Vorgang der Sättigung und Entsättigung ist davon abhängig, und daher werden langsame und schnelle Gewebe unterschieden. Die menschlichen Gewebe sind jedoch von den in den Dekompressionsmodellen rechnerisch verwendeten Geweben zu unterscheiden, die durch eine bestimmte Halbsättigungszeit charakterisiert sind.
Zu unterscheiden sind folgende Gewebe:
- Epithelgewebe stellen die äußere oder innere auskleidende Oberfläche eines Körperteils oder Organs dar.
- Nervengewebe weisen aufgrund des hohen Fettgehaltes eine vielfach höhere Stickstofflöslichkeit als andere Gewebe auf. Es wird unterschieden zwischen dem zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und dem peripheren Nervensystem. Die peripheren Nerven dienen der Erregungsleitung zwischen den Nervenendigungen und Sinnesorganen an das Gehirn und vom Gehirn und Rückenmark an die Muskulatur.
- Binde- und Stützgewebe können straff (Sehnen) oder starr (Knochen) sein und sind wegen der schlechteren Durchblutung eher als langsam einzustufen.
- Muskelgewebe bewegen einerseits das Skelett und sind andererseits die Gewebe des Herzens und andere Organe. Die Muskulatur ist gut durchblutet und zählt daher zu den schnellen Geweben.
- Blut macht etwa 8 % des Körpergewichtes aus und besteht aus dem Blutplasma sowie den Blutzellen. Zu den Blutzellen gehören
- die etwa 8 µm (0,008 mm) großen roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die mit dem roten Blutfarbstoff Hämoglobin den wesentlichen Anteil des Sauerstofftransportes in chemisch gebundener Form übernehmen,
- die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die Fremdkörper aufnehmen können und so bei Abwehrvorgängen, insbesondere auch bei Entzündungen, entscheidenden Anteil haben,
- die Blutplättchen (Thrombozyten), die an der Blutgerinnung mitwirken.
2.2 Anatomie und Physiologie des Herz-Kreislauf-Systems
Das Herz- und Kreislaufsystem des Menschen ist ein geschlossenes und über den gesamten Körper verzweigtes Organsystem.
Es besteht aus
- Herz,
- Arterien, Haargefäßen (Kapillaren) und Venen.
Das Herz-Kreislauf-System transportiert das Blut von der sauerstoffaufnehmenden Lunge zu den Organen und ist für den Nährstoffaustausch, den Gasaustausch und den Austausch von Botenstoffen (Hormonen) verantwortlich. Die Zusammensetzung des Blutes wiederum garantiert ein Gleichgewicht des Säure-Basen-Haushalts, der Blutsalze und des Botenstoffaustausches aller Organe. Weitere Aufgaben sind die Temperaturregulation über die Hautblutgefäße und der Transport von Abwehrzellen (weiße Blutkörperchen) und Blutplättchen zur Blutgerinnung.
Aufbau des Herzens und des Blutkreislaufs
Das Herz ist das zentrale Kreislauforgan. Es besteht aus der rechten Herzhälfte, die den Lungenkreislauf versorgt, und der linken Herzhälfte, die das Blut in den Körperkreislauf und insbesondere auch zum Gehirn pumpt. Beide Herzhälften bestehen aus einer Vorkammer und einer Hauptkammer. Herzmuskelzellen ermöglichen das rhythmische Zusammenziehen der Herzkammern und sind für die Erregungsleitung innerhalb des Herzens über bestimmte Leitungsbahnen geprägt. Das Herz wird umgeben vom Herzbeutel, der eine feste, nicht dehnbare Hülle darstellt und als »Ölwanne« eine möglichst reibungslose Arbeit ermöglicht. Die Durchblutung des Herzens erfolgt über die Herzkranzgefäße.
Herz-Aufbau Das Herz arbeitet als Saug- und Druckpumpe mithilfe von Ventilen, den Herzklappen. Bei jedem Herzschlag wird aus der linken Herzkammer eine Blutmenge von etwa 60-80 ml in die große Körperschlagader (Aorta) ausgeworfen. Ein Zurückfließen des Blutes wird durch die Aortenklappe verhindert. Das pro Minute geförderte Blutvolumen wird als Herz-Zeit-Volumen bezeichnet (korrekt: Volumen/Zeit, vgl. »Stundenkilometer«).
Eine Herzschlagfolge von 60 Schlägen pro Minute (ein Herzschlag pro Sekunde) mit einem Schlagvolumen von 80 ml bedeutet ein Herz-Zeit-Volumen von 60/min 80 ml = 4.800 ml/min. Auf einen Tag hochgerechnet, ergibt das eine durchschnittliche Pumpleistung des Herzens von knapp 6.000 Litern/24 Stunden. Von der großen Körperschlagader (Aorta) aus wird das sauerstoffhaltige arterielle Blut über die Arterien den Körperorganen zugeführt. Als Arterien werden die Blutgefäße bezeichnet, die vom Herzen wegführen. Die Verteilung und die Regelung der Blutzufuhr erfolgt entsprechend dem Bedarf, z. B. zur Muskulatur bei körperlicher Belastung, zu den Eingeweideorganen bei den Mahlzeiten und in gleichmäßigem Fluss zum Gehirn.
In den Geweben und Organen des Körpers verzweigt sich das Blutgefäßsystem in kleinste Haargefäße (Kapillaren), die aufgrund ihres Aufbaus den Austausch von Sauerstoff, Kohlendioxid, Nährstoffen und Hormonen ermöglichen. Die Kapillaren führen das Blut zurück zu kleinsten Venen bis hin zur oberen und zur unteren Hohlvene, die gemeinsam in den rechten Herzvorhof münden. Als Venen werden die Blutgefäße bezeichnet, die zum Herzen hinführen.
Blutkreislauf Der Blutstrom wird mit dem sauerstoffarmen Blut aus dem gesamten Körperkreislauf vom rechten Vorhof in die rechte Herzkammer geleitet. Bei der gleichzeitig mit der Kontraktion der linken Herzkammer erfolgenden Kontraktion der rechten Herzkammer wird das Blut in den Lungenkreislauf gepumpt. In den Lungenarterien ist der Blutdruck deutlich niedriger als im Körperkreislauf. Die Haargefäße der Lunge umspannen die Lungenbläschen und ermöglichen so den Gasaustausch: Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe. Das sauerstoffreiche Blut fließt in den Lungenvenen zusammen und mündet aus beiden Lungenhälften in den linken Herzvorhof - der Kreislauf ist geschlossen.
Arbeitsweise des Herzens
Das Herz hat einen Vierkammer-Aufbau: linker Herzvorhof, linke Herzkammer, rechter Herzvorhof und rechte Herzkammer. Die Herzklappen zwischen den Vorhöfen und den Kammern verhindern einen Rückfluss des Blutes in der Auswurfphase der Kammern in die Herzvorhöfe. Die Aortenklappe und die Pulmonalklappe verhindern jeweils den Blutrückfluss in den großen Körperkreislauf (Aortenklappe) bzw. in den Lungenkreislauf (Pulmonalklappe).
Der große (Körper-)Kreislauf hat einen hohen Blutdruck, der kleine (Lungen-) Kreislauf hat einen niedrigen Blutdruck. Die Drucktrennung zwischen den Herzkammern und den Herzvorhöfen wird ermöglicht durch die Vorhofscheidewand und die Kammerscheidewand.
Blutfluss im Herzen Während der Entwicklung des Menschen in der vorgeburtlichen Phase ist der Lungenkreislauf »kurzgeschaltet«, weil die Lunge nicht belüftet ist. Dieser Kurzschluss (Shunt) erfolgt über ein »Loch« in der Vorhofscheidewand, das Foramen ovale, ein Kulissenventil. Nach dem ersten Atemzug nach der Geburt wird diese Kurzschlussverbindung nicht mehr benötigt und schließt sich. Bei einem Drittel der Menschen kann eine schlitzförmige Öffnung verbleiben (ein sogenanntes offenes oder persistierendes Foramen ovale, PFO).
Das Herz schlägt zwischen 60- und 80-mal pro Minute, dies nennt man die Herzfrequenz. Bedarfsangepasst kann sie bei Gesunden bis auf nahezu 200 Schläge pro Minute ansteigen oder in Ruhe bis auf 40 Schläge pro Minute absinken. Die Herzfrequenz wird gesteuert vom vegetativen Nervensystem und unterliegt Einflüssen durch die Körpertemperatur, durch körperliche und seelische Belastung sowie durch verschiedene Krankheiten, z. B. der Schilddrüse.
Gefäße des Körpers: Arterien und Venen
Der Blutdruck in den Gefäßen ist ein physikalisch messbarer Druck, der durch die Pumpleistung des Herzens und die Wandspannung der Gefäße entsteht. Der arterielle Blutdruck wird in den Körperschlagadern (Arterien) gemessen. Er kann durch Veränderung der Wandspannung der Gefäße aufgrund verschiedener Faktoren gesenkt bzw. erhöht werden. Hierzu sind die Arterien mit einer Muskelschicht umgeben, über die der Querschnitt der Gefäße verändert werden kann....