2 Freiwilligenarbeit in Non-Profit-Organisationen
Freiwilligenarbeit tritt in Non-Profit-Organisationen auf unterschiedliche Art und Weisen in Erscheinung und hat sich die letzten Jahre stark verändert. Um Freiwilligenarbeit für die Masterarbeit zu ergründen, bedarf es vorerst eines definierten Rahmens, um eine gemeinsame Basis des Verständnisses zu schaffen, ehe in diesem Kapitel der Übergang zu Non-Profit-Organisationen, den Beschäftigungsarten von Freiwilligenarbeit, den Freiwilligen und zu generationenspezifischen Motivationsausprägungen gefunden wird. Um eine Simplifizierung unterschiedlicher Bezeichnungen zu erlangen, sollte daher der Kern einer freiwilligen Beschäftigung herausgearbeitet werden. Ob Ehrenamt, Freiwilligenarbeit, freiwilliges Engagement, oder Freiwilligentätigkeit, am Ende meinen alle dasselbe: Eine nicht-monetäre und auf Freiwilligkeit basierende Tätigkeit (Han-Broich, 2012, S. 65). Der Begriff Freiwilligenarbeit hat sich indessen durchgesetzt (Han-Broich, 2012, S. 67) und wird deshalb folglich in Verwendung sein. Die Definition der Masterarbeit orientiert sich derweil an More-Hollerweger und Sparjcer, die die folgenden Kriterien für die Bezeichnung einer Freiwilligenarbeit herausfiltern konnten (More-Hollerweger & Sparjcer, 2009, S. 12):
Eine Tätigkeit muss auf freiwilliger Basis erfolgen.
Eine Tätigkeit muss unbezahlt verrichtet werden.
Eine Tätigkeit muss dem Gemeinwohl dienen.
Zudem geschieht eine Unterscheidung zwischen formeller und informeller Freiwilligenarbeit (More-Hollerweger & Sparjcer, 2009, S. 6). Formell meint dabei das Engagement innerhalb eines institutionellen Rahmens, informell eine Freiwilligentätigkeit außerhalb einer offiziellen Konstitution.
Freiwilligenarbeit versucht gesellschaftliche Probleme zu lösen und geschieht im institutionellen Rahmen von NPOs (Bierhoff, 2012, S. 36). Tätigkeiten in der Freiwilligenarbeit reichen von Betreuung von Pflegebedürftigen und der Katastrophenhilfe, über Nachhilfestunden, bis hin zur Flüchtlingshilfe (Österreichischer Integrationsfonds, 2021, S. 3). Zelko hat indessen eine spezifischere Unterteilung von Freiwilligenarbeit getroffen und ordnet Freiwilligenarbeit nach Kontexten zu:
Freiwilligenarbeit im sozialen Kontext: Unterstützung sozialbenachteiligter bzw. schwacher Personen.
Freiwilligenarbeit im Kontext von Events: Unterstützung bei V eranstaltungen.
Freiwilligenarbeit im Kontext der Umwelt: Sensibilisieren von Umweltthemen durch z. B abgehaltene Kurse sowie direkte Hilfeleistung ("Hands on") im Naturschutz.
Freiwilligenarbeit im Kontext der Geldgeber: Spende.
Freiwilligenarbeit im Kontext der Medien: Gestaltung von Social Media, Journalismus.
Freiwilligenarbeit im Kontext der Medizin: Unterstützung im Krankenhaus, Übernahme unterstützender Tätigkeiten für medizinisches Personal.
Freiwilligenarbeit im Kontext der Nation: Unterstützung bei Siegesparaden, etc.
Freiwilligenarbeit im Kontext der Wirtschaft - Corporate Volunteering: Freiwilligenarbeit für interne Mitarbeiterinnen, die in Verbindung mit Freiwilligenorganisationen an freiwilligen Aktivitäten teilnehmen möchten.
Freiwilligenarbeit im Kontext der öffentlichen Sicherheit: Unterstützung bei Umweltthemen, beispielsweise dem Sammeln, Sortieren und Versenden humanitärer Hilfe (Fundraising).
Freiwilligenarbeit im Kontext der Suche und Rettung: Partizipation in der Suche von verlorenen oder vermissten Personen.
Freiwilligenarbeit im Kontext des Internets - Online-Freiwilligenarbeit: Freiwilligenarbeit unter Verwendung des Internets/ von Informationstechnologien.
(Zelko, 2020, S. 28 f.)
Die positiven Effekte von Freiwilligenengagement sind weitläufig, so verstärkt Freiwilligenarbeit politische Aktivitäten und verbessert die Physis und Psyche des Menschen (Wilson, 2000, S. 231-233). Zuzüglich spricht man ihr das Potenzial zu, der "soziale Kitt" unserer Gesellschaft zu sein (Bucher, 2016), so birgt Freiwilligenarbeit das Potenzial, vermehrt Menschen in unbekannte Zielländer zu locken, bildungsfördernd in Erscheinung zu treten, einen produktiven Dialog zwischen verschiedenen Kulturen anzuregen und die generelle Arbeitskraft von Organisationen und Ländern zu stärken (Bargemann et al., 2016, S. 2 f., 12 f.). Dass Freiwilligenarbeit in einem Wandel ist, wird daran konstatiert, dass Akteure im Freiwilligensektor nicht mehr um sich selbst bzw. um den Nutzen von Freiwilligen kreisen, sondern sich zunehmend damit beschäftigen müssen, "was zu tun sei, um das Engagement der Menschen zu stärken bzw. zu fördern" (Beher et al., 2000, S. 21 f.), denn Freiwillige engagieren sich nur noch, wenn ihre persönlichen Interessen in der Freiwilligentätigkeit gedeckt sind (More-Hollerweger 2014, S. 307). Insbesondere jungen Menschen ist der Entfaltungsaspekt und Erfahrungszuwachs wichtig (Albert et al. 2016, S. 244; Gensicke, 2010, S. 226; Gensicke, 2006, S. 14). NPOs müssen deshalb, um junge Freiwillige zu erreichen, etwas bieten können; damit wurde die institutionelle Einseitigkeit des Interesses an Freiwilligenarbeit aufgelöst, und NPOs stehen nunmehr mit Freiwilligen in einer nicht-monetären Tauschbeziehung (Goeke, 2016, S. 117).
2.1 Non-Profit-Organisation (NPO)
"Die Rolle des Non-Profit-Sektors als institutioneller Beitrag zum Aufbau einer lebensfähigen demokratischen Gesellschaft ist ein Thema, das permanente Aufmerksamkeit erfordert"(Van Til, 2004, S. 59). NPOs bilden für die Gesellschaft das Gegengewicht zum Staat ab und verfolgen einen gesellschaftlichen Impact (Casey, 2016, S. 189). Dabei ist die Bandbreite von NPOs weitreichend, angefangen von bekannten Schwergewichten mit tausenden von Mitarbeiter*innen und großen finanziellen Beständen, bis hin zu kleinen spezialisierten und/oder ideologischen Nischenorganisationen (Casey, 2016, S. 189). Die Begrifflichkeit der NPO ist problematisch und suchte vergeblich nach Ausweichmöglichkeiten, darunter Freiwilligenorganisation, Zivilgesellschaftliche Organisation oder Nichtregierungsorganisation (NGO), die am Ende jedoch keinen Mehrwert zu der eigentlichen Begrifflichkeit hinzufügten und nur Teilaspekte beschreiben (Meyer & Simsa, 2013, S. 5 f.). Salamon und Anheier legten indessen bestimmte Kriterien für NPOs fest, die erfüllt werden müssen, damit Organisation unter diese Kategorie fallen. Nach ihnen muss eine NPO eine formale Struktur aufweisen, gemeint ist eine rechtlich offizielle Organisationsform, als auch, jegliche informelle Zusammenschlüsse ausschließen. Des Weiteren muss sie privater Natur sein - falls der Staat in der Organisation involviert ist, muss die Organisation größtenteils außerhalb staatlichen Besitzes sein, um als NPO zu gelten. Demzufolge ist eine Autarkie der NPO ein Leitkriterium, worunter Entscheidungsautonomie fällt. Weitere Kernkriterien sind die nicht-gewinnorientierte Organisationsform sowie das Fundament der Freiwilligenarbeit bzw. die Partizipation von Freiwilligen (Salamon & Anheier, 1992, S. 11 f.). Die Masterarbeit orientiert sich an dieser Definition.
Warum es wichtig ist, dass Non-Profit Organisationen durch die Rekrutierung von Freiwilligen ihren Erhalt sichern, zeigt die Relevanz dieser Organisationsform. Non-Profit-Organisationen ermöglichen gesellschaftliche Akzeptanz für Diversität, dieser Beitrag ist besonders wichtig für das friedliche Zusammenleben verschiedener Religionen innerhalb einer Gesellschaft (Hammack, 2002, S. 1640). Außerdem gelten NPOs als Quell wichtiger Anstöße, die vom Staat keine Unterstützung erhalten. Missionen der NPOs können daher als Unternehmung des Volkes verstanden werden (Casey, 2016, S. 188). Darüber hinaus sind NPOs ein wichtiger Arbeitgeber. Im Jahr 2000 zählten NPOs in den Vereinigten Staaten zwischen 8 und 10 % aller Beschäftigten (Hammack, 2002, S. 1662) und auch der Non-Profit-Employment Report aus dem Jahr 2019 untermauert, dass der Non-Profit-Sektor der drittgrößte Arbeitgeber der Vereinigten Staaten ist (Salamon & Newhouse, 2019, S. 5). Im Grunde genommen profitieren verschiedene Akteure von NPOs und sind daher an deren Existenz interessiert. Während Regierungen als Nutznießer NPOs für eigene Interessen benutzen, erfüllt die Wirtschaft durch Unterstützung von NPOs das Dogma der sozialen Verantwortung, (Casey, 2016, S. 188) auf allen Seiten ergibt sich daraus eine Win-Win-Situation. NPOs könnten durch diese Wechselseitigkeit an (personelle) Ressourcen wie Freiwillige gelangen, in dem sie Kooperationen mit ihren Förderern schließen. Denn die Krise der Erwartungen, wie sie von Williams genannt wurde, stellt NPOs bis heute vor einer der großen...