1. Warum Bibelstunden heute relevant sind
Dieses Handbuch entstand aus rund 50 Jahren praktischer Erfahrung in der Bibelarbeit. Bevor wir uns in die Details vertiefen, klären wir eine grundlegende Frage: Warum sind Bibelstunden heute eigentlich noch relevant?
Vielleicht denkst du: "In unserer digitalen, säkular geprägten Welt - braucht es das wirklich noch?" Die Antwort ist ein klares Ja! Bibelarbeit war von Anfang an Teil der christlichen Mission. Ein Blick auf ihre Geschichte macht dies deutlich.
Wie Bibelarbeit entstand
Jesus war von den Toten auferstanden. Die Jünger konnten es zunächst nicht glauben. Ängstlich versteckten sie sich, verzweifelt über Jesu vermeintliches Verlassen. Da erschien ihnen Jesus. Sie meinten zunächst, er sei ein Geist. Als er ihnen die Kreuzeszeichen zeigte und mit ihnen aß, erkannten sie den wahren Jesus. Was tat er als Nächstes mit den staunenden Jüngern?
Er hielt ihnen eine Bibelstunde über die messianischen Prophezeiungen im Alten Testament. Beginnend bei Mose und den Propheten zeigte er ihnen, was über ihn geschrieben stand. Die Jünger verstanden erstmals richtig, wozu Jesus gekommen war. Die Bibelstunde machte den entscheidenden Unterschied (Lukas 24,44-48).
Danach sagte er ihnen: "Jetzt beginnt ihr selbst mit Bibelarbeit. Startet in Jerusalem und geht zu allen Völkern. Zeigt allen Menschen, was über mich geschrieben steht und wie man Vergebung und Erlösung erfährt. Ihr habt es selbst gesehen - ihr seid Zeugen. Ich gebe euch den Heiligen Geist, der eure Worte mit Kraft ausrüstet. Betet, bis ihr mit dem Heiligen Geist getauft seid. Dann legt los!"
Die erste Bibelstundenbewegung
Die erste Bibelstunden-Bewegung begann zu Pfingsten, als der Heilige Geist ausgegossen wurde. Die Apostel verkündeten das Evangelium im ganzen Römischen Reich. Überall, wo Menschen Bibelstunden erhielten, berührte Gottes Wort ihre Herzen. Tausende bekehrten sich.
Der Apostel Paulus schrieb dazu: "Der Glaube kommt aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi" (Römer 10,17). "Ihr Schall ist in alle Lande ausgegangen und ihr Wort bis an die Enden der Welt" (Psalm 19,5).
Von der Bibelstunde zur Predigtstunde
Mit der Zeit veränderte sich die Verkündigung:
- Aus Bibelstunden wurden Predigtstunden.
- Statt Fragen und Antworten gab es lange Vorträge.
- Die Zuhörer wurden passiv.
Im Mittelalter wurde es sogar verboten, ohne kirchliche Ausbildung zu predigen und später auch, die Bibel zu besitzen. Die ursprüngliche Bibelstunden-Bewegung starb aus.
Die Reformation und Adventbewegung
Durch die Reformation wurde die Bibel in die Alltagssprache übersetzt und wieder gelesen. Aber die Verkündigung blieb auf das Predigen in Kirchen konzentriert.
Im 19. Jahrhundert begann die Adventerweckung durch die Miller-Bewegung. Die ersten Adventisten versammelten sich wie andere Kirchen zu großen Zeltversammlungen und hörten die prophetischen Predigten von William Miller und seinen Mitstreitern. Gott segnete sie mit einer großen Advent-Erweckung.
Der Regen, der alles veränderte
Eines Tages regnete es während einer Zeltversammlung so stark, dass niemand den Redner verstehen konnte. Es gab noch keine Lautsprecher - was nun? Die Organisatoren hatten eine Idee:
- Die Zuhörer setzten sich in kleine Gruppen.
- Jede Gruppe erhielt ein Blatt mit Bibeltexten und Fragen.
- Die Aufgabe: Die Fragen mithilfe der Bibel gemeinsam beantworten
Die Teilnehmer waren begeistert! Sie wollten mehr davon.
Diese einfachen Bibelstudien funktionierten so gut, dass sie zum festen Bestandteil der Bewegung wurden. Später druckten die Adventisten das Buch "Bibellesungen für den Familienkreis", Bibelstunden in Frage-und-Antwort-Form zu vielen Themen. Später wurden Bibelfernkurse entwickelt. Bibelstudieninstitute entstanden in vielen Sprachen. Künstler gestalteten Bilder, um komplexe Themen zu veranschaulichen.
Bibelstunden als Herzstück der Mission
Seitdem sind Bibelstunden ein zentrales Merkmal adventistischer Missionsarbeit:
Denn eines ist klar: Ohne Bibelstunden keine Taufen.
Ohne Bibelstunden kein Wachstum.
Ohne Bibelstunden keine funktionierende Mission.
Der Apostel Paulus praktizierte bei der Gründung der Gemeinde Ephesus ebenfalls Bibelarbeit in Häusern. Beim Abschied sagte er den Ältesten: "Ich habe euch nichts vorenthalten, was nützlich ist, dass ich's euch nicht verkündigt und gelehrt hätte, öffentlich und in den Häusern, und habe Juden und Griechen bezeugt die Umkehr zu Gott und den Glauben an unsern Herrn Jesus" (Apostelgeschichte 20,18-21).
Was ist eine adventistische Bibelstunde?
Eine systematische, adventistische Bibelstunde ist ein zielgerichtetes, aufbauendes Lehrgespräch über zentrale biblische Glaubenswahrheiten mit einer oder mehreren Personen, die das Wort Gottes besser verstehen und eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus aufbauen möchten, mit dem klaren Ziel, zu einer verbindlichen Entscheidung für Christus, zur Taufe und zur Jüngerschaft in der Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten zu führen.
Kernmerkmale:
- Systematisch: Die Themen bauen logisch und theologisch aufeinander auf und behandeln alle wesentlichen biblischen Grundlehren.
- Zielorientiert: Die Bibelstunde verfolgt das Ziel, das ewige Evangelium (Offenbarung 14) zu vermitteln und dadurch Menschen zur Entscheidung zu führen, Jesus als Erlöser anzunehmen, sich taufen zu lassen und in die Gemeinde integriert zu werden, um schließlich selber zu lernen, seinen Glauben zu bezeugen und Bibelstunden zu erteilen.
- Beziehungsorientiert: Es geht nicht nur um Wissensvermittlung, sondern auch um geistliche Begleitung, Gebet, Vertrauen und Wachstum im Glauben.
- Adventistisch geprägt: Zentrale adventistische Lehren (z.?B. Sabbat, Gericht, Wiederkunft, Heiligtum, Gesundheitsbotschaft, Gemeinde der Übrigen) werden biblisch fundiert vermittelt.
Was keine systematische Bibelstunde ist.
1. Bibelseminar:
Ein Bibelseminar ist meist eine öffentliche Veranstaltung mit Vorträgen oder interaktivem Austausch zu biblischen Themen, die dem Kennenlernen, der Orientierung oder der Horizonterweiterung dient. Es fehlt oft die persönliche Begleitung oder die systematische Taufvorbereitung.
2. Sozialer Hauskreis:
Ein Hauskreis ist in der Regel gemeinschaftlich orientiert. Hier geht es um Austausch, Gebet, Gemeinschaft, Ermutigung und geistliches Leben. Der Fokus liegt nicht auf systematischer Lehre oder Taufvorbereitung.
3. Spontanes Bibelgespräch:
Ein spontanes Bibelgespräch kann tiefgründig und inspirierend sein, ist aber meist anlassbezogen und nicht strukturiert. Es fehlt die Beständigkeit und Zielausrichtung einer regelmäßigen Bibelstunde.
4. Persönliches Zeugnis oder Seelsorgegespräch:
Diese Gespräche können ein Türöffner sein, doch sie sind in der Regel nicht Teil eines methodisch aufgebauten Unterrichtsprozesses.
Zusammengefasst: Eine systematische Bibelstunde ist kein loses Gespräch über die Bibel, sondern ein geistlicher Weg mit einem klaren Ziel: Entscheidung, Taufe, Nachfolge, Multiplikation.
Die Sehnsucht unserer Zeit
Wir leben in einer Zeit beispielloser technischer Möglichkeiten, und doch war die Sehnsucht nach echten Antworten auf die großen Lebensfragen nie größer. In unserer digitalen Welt sehnen sich Menschen nach echter, persönlicher Begegnung. Bibelarbeit bietet genau das:
- Echte Beziehungen statt anonymer Masse
- Persönliche Aufmerksamkeit statt allgemeiner Predigt
- Persönlicher Austausch statt Monolog
- Individuelle Fragen, statt pauschale Antworten
- Vertrauen und Glauben statt Ängste und Misstrauen
- Geistliche Reife in Zeiten der Krise
Das Emmaus-Prinzip
Jesus selbst gab uns das Vorbild für effektive Bibelarbeit. Als er mit den Jüngern nach Emmaus ging, "erklärte er ihnen in allen Schriften, was von ihm geschrieben steht" (Lukas 24,27).
Was machte Jesus?
- Er ging mit ihnen (Beziehung)
- Er hörte ihre Fragen (Interesse an der Person).
- Er erklärte die Schrift (fundierte Bibellehre).
- Er entzündete ihre Herzen (Begeisterung).
- Sie handelten sofort (Veränderung).
Warum gerade heute?
1. Die säkulare Herausforderung
Säkularismus ist heute weit verbreitet. Sie fördert das aktive Streben nach rein materiellen Werten oder eine Weltanschauung, die Gott ablehnt. Menschen leben nach dem Motto "Lebe jetzt!" und meinen: "Genieße das Leben in vollen Zügen!" Aber gerade diese Menschen haben oft tiefe Bedürfnisse wie zum Beispiel:
- Bessere Gesundheit (Rauchen aufgeben, Stress reduzieren)
- Glückliche Beziehungen
- Sinn im Beruf
- Echte Freundschaft
- Vergebung und inneren Frieden
Hier setzt Bibelarbeit an! Sie zeigt die Hoffnungslosigkeit ohne Gott und die große Freude, in seinen Händen geborgen zu sein.
2. Die Vielfalt der Menschen
Verschiedene Menschen...