Schweitzer Fachinformationen
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«Engagiert Euch!» Anfang des 21. Jahrhunderts wandte sich Stéphane Hessel (1917-2013) zum zweiten Mal in einem Manifest an die Jugend. Mit «Empört Euch!» hatte der 93-jährige Diplomat und ehemalige Widerstandskämpfer schon kurz zuvor Furore gemacht. Diesmal ging es um seine Vorstellung eines engagierten Lebens. «Wir müssen handeln!», ruft er der Jugend zu, «. mit den Mitteln der Demokratie. Dazu gehört persönliches Engagement im Kleinen und dafür brauchen wir eines - den Glauben daran, dass unser bürgerliches Engagement die Welt verändern kann.»
Im hier vorliegenden Manifest heisst es heute: «Emanzipiert euch!» Gerichtet ist der Aufruf an die Jugend, an Junggebliebene, an politisch Engagierte und neugierige Leser*innen. Er ist so zu verstehen:
Überdenkt, was heute den Alltag prägt!
Fragt nach dem Sinn eures Tuns!
Befreit euch von der einlullenden Tagesroutine!
Konzentriert euch auf die unter dem Deckel gehaltenen politischen «Baustellen»!
Entlarvt Lobbyisten aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik!
Fordert Transparenz in «geheimen» Vorgängen!
Schafft Voraussetzungen für eine politische Zukunfts-Strategiefindung!
Helft mit, die Schweiz zu reformieren!
Stärkt unsere Demokratie!
Handelt!
Emanzipiert euch!
An dieser Stelle ist der dänische Wissenschaftsjournalist Tor Nørretranders und sein spannendes Buch «Spüre die Welt - Die Wissenschaft des Bewusstseins» zu erwähnen. Darin argumentiert Nørretranders in Hinsicht auf eine emergente Politik: «Die emergente Politik besteht nicht darin, den Dingen ihren Lauf zu lassen, sondern das zu tun, woran man glaubt und wobei man ein gutes Gefühl hat, auch wenn es völlig nutzlos erscheint. Sie besteht darin, etwas zu tun, das nach der eigenen Überzeugung gut ist für einen selbst und für das persönliche Umfeld, auch wenn es naiv erscheint. Emergente Politik bedeutet Naivität zu akzeptieren, aber nicht Passivität [.] das Wichtigste ist, dass man überhaupt etwas tut.» Mit emergent bezeichnet Nørretranders Prozesse, die durch Zusammenwirken mehrerer Faktoren unerwartet neu auftretende Eigenschaften entstehen lassen.
Dieses Buch entstand in den Coronajahren 2020/2021. Abrupt wurden die Bevölkerungen weltweit aus dem Alltagstrott gerissen. Gefahr drohte. Aus «Schlafwandlern» wurden wache, aufmerksame, auch verunsicherte Menschen.
Ich habe meine Notizen zur Gegenwart in den letzten rund 40 Jahren zweigleisig publiziert: Da sind die 370 Print- und Internet-Kolumnen zu kleinen, kurzfristigen Themen mit politischem Fokus auf überfälligem Reformbedarf; dort die sieben Bücher zu grösseren Herausforderungen unserer Epoche und deren zukünftigen Auswirkungen. Da sind die handfesten Beobachtungen zum Alltag in der Schweiz festgehalten, dort die spekulativen Wahrnehmungen über immer drängendere Manifestationen eines globalen, langfristigen Zeitenwandels.
Unser Land ist zweifellos eine Vorzeige-Demokratie mit sehr gut funktionierenden politischen Abläufen. Doch Abnützungserscheinungen werden sichtbar. Damit wir weiterhin einen Spitzenplatz in diesem Feld besetzen können, sind Reformschritte einzuleiten. Allzu viele Rituale sind erstarrt; Verhaltensweisen von Verantwortlichen lassen eine vergangenheitsorientierte Ausrichtung erkennen, wo doch eine Ausrichtung auf die zukünftigen Herausforderungen einer Welt der Informationstechnik und Künstlichen Intelligenz überfällig wäre. Dazu liefere ich Denkanstösse.
Ich lade Sie zu einem Exkurs in die USA ein. Da seit mindestens 80 Jahren alle neuen Trends aus Amerika alsbald in Europa und damit unserem Land ihre Fortsetzung respektive Nachahmung finden, hier meine explizite Warnung vor dem Trump-Trend. Er ist eine grosse Gefahr für die Demokratie.
Trump-Trend? Traumverkäufer und Netzutopien ergeben eine brandgefährliche Mischung. Wir müssen uns fragen: Wären Leute wie der ehemalige Präsident der USA, Donald Trump, bereit, die Demokratie aufzugeben? Genügen Charisma und sehr grosser Reichtum, um mit einem Lügengeflecht - verbreitet über Facebook oder Twitter - Demokratien buchstäblich aus den Angeln zu heben? Haben wir im Januar 2021 einen makabren Vorgeschmack dessen, was auch uns zukünftig erwarten könnte, serviert bekommen?
Der Sturm des Pöbels am 6. Januar 2021 auf das Capitol in Washington D. C. - nachdem er vom Noch-Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika dazu angestiftet worden war - muss uns beschäftigen.
2005 schon hat Jared Diamond in «Kollaps - Warum Gesellschaften überleben oder untergehen» gewarnt. Sein faszinierendes Buch gibt Antworten aus 3200 Jahren Menschheitsgeschichte. «Immer waren es Klimakatastrophen, Raubbau an der Umwelt, rapides Bevölkerungswachstum, politische Fehleinschätzungen», die zum Untergang führten.
Politische Fehleinschätzungen. Die USA haben uns vorgemacht, wie die Polarisierung der Politik durch Vertreter beider Extrempositionen die Spaltung der Nation nach sich zieht. Diamond plädiert deshalb vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen für den «mittleren Standpunkt» bei wichtigen Streitpunkten in Umwelt-, Wirtschafts- und Politikproblemen.
Populisten verkaufen Träume seit der Antike. Heute, in der unsicheren, von Covid-19 geprägten Postmoderne, profitieren diese modernen Rattenfänger von Hameln von sozialen Medien wie Twitter & Co. Hier ködern sie ihre Nostalgiekunden problemlos - mit Versprechen von einer besseren Welt («Make America great again!»), würde man nur ihrem Erlöser folgen. Auf Trump bezogen heisst das: Nach 56 750 Tweets, davon 20 000 dokumentierter Unwahrheiten («Die Zeit»), endete nach beinahe 12 Jahren der Trump-Trend mit der Sperrung von Trumps Konten durch Twitter und Facebook. Vorläufig.
Grosser Reichtum, viele Millionen, eigene Partei gründen, die Politik kaufen? Bereits drohte Trump mit der Gründung einer neuen Partei, der Trump-Partei. Mitverantwortlich für solche Horrorvorstellungen sind überholte politische Strukturen. In den USA - und in der Schweiz. Damit sind wir beim Hauptthema dieses Buches. In den USA war es das System der Wahlmänner, das es Trump 2017 ermöglichte, überhaupt Präsident zu werden, obwohl seine Gegnerin mehr Volksstimmen erzielte. In der Schweiz ist es das überholte System der Standesstimmen, das eine Volksinitiative bachab schicken kann, auch wenn sie vom Volk angenommen worden ist.
Alle neuen Trends aus Amerika finden alsbald in Europa und damit unserem Land ihre Fortsetzung respektive Nachahmung, schrieb ich weiter oben. Diese Warnung ist mir wichtig genug, sie im Vorwort dieses Buches zu platzieren. Bevor meine eigentliche Geschichte beginnt.
Den Nebel spalten. 2020/2021 wurde hierzulande eine von Millionären/Milliardären finanzierte neue politische Bewegung ins Leben gerufen. Diese übernahm - so hört man - den «Nebelspalter» und gründete dazu die Klarsicht AG, Winterthur (VR-Präsident Konrad Hummler). Mit dem Satiremagazin wollen die Leute, so Markus Somm in der «NZZ am Sonntag», «unabhängig von Christoph Blocher eine bürgerliche Bewegung bilden, die sehr viel Geld hat, eine neue Heimat sucht, weil sie sich von den alten Verbänden nicht mehr angesprochen fühlt».
Der frühere Chefredaktor der «Basler Zeitung», Markus Somm, hat also zu diesem Zweck den guten alten «Nebelspalter» übernommen. 70 Investoren sollen sich am Kapital von sieben Millionen Franken beteiligt haben. Ihr Ziel ist der Aufbau einer elektronischen Plattform mit Schwerpunkt Schweizer Innenpolitik. Der gedruckte «Nebelspalter» soll auch weiterhin erscheinen. Jetzt fragen sich besorgte Leser*innen der ältesten Satirezeitschrift der Schweiz, wohin diese Reise gehen wird.
Im Gespräch mit dem «Tages-Anzeiger» liess Somm im Februar 2021 verlauten, er verstehe sich als liberal-libertär. Da erinnern sich viele daran, wie derselbe Somm vor rund zehn Jahren Chefredaktor der «Basler Zeitung» wurde. Dieses Blatt gehörte Christoph Blocher, wie später publik geworden ist. Jetzt verkündet Somm: «Den braucht es als Gegengewicht zum linksliberalen Mainstream in den Schweizer Medien» («Tages-Anzeiger»).
Das erste Ziel dieser neuen Bewegung ist die Verhinderung des Rahmenvertrags der Schweiz mit der EU. Das haben wir gehört. Ganz nach dem Rezept aus den USA, wo «weisse, alte...
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