Schweitzer Fachinformationen
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Nachdem Hanns Klemm zehn Jahre als Bautechniker tätig war, widmete er sich 1917 im Alter von 32 Jahren einem neuen Tätigkeitsfeld. Klemm bewarb sich im März 1917 auf eine Stellenanzeige der "Luftschiffbau Zeppelin GmbH" in Friedrichshafen, die einen Statiker und Flugzeugkonstrukteur suchte. Klemm wurde Leiter der Versuchsabteilung beim Luftschiffbau Zeppelin in Seemoos am Bodensee unter Claude Dornier, der bei Zeppelin den Versuchsbau von Flugzeugen in Ganzmetallbauweise betrieb. Bei Zeppelin sammelte Klemm erste Erfahrung in der reinen Metallverwendung als Baustoff und im Flugzeugbau. Die Zusammenarbeit zwischen Klemm und Dornier dauerte nur einige Monate. Bereits im August 1917 verließ Hanns Klemm den Luftschiffbau Zeppelin wieder. Über die Stuttgarter Burschenschaft Ghibellinia, in die Klemm während seines Studiums eingetreten war, lernte Hanns Klemm den ebenfalls zu Ghibellinia gehörigen Ernst Heinkel kennen. Heinkel unterhielt in Briest 1917 ein eigenes Flugzeugwerk unter dem Namen Hansa-Brandenburg Flugzeugwerke. Nachdem Hanns Klemm bei Zeppelin erste Erfahrungen im Flugzeugbau sammelte, schlug ihm Ernst Heinkel den Wechsel zu seinem Werk vor, wo Hanns Klemm ab August 1917 als leitender Statiker die Gemischtbauweise im Flugzeugbau kennenlernte.
Hansa Brandenburg WL29 Konstruktionszeichnung vom April 1918 (Wikimedia, gemeinfrei)
Bei Hansa Brandenburg war Klemm als Statiker an der Entwicklung des See-Tiefdeckers Hansa Brandenburg WL29 beteiligt, der zu den ersten statischen Flugzeugentwürfen von Hanns Klemm zählt. Die WL29 flog erstmals im März 1918 und wurde in 78 Exemplaren bei Hansa-Brandenburg bis Kriegsende gebaut.
Klemms Ehefrau Charlotte zog Anfang 1918 zur Niederkunft ihres ersten Kindes aus der Abgeschiedenheit Briests wieder zu ihren Eltern in Stuttgart, wo Tochter Renate am 31. März 1918 geboren wurde. Aus Stuttgart wirkte Charlotte Klemm auf ihren Ehemann Hanns ein, den Familiensitz wieder vom brandenburgischen Briest nach Stuttgart zu verlagern. Hanns Klemm bewarb sich im Februar 1918 bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) in seiner Heimatstadt Stuttgart, wo die Stelle eines leitenden Konstrukteurs ausgeschrieben war. Nach Abschluss der Arbeiten an der Hansa-Brandenburg WL29 wechselte Hanns Klemm im April 1918 zur DMG in das neu errichtete Zweigwerk in Sindelfingen. Die junge Familie bezog ein von der DMG angemietetes Wohnhaus in der Bahnhofstrasse 38 in Sindelfingen. Bei DMG beschäftigte sich Hanns Klemm gemeinsam mit Karl Schopper mit den 1917 begonnenen Versuchsträgern für neue V8-Motore. Unter Klemm entstand bei DMG das Jagdflugzeug Daimler L11 und der Aufklärer Daimler L14. Die Arbeiten kamen wenige Monate nach dem Einstieg von Hanns Klemm im November 1918 durch das Ende des Weltkriegs vollständig zum Erliegen.
Nach der Einstellung des Flugzeugbaus bei der DMG wurde Hanns Klemm 1920 zum Technischen Direktor des KFZ-Produktionsbetriebs der DMG in Sindelfingen ernannt. Er führte gegen den Widerstand der Belegschaft serienbautaugliche Abläufe in den DMG-Produktionsbetrieb ein und beschäftigte sich mit Stromlinien-Rennfahrzeugen und -Lokomotiven.
Privat beschäftigte sich Hanns Klemm in diesen frühen Nachkriegsjahren mit Überlegungen zur möglichen Zukunft des deutschen Luftfahrzeugbaus. Neben den beiden hauptsächlichen Strömungen des kommerziellen Flugzeugbaus für den Luftverkehr und des preisgünstigen Selbstbaus von Segelflugzeugen für den privaten Flugsport entwickelte Hanns Klemm eine dritte Vision des Fliegens, die neben dem privaten Luftsport auch die private Luftreise mit kleinen, sparsamen und kostengünstigen Leichtflugzeugen für Jedermann ermöglichen sollte. Bereits 1919 entwarf Hanns Klemm zu diesem Zweck ein Musterflugzeug, das er in den früheren DMG-Flugzeugwerkstätten unter der Bezeichnung Daimler L15 bauen ließ. Auf Grund der alliierten Beschränkungen des deutschen Flugzeugbaus untersagte die Direktion der DMG jedoch Hanns Klemm 1919 jegliche weitere Beschäftigung mit flugzeugtechnischen Fragestellungen im Rahmen der DMG. Erst nach Lockerung der alliierten Beschränkungen gelang es Klemm 1922 mit einer Denkschrift an die DMG-Direktion, diese von einer Wiederaufnahme des Flugzeugbaus und seiner Idee eines Leichtflugzeugs zu überzeugen.
Gemeinsam mit Martin Schrenk entwickelte Hanns Klemm ab 1922 bei der DMG die 1919 begonnene Daimler L15 zur weltweit ersten brauchbaren Leichtflugzeugkonstruktion weiter. Bis 1924 entstand hieraus das erste serientaugliche Leichtflugzeug Daimler L20, mit dem Schrenk und Klemm beachtliche Erfolge beim Deutschen Rundflug 1925 erzielten und damit das öffentliche Interesse an Leichtflugzeugkonstruktionen nachhaltig weckten. Zu einem Serienbau dieses Flugzeugs bei der DMG kam es allerdings auf Grund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten nach der Hyperinflation von 1923/24 nicht mehr. Nach dem Zusammenschluss mit dem Konkurrenten Benz & Cie traf die Direktion der neu geformten Daimler-Benz A.G. Anfang 1926 die Entscheidung zur Einstellung des Flugzeugbaus. Hanns Klemm übernahm daraufhin wieder die Leitung des Karosseriebaus in Sindelfingen.
Hanns Klemm bemühte sich 1926 um die Rettung des ehemaligen DMG-Flugzeugbaus und seiner Idee vom Leichtflugzeug für Jedermann. Verschiedene Lösungsmöglichkeiten, wie etwa der Aufbau einer Flugzeugbau-Abteilung beim Automobilhersteller Horch, verwarf Hanns Klemm auf Drängen seiner Ehefrau Charlotte. Schließlich erwarb Hanns Klemm mit der Unterstützung von Freunden und Familie 1926 die ehemalige DMG-Flugzeugbauabteilung von der Daimler-Benz A.G. und gründete im Alter von 41 Jahren am 15. Dezember 1926 sein eigenes Flugzeugwerk unter dem Namen "Leichtflugzeugbau Klemm" in Sindelfingen.
Das neue Unternehmen nahm 1927 zunächst im ehemaligen DMG-Flugzeugwerk in Sindelfingen, später dann in eigenen Räumlichkeiten in Böblingen die Serienfertigung von Leichtflugzeugen auf. Gemeinsam mit dem jungen Elektro-Ingenieur Robert Lusser entwickelte Hanns Klemm ab 1927 bei der "Leichtflugzeugbau Klemm GmbH" eine Palette von Leichtflugzeugen. Die aus der Daimler L20 weiterentwickelte Klemm L25 repräsentierte dabei das einfache, kostengünstige Einstiegsflugzeug für Jedermann im Sinne von Hanns Klemm. Der erfolgreiche Wettbewerbsflieger Robert Lusser leitete aus diesem Einstiegsmuster eine Reihe leistungsstärkerer Varianten ab, die die Wettbewerbsfähigkeit der Leichtflugzeuge verbesserte. Bis 1932 entwickelten Klemm und Lusser eine Vielzahl von Leichtflugzeugkonstruktionen, die das gesamte Spektrum der offenen Zweisitzer vom unteren Einstiegssegment der Segelflugzeuge mit Hilfsmotor bis zur gehobenen Klasse der leistungsstarken Wettbewerbsflugzeuge abdeckte. Ab 1931 ergänzten Klemm und Lusser diese Palette der offenen Zweisitzer mit den neu aufkommenden ersten Kabinenreiseflugzeugen in Gemischtbauweise.
Nachdem sich Hanns Klemm seit mehr als 10 Jahren mit der Konstruktion von Flugzeugen beschäftigt hatte, nahm er im Sommer 1927 an einem der ersten Fliegerlehrgänge der Werksfliegerschule der Klemm-Werke unter Hermann Weller teil. Hanns Klemm erwarb am 4. August 1927 den Flugzeugführerschein A1837 der Klasse A. Der Schein berechtigte Hanns Klemm allerdings ausschließlich zur Führung von Flugzeugen des Typs Daimler L20, auf dem er seine Flugstunden absolviert hatte. Im Oktober 1929 erhielt Hanns Klemm die Sport Lizenz Nr. 191 der FAI, die ihn zur Teilnahme an internationalen Wettbewerben berechtigte.
Formal überließ Hanns Klemm sein Unternehmen der Führung von Robert Lusser und seinem Prokuristen Christof Schwegler. Klemm selbst blieb 1927 weiterhin als Direktor des Karosseriewerks in Sindelfingen bei der Daimler-Benz A.G. tätig.
Erst im Rahmen einer Vorstandssitzung am 28. Dezember 1927 stellte Hanns Klemm seinen Direktoren-Posten zum 1. Januar 1928 zur Verfügung. Als Anerkennung für seine 10-jährige Leistung übertrug die Daimler-Benz A.G. die angemietete Villa in der Bahnhofstraße 38 in Sindelfingen an Hanns Klemm.
Nach der Verlegung des Firmensitzes von Sindelfingen nach Böblingen verlagerte Hanns Klemm 1928 auch seinen privaten Lebensmittelpunkt nach Böblingen. Nach dem Verkauf der ehemaligen Daimler-Villa in der Sindelfinger Bahnhofstraße 38 erwarb Hanns Klemm in Böblingen eine Villa in der Waldburgstraße 29.
Rechts: Klemm-Villa in der Waldburgstr. 29, Böblingen um 1938 (Stadtarchiv Böblingen)
Auf dem Grundstück entstand eine Versuchswerkstatt, in der sich Hanns Klemm mit wissenschaftlichen Fragen der Flugzeugentwicklung beschäftigte, die im kommerziellen Rahmen seines Flugzeugwerks nicht abgewickelt werden konnten, wie etwa Mitte der 30er Jahre die Entwicklung des Teilschalenbaus oder der Klemm-Leime. Hier entstanden aber auch Versuchsflugzeuge, wie die Klemm Kl22, mit denen Hanns Klemm die Leistungsfähigkeit der Leichtflugzeugbau-Konstruktion auf eigenes Risiko zu verbessern versuchte.
Fünf Jahre nach Gründung der "Leichtflugzeugbau Klemm GmbH" verließ Robert Lusser den Betrieb. Ihm folgte 1933 Friedrich Fecher als neuer...
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