"Kuriose Funksprüche"
zum Besten geben - bitteschön:
Dass eine "Funk-Taxi-Gesellschaft" ihren Fahrern die einzelnen Aufträge per Funk übermittelt, ist jetzt sicher keine große Überraschung. Das Funken hat sich jahrzehntelang bestens bewährt, die Wartezeit für die Kunden konnte dadurch drastisch reduziert werden und das ist im Taxigeschäft schon mal das Wichtigste. Trotzdem hat sich dieses System über die Jahre hinweg immer mehr verändert und modernisiert, heute werden die Aufträge längst per Datenfunk in die Taxis gesendet, richtig gesprochen wird eigentlich nur noch im Notfall.
Die Funkzentrale "2 77 11" war in der Salurner Straße 1 angesiedelt und residiert auch heute noch unter dieser Adresse. Wenn auch längst unter der Telefonnummer 5311, aber das ist eine andere Geschichte. In der Zentrale waren zu meiner Zeit ausschließlich Frauen beschäftigt - Frau Plattner, Frau Gasser und Frau Fritz sind auch heute noch den "alten Hasen" im Geschäft ein Begriff und ihre markanten Stimmen habe ich immer noch im Ohr. In meinen ersten Jahren hat es noch den sogenannten "offenen Funk" gegeben, das hat geheißen, jeder Taxler konnte die Kommunikation der Zentrale mit jedem Taxler mithören. Ein normaler Funkauftrag ist so abgelaufen, dass zuerst der der Adresse am nächsten liegende Standplatz aufgerufen wurde und sich dort der "Funk-Erste" gemeldet hat. Also sprach die Zentrale: "Hötting?" Der Funk-Erste meldete sich mit: "Wagen 49". "Wagen 49 in die Höhenstraße 5, Terrassenhaus." Und Wagen 49 quittierte mit einem "Höhenstraße 5, danke!" Das war's.
Dann hat es noch eine ganze Reihe von Lokalen gegeben, die mit einem sogenannten "Vor-Ruf" ausgegeben worden sind. Hat man als Taxler einen "Vor-Ruf" abgelehnt, dann ist man trotzdem Funk-Erster geblieben - ein "Vor-Ruf" war also so etwas wie eine Gratis-Chance. Es hat prinzipiell zwei Gründe für einen "Vor-Ruf" gegeben - entweder die ungünstige Lage eines Lokals oder sein Publikum waren nicht jedermann zumutbar. Manchmal hat ein Etablissement gleich beide Kategorien erfüllt. Das "Cafe Olympia" zum Beispiel - an der Ecke Amraser Straße/Burgenlandstraße hat man nur am Gehsteig parken können und das Publikum war auch ein - sagen wir - eher spezielles. Oder die "Bluatige Hack" in der Müllerstraße 2, eigentlich hat es "Anno 1900" geheißen und ist später als "Cafe Testarossa" bekannt geworden. Das "Testa" war dann übrigens über Jahre hinweg die einzige Lokalität Innsbrucks ohne Sperrstunde. War im Parterre Schluss, sind die Gäste in den Keller gegangen, ab 6 Uhr früh hat es dann im Parterre das Frühstück gegeben und die Gäste haben - eventuell nach einem warmen Croissant mit Butter und Marmelade - hemmungslos weitersaufen können.
Unmöglich anzufahren war auch die "Crazy Alm" in der Salurner Straße 1 - man konnte nur in zweiter Spur stehen bleiben und musste sich die Fahrgäste aus dem Keller heraufholen. Wie auch beim "Fohrenburg-Keller", der an derselben Adresse angesiedelt war. Weitere Lokale mit "Vor-Ruf" in loser Reihenfolge: "Die drei Musketiere" in der Innstraße - intern nannten wir das Lokal "Die drei Messerstecher", dessen Publikum war auch nicht jedem Taxler zumutbar. Der "Tote Hund" in der Altstadt auch nicht, so wurde das "Ischia-Stüberl" in der Seilergasse genannt. Zur "Kundler Bierhalle" hast du besser auch keinen langhaarigen Studenten hingeschickt, da waren die Troubles bereits vorprogrammiert. Und auch im "Südring-Stüberl" oder in den beiden Höttinger Edel-Schuppen "Glockengießer" und "Burenwirt" hatten viel zu viele Taxi-Kunden in unsichtbarer Tinte das Wort "Problem-Fahrgast" auf die Stirn tätowiert. Das hat auch für das Cafe "Prinz Eugen" in der Kärntner Straße, das Cafe "Bazillus" in der Amraser-See-Straße und auch für das "Safari" in der Mariahilfstraße gegolten. Das "Safari" oder auch die "Tangente" in der Brunecker Straße hatten schnell den Ruf weg, dass sie die "Haschisch-Buam" anziehen würden. Ob das gerecht war? Nun ja - einmal habe ich einen Musiker von "The Wailors" vom Eisstadion ins "Safari" gefahren, einen Parade-Rastafari. Der hat mir beim Einsteigen trocken angeschafft: "Take me to the evil local dopepusher". Ich hab ihn vors "Safari" in der Mariahilfstraße gefahren, fünf Minuten später ist er mir grinsend wieder eingestiegen .
Ich habe prinzipiell sämtliche Lokale mit "Vor-Ruf" übernommen, mein Motto war immer: Lieber schlecht gefahren, als gut gestanden. Auf "eckige Reifen" - ein beliebter Ausdruck für überlange Wartezeiten am Standplatz - war ich nie aus.
Doch kommen wir endlich zu den kuriosen Funksprüchen: Hatte jemand Probleme eine Adresse zu finden oder ist der Fahrgast nicht gekommen, dann hat man wieder mit der Zentrale Kontakt aufgenommen und jeder einzelne der über hundert "2 77 11"-Taxler konnte mithören. So auch an einem schneereichen Winterabend. "Wagen 123 in die Brandjochstraße 1 und ich sage Ihnen gleich dazu, die Fahrt geht nach Wattenberg, haben'S eh Schneeketten montiert?" Und Wagen 123 antwortete glücklich: "Ja, freilich. Danke - bin schon unterwegs!" Eine nette Auswärtsfahrt, dieses Wattenberg, da darf man sich schon ein wenig freuen. Nach etwa 15 Minuten war am Funk zu hören: "Wagen 123, wo bleiben'S denn? Die Kundschaft von der Brandjochstraße hat schon das zweite Mal angerufen." Und Wagen 123 antwortete: "Ich bin jetzt gleich am Wattenberg oben, sagen'S mir bitte die genaue Adresse?" Tja, der gute Mann ist vor lauter Begeisterung über seine montierten Schneeketten und die gute Fuhre schnurstracks nach Wattenberg gefahren, bedauerlicherweise ohne seine Fahrgäste aus der Brandjochstraße. Der ätzende Spott seiner Kollegen war ihm natürlich sicher.
Etwas Ähnliches hat sich einmal am Bahnhof abgespielt und das war dann echt tagelang Gesprächsthema Nummer eins. Ein Uralt-Profi, seit mehr als 30 Jahren mit dem Taxi unterwegs, kriegt am Bahnhof einen Einsteiger. Der Mann hat es sehr eilig, reißt hinten die Tür auf und sagt zum Fahrer: "Zum Flughafen, aber bitte schnell, wenn's geht!" Türe zu, Fahrer steigt wie geheißen aufs Gas und ab geht's Richtung Airport. Allein - ohne Fahrgast! Denn der hat am Bahnhof nur seinen Handkoffer auf den Rücksitz gepfeffert, er selber wollte eigentlich vorne einsteigen. Aber der verdutzte, verhinderte Fahrgast hat vom Taxi nur mehr die Rücklichter gesehen. Und als wäre das nicht schon kurios genug, hat der Taxifahrer dann noch eines draufgesetzt. Denn natürlich hat die Zentrale sofort versucht, den Kollegen auf seinen Fehler aufmerksam zu machen, der hatte aber die Angewohnheit, den Funk abzuschalten, sobald er besetzt war. Aber nach ca. fünf, sechs Minuten meldete er sich mit folgender Nachricht: "Zentrale - schicken'S mir bitte die Polizei zum Gasthaus Brugger in der Höttinger Au. Mir ist der Fahrgast abgehaut, aber er hat wenigstens sein Gepäck im Wagen lassen!" Mehr hat er nicht mehr gebraucht, wie gesagt, noch Wochen später hat sich jeder Taxler in Innsbruck über den Fauxpas abgehaut. Ob der Fahrgast seinen Flieger noch erreicht hat - ich weiß es nicht und es wird sich nach all den Jahren natürlich nicht mehr klären lassen.
Ebenfalls ein Dauerbrenner, wenn wir mal bei einem Bierchen über andere Kollegen gelästert haben, war folgender Funkspruch: Ein Kollege hatte einen Sonderauftrag übernommen - beim "Wienerwald" in der Museumstraße. Er sollte acht halbe Hendln mit Pommes Frites in die Konrad-Kaserne bringen. So weit, so gut. Nach einigen Minuten war der Kollege am Funk zu hören: "Wagen 164 an Zentrale." "Wagen 164, sprechen bitte!" "Beim Wienerwald sind die momentan ziemlich überfordert, meine acht Hendln sind erst in einer halben Stunde fertig. Was soll ich machen?" Die Zentrale funkte ihm zurück: "Kein Problem Wagen 164. Fahren'S zum Standplatz Rathaus zurück, Sie sind wieder Funk-Erster, den Sonderauftrag vergeben wir später noch einmal, danke!" Dann eine kurze Pause und noch einmal war der verzweifelte Wagen 164 zu hören: "Und was mach ich jetzt mit den Pommes Frites?" Was haben wir gelacht .
Ebenfalls bemerkenswert war folgender Dialog: "Wagen 111 bitte melden!" "Ja, hier Wagen 111, was gibt's denn?" "Sagen'S, haben Sie einen Hund im Auto?" "Ja Zentrale, habe ich." "Wagen 111 - was ist denn das für ein Hund?" "Zentrale, ein Mischling. Und es ist mein Hund - ich hab niemanden zum Aufpassen und er bleibt nicht gern allein daheim." Der Kollege war tatsächlich bereits seit mehreren Tagen mit seinem Hund im Kofferraum unterwegs, irgendwann hat sich halt jemand beschwert darüber. Der Mischling hat dann natürlich nicht mehr jede Nacht Taxi fahren dürfen.
Und noch eine Geschichte fällt mir ein. Ein Kollege, gebürtiger Jugoslawe, bekam am Standplatz Sonnpark den Auftrag Panzing 5. Diese Adresse ist gar nicht so leicht zu finden, sie befindet sich in einem Hinterhof und als Taxler sollte man wissen, dass man über die Langstraße zufahren muss. Jedenfalls funkte die Zentrale nach etwa 20 Minuten den Kollegen an: "Wagen 78? Finden'S leicht Panzing nicht? Der Kunde ist jetzt schon das dritte Mal am Apparat." Und der arme Kollege antwortete zu unserem größten Vergnügen: "Tschuldige Zentrale. Aber i finden nur Inzing, Hatting und Polling, aber nix Panzing. Muss noch bissele suchen, bitte!" Ein anderer Kollege hat dann die Fuhre Panzing 5 übernommen und Wagen 78 musste seinem Chef die vielen Leerkilometer...