Schweitzer Fachinformationen
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Die gesundheitliche und seelische Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern wird entscheidend dadurch beeinflusst, wie Eltern sich im Umgang mit ihnen verhalten, welche Erziehungsvorstellungen sie haben oder wie sie die gegenständliche und soziale Umwelt für sie strukturieren.
Frühe Gesundheitsförderung beginnt in einer gelingenden alltäglichen Eltern-Kind-Interaktion.
Hier werden wichtige Entwicklungskompetenzen von Kindern grundgelegt, wie der Umgang mit Belastungen bzw. die Entwicklung einer zunehmenden Kompetenz, belastende Veränderungen in der Umgebung einzuschätzen und zu bewältigen. Dazu gehören etwa die Fähigkeit, sich zunehmend flexibler an eine rasch wechselnde Umgebung anzupassen, die Fähigkeit, physiologische und emotionale Erregungszustände sowie das Verhalten zu regulieren, oder die Fähigkeit zur aktiven und passiven Bewältigung von Stress.
Die Bewältigung dieser Entwicklungsaufgaben ist eine Voraussetzung, um sich der Umwelt offen zuwenden zu können. Diese Kompetenzen entwickeln sich im Kontext einer wechselseitigen positiven und unterstützenden Beziehung mit den Eltern. In einer solchen sicheren Bindungsbeziehung unterstützen Eltern die physiologische, emotionale und Verhaltensregulation ihrer Säuglinge und sind ihnen eine "externe Regulationshilfe". Sie zeigen feinfühliges Verhalten.
Feinfühliges Verhalten lässt sich als intuitive und kontinuierliche Unterstützung bei der Regulation der wechselnden Erregungsniveaus und der emotionalen Befindlichkeit des Säuglings beschreiben ? [53].
Die Zusammenhänge zwischen der elterlichen Unterstützung und dem kindlichen Wohlbefinden lassen sich nicht nur im interaktiven Verhalten, sondern, gemäß neueren neurobiologischen Forschungsbefunden, bis in die Gehirnentwicklung des Kindes nachvollziehen. Bindungsbeziehungen beeinflussen, positiv oder negativ, die Funktion und Struktur des sich entwickelnden Gehirns ? [50] ? [51]. Andere Autoren sprechen von einer Interaktion zwischen dem Gehirn des Kindes und dem der Eltern im Sinne einer zwischenmenschlichen "Bewusstheit" und emotionalem Austausch durch die Koordination von Augenkontakt, Vokalisation, Hand-, Arm- und Kopfbewegungen (nach ? [3]). Insofern lässt sich von einer psychobiologischen Regulation in der Bindungsbeziehung sprechen.
Frühe Regulationsprobleme und -störungen sind ein Beispiel für die misslingende Bewältigung von Entwicklungsaufgaben.
Diese zeigen sich in exzessivem Schreien, Schlafstörungen, Fütter- und Gedeihstörungen sowie Klammern, Trotzverhalten und aggressiv-oppositionellem Verhalten. Ihre Auftretenshäufigkeit wird auf immerhin 15 bis 30% geschätzt ? [42].
Bei einem ungünstigen Verlauf solcher frühkindlicher Regulationsprobleme oder -störungen, wie etwa aufgrund unzureichender Behandlung oder ungünstiger multipler Risikobelastungen, besteht ein erhöhtes Risiko für Verhaltensstörungen ? [41]. Weitere Hinweise auf Langzeitfolgen früher Regulationsprobleme fanden sich bei Abweichungen vom Normalgewicht. Danach waren Kinder, die im Säuglingsalter in die eine oder andere Richtung vom Normalgewicht abwichen, später in ihrer körperlichen oder mentalen Entwicklung beeinträchtigt bzw. hatten immunologische Probleme und Adipositas ? [27].
Die Entwicklung und das Andauern von Regulationsproblemen sind, neben psychosozialen Belastungen der Familie und einem "schwierigen" Temperament oder organischen Problemen des Kindes, eng damit verknüpft, wie es Eltern gelingt, ihre Säuglinge und Kleinkinder in ihren Regulationsbemühungen zu unterstützen (Trias der Regulationsstörungen ? [41]).
Wiederkehrendes und nachhaltig feinfühliges und emotional zuverlässiges Verhalten in frühen alltäglichen Situationen beeinflusst die Entwicklung einer sicheren Bindung beim Kind. Eine sichere Bindung wiederum scheint bei Kleinkindern als Puffer gegen Stressbelastung zu wirken. Dies zeigte sich etwa bei Kleinkindern in unvertrauten Situationen bzw. beim Impfen oder bei ängstlichen Kleinkindern ? [25], ? [37], ? [52].
Sichere Bindung gilt außerdem als wichtiger Vorläufer von flexiblen und kompetenten Bewältigungsstrategien und einer positiven Selbstentwicklung im weiteren Lebenslauf. Untersuchungen belegen die Entwicklungsvorteile sicher gebundener Kinder in der sozial-emotionalen und kognitiven Entwicklung gegenüber unsicher gebundenen Kindern. Dazu gehört auch die Entwicklung des Gefühls von Selbstwirksamkeit. Damit verbunden ist Vertrauen in die eigene Fähigkeit, selbst gesteckte, auch gesundheitsbezogene, Ziele zu erreichen, und hinreichendes Durchhaltevermögen bei auftretenden Schwierigkeiten.
Insofern tragen diese Kompetenzen als Schutzfaktoren dazu bei, mit schwierigen Lebensumständen zurechtzukommen, wie sie sich aus biologischen und/oder psychosozialen Risikofaktoren bzw. belastenden Lebensereignissen ergeben können ( ? [58], ? [59]).
Gesundheitsförderung, die als Förderung und Unterstützung der elterlichen Feinfühligkeit früh beginnt, kann hier einen wichtigen Beitrag leisten und nicht zuletzt auch dazu beitragen, sozial bedingte Ungleichheiten von Gesundheitschancen auszugleichen.
Beobachtungen früher Eltern-Kind-Interaktionen legen den Schluss nahe, dass Temperamentsmerkmale von Säuglingen wie hohe Irritierbarkeit, mangelnde Tröstbarkeit, große und lang anhaltende Unregelmäßigkeiten in den Schlaf-Wach-Rhythmen die Fürsorge und Zuwendung ihrer Eltern beinträchtigen können, insbesondere dann, wenn diese zusätzlich psychosozial belastet sind ( ? [40], ? [41], ? [42], ? [55], ? [56]).
Abb. 1.1 Eltern-Kind-Interaktion im Sinne einer zwischenmenschlichen "Bewusstheit" (nach ? [3]).
Eltern sind jedoch nicht unvorbereitet für diese nicht immer einfachen Herausforderungen, denen sie im Umgang mit ihrem Säugling und Kleinkind gegenüberstehen. Sie verfügen über so genanntes intuitives Elternverhalten ? [39]. Danach reagieren Eltern, wie übrigens alle anderen Erwachsenen und älteren Kinder im Umgang mit Babys, unmittelbar und entsprechend der jeweiligen Bedürfnisse von Säuglingen und passen ihr Verhalten an seine noch begrenzte Aufnahmekapazität und relativ schnelle Ermüdbarkeit an bzw. variieren es entsprechend seinem Entwicklungsstand.
Intuitives Elternverhalten ist unbewusst und muss nicht erlernt werden. Zum Repertoire intuitiven Elternverhaltens gehören zum Beispiel die übertriebene Darbietung des Gesichtes und der Mimik ("Augenbrauengruß"), eine hohe Stimmlage und Prosodie (Anheben der Stimme), Wiederholung und längere Pausen oder langsameres Handlungs- und Sprechtempo.
Intuitives Elternverhalten unterstützt die kindlichen Fähigkeiten zur Selbstregulation in unterschiedlichen Alltagskontexten und strukturiert und regt die sich entwickelnden Fähigkeiten des Kindes an. Letztlich bieten intuitive Verhaltensweisen von Eltern einen Rahmen zur Förderung vorsprachlicher und unbewusster Lernprozesse (prozedurales Lernen).
Das Kind erwirbt ein Handlungswissen darüber "wie man etwas macht" und entdeckt Regeln und Kontingenzen, d. h. das zeitliche Berühren von eigenem Verhalten und nachfolgenden Ereignissen.
Intuitives Elternverhalten steht in Wechselwirkung und im Zusammenhang mit der jeweiligen Entwicklungsgeschichte und den Persönlichkeitsmerkmalen der Eltern sowie im Zusammenhang mit ihrer sozialen und beruflichen Lebenssituation. Es ist störbar, aber in gewissen Grenzen veränderbar und lernbar (vgl. ? [66]). Eigene mangelnde positive Beziehungserfahrungen und/oder ungünstige Lebenssituationen können intuitives Elternverhalten stören und den feinfühligen Umgang mit dem Kind beeinträchtigen.
Kind und Eltern tragen gemeinsam zu einer gelingenden Entwicklung bei.
Gelingende oder weniger gelingende Interaktionen entwickeln sich also aus dem gemeinsamen Beitrag der Mutter bzw. des Vaters und des Kindes. Dabei lässt sich die (Fein-) Abstimmung bzw. Nicht-Abstimmung zwischen dem elterlichen Verhalten und den jeweiligen Signalen und Ausdrucksverhaltensweisen des Kindes als mehr oder weniger gut gelingende Passung beschreiben ? [11].
Feinfühliges Verhalten von Eltern zeigt sich dann in einem dyadischen Kontext und in der Qualität ihrer...
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