Schweitzer Fachinformationen
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Anno Domini 1521
Hauptmann von Berlepsch, Burgvogt und mein Obriger, ruft, ich tret an zum Bericht. Hab Schloss und Riegel, Tor und Türen geprüft. Bin den Wehrgang abgegangen, hab in dunkle Ecken gestochen. Hab die Eseltreiber arg befragt, ob sich Kerle nach der Feste erkundigen. Hab in die Ledereimer zum Brandlöschen geschaut, prall voll. Hab es geschmeckt, Wasser ohne verdächtige Beigabe, sonst hätt ich längst gekotzt oder wär brüllend verreckt.
Der Hauptmann entlässt mich, ich schreit zum Tor, der Wächter Schrotter und der Wächter Herwig senken die Spieße. Ich zeig ihnen das Losungszeichen, sie bleiben wachsam.
»Rück heran«, sagt Schrotter, »möcht die Narbe an der Lippe sehen.«
»Hab nur eine hinterm linken Ohr«, ruf ich.
»Er ist es«, sagt Herwig, »sein Gesicht ist am Abtritt gedüngt und gewachsen.«
»Dich tret ich wund, da fällst du wie ein Ochse und rollst runter nach Eisenach«, sage ich.
»Bist du's wirklich?«, sagt Schrotter und greift wie im Kinderspiel mit Grimm nach seinem Schwert. Dann lachen die Schalksnarren.
Ich bin keiner von ihnen. Bin ein gerauter Kerl, gehobelte, geschliffene Fresse. Kein Gesang und kein Weib macht mich weich. Solang der Himmel nicht einstürzt und mein Kopf nicht birst, kann ich das Eisen halten. Das ist mein Brot. Bin ein ungeratener Kaufmannssohn, entschied mich gegen den Vater für ein andres Leben.
Man spannt Kalbsfell über die Trommel und schlägt nur einmal darauf, da kommen die Hurenböcke und Zerlumpten schon hergelaufen. Das ist die Rotte der Knechte im Krieg. Der Obrist sprach mir und andren Knechten von der Kriegsgemeinde, von der Beschirmung des weiten Landes, über das der Fürst wacht. Wir wurden dahin und dorthin geschickt. Sturm und Schlacht, ich sah viele böse Stücke. Ich hab Hund fressen müssen, und Ratte und Pferdemaul und Klumpen Erde. Krieg ist Mannfresser. Bin in Fehden zerrieben worden. Hab etliches Volk gelöscht. Hab Kopf von den Achseln geschlagen .
Sie zügeln die Aufsässigen, mich können sie nicht bannen. Sie haben sich vor allen anderen der besseren Christlichkeit verschrieben. Schlüge ich einen Span vom Scheit, der Span wär klüger als die Kerle. Mich hassen sie wegen meiner zerschlitzten Montur, wegen meiner Landsknechtart. Ich bin am Verrichten, ich reiß mich los von ihrem Hohn. Was der Pöbel plaudert, beißt ein, ihr Wort beißt ein, ich darf's nicht achten.
Ich klink die Tür auf: Bücher mit Schweinsledereinband, schwere Deckel hüten die schwefligen Worte, die Meister Martinus durch List dem alten Feind abgetrotzt. Man muss ins erste Saufen Gottes Namen sprechen, und also bewegt er stumm die Lippen und trinkt drei Schlucke. Im Schein der blakenden Tranlampe funkeln seine Augen auf. Er stellt die Füße auf den Walwirbel. Er legt das Papier vor sich hin. Kratzt mit der Feder Runen, als würd der Dämon der Macht ihm Zauberziffern in den Geist bluten. Hat er das zweite Gesicht? Er liest die Worte der fremden Völker. Malt er teutsche Gnadenbilder? Das Welsche ist verneint. Er mehrt durch Gebete seine Gabe. Was sah im Dornbusch der Gesandte Moses? Was sieht der Mönch, wenn in seinen Träumen ein kaltes Feuer brennt? Das Allerheiligste ist das Allerheimlichste. Frevelt er, wenn er Gott übersetzt? Der Herr braucht keine neuen Namen. Wir beten an den ungeschmückten Herrn. Am Rand der Welt trommeln die Barbarenstämme. Es klafft die Erde auf: Ich seh tief im Loch Hundezähne schimmern. Ein Tier wird aufsteigen, sagt er, und alles Wachs wird schmelzen und doch nicht erhellen den Himmel, den das Tier beschwört. Eine Knochenmühle wird die Welt. Er aber vergisst den Schmerz, vergisst den bellenden Leviathan, und übersetzt Gott ins Teutsche. Salbt er uns zu unserem Schutze? Seine Frommheit ist der falsche Fraß für den Hunger. Er und die Seinen quälen sich, um bald die anderen zu quälen. Sie sehen nur die Leiche an den Balken, blasen ihr durch die Zauberei Leben ein. Sammeln Worte im Maul, um sie auf Männer meines Glaubens zu speien. Er aber kratzt Runen, dass wir fallen.
Ich wetz das Eisen am Stein für den Stoß in die Kehle des Leviathan. Ich sprech das Wort des Heilands heilig. Wir alle verfaulen langsam, da wir warten auf die Wiederkunft. Schutzgeister sind zu Asche verbrannt.
In kommende Kämpfe mengt sich der Frater, ohne zu wissen, wen er zum Kampfe peitscht. Es werden die anderen sein, die Gott erhöht. Mir bleibt nur, mich zu gürten und dem Mönch den Überwurf umzutun, dass er nicht friert in den Nächten, da die Toten zu ihm sprechen.
Und er sagt: Das Gotteslamm entzündet mich. Es fährt hinein in die Unsinnigen, die Spinnweben fressen. Die ihre Zähne stumpf gemahlen haben. Draußen im Land erlöschen die Grableuchten. Meister Tod klopft auf Rippen und Gebein. Frater ruft: Gottes Majestät! Die Knechte drehen und wenden das teutsche Wort für Gott. Ein jeder ruft: Ich schneid mich los von Stricken. Ich reib das Kreuz aus Ruß und Schmier auf die Schläfen. Ich zieh als des Mönchs Gefolge in die Kriege . Ihr Verstand hängt ihnen wie eine schmutzige Schleppe am Arsch. Atemlose Diener, sie leben von hartem Brot und saurem Wein. Der Herr ist für sie ein wandelnder Rauch. Sie kauen Körner und verlachen mit Brei auf den Lippen Judas und den bösen Schächer. Sind nicht diese Kerle, sind nicht diese Weiber des Junkermönchs Luther unsinnige Kinder? Sie tun untertänig und rufen aber: Der Heilige Geist besteht aus einem Schwarm Tauben. Und also sind wir die Stücke der wahren Kirche Christi . Sie machen sich das Bild vom Herrn als das eines großen Entsetzens, als das einer Höhlung des Leibes.
Er aber ritzt Runen, als würd er stechen in Heilands Haut Laute, Gewinsel, Lästerung. Ich scheue sein Nachtwerk in der Schergenstube. Er verspricht die Zähmung der Nattern, des giftigen Getiers. Der Kettenhund auf dem Hof heult die Schatten der ziehenden Wolken an. Der teutsche Gott säubert uns die Angst aus der Brust. Dafür schütz ich den Ketzer.
Er streut Löschsand auf die Tintenstaben, wischt ab die Federspitze, stülpt die rote Lederkappe übers Haupt. Jetzt ist er vom Geist bewegt, morgen wird er wieder zürnen.
Der Meister hat sich in die Sache geschickt, den Kopf steckt er zwischen die heiligen Seiten. Es bedarf viel Schmierens, dass ich gesellig werd. Er hat's gelernt, ich trotzte Bitt und Anruf, seine Beeiferung hat nicht geholfen, ich bleib in schmiegsamer Haltung erstarrt. Auf dem Teller das angebissene Hinterviertel vom Hasen mit Rüben.
»Hungerst du für den Herrn?«, sage ich.
»Es schmeckt heidnisch«, sagt er.
»Fleisch, Meister, nichts anderes als Fleisch.«
»Fällt der Schatten eines Götzendieners auf die Schüssel, aus der du schöpfst . ist das Essen dann verdorben?«
»Hier gibt's keine Heiden«, sage ich kalt.
»Dies ist mir eine steinerne Kammer.«
»Du bist bewahrt und geschützt, Meister.«
»Strohsäcke hab ich faulig gelegen«, ruft er, »ich bin abgelebt unter den groben Sachsen. Mein Arsch grimmt bös, wenn ich mich dreh und wend. Und draußen geschieht ein Ding, dass es mich schaudert. Die Welt verschlingt sich selbst.«
»Dich frisst sie nicht«, sage ich, »was ist mit den Heiden?«
»Mir schien, als lösten sich Schatten von der Decke, da biss ich grad in die Hasenkeule.«
Ich zieh den Katzbalger, stürz durchs Loch, dass mir die Klappe auf die Waden fällt, schlag im Dunkeln nach beiden Seiten, spring durch die schlanke Stube: Ich bleib unbesiegt, weil kein Geist aus Fleisch und Atem mir entgegentritt.
Ich vernehm Meisters Wehruf und stürz zurück. Er liegt am Boden und windet sich, Stirn und Wangen röten, als wär er von Milben angefressen. Ich gieß ihm Wasser aufs Haupt, sein kochendes Blut lässt die Glieder schwellen, er wispert, ich neig ihm das Ohr zu, er spricht leis und stöhnend: »Wir sind das letzte Nest und die letzte Brut, nach uns wird alles verworfen. Wir werden sinken, das ist unser Los, wir sind die Reste, zerschlagenes Geschirr, Besitztum Gottes, das verrottet. Der Himmel ist nicht gnadenbringend. Hart sein, ausbluten, es leuchtet die Welt nur, wenn ein Prophet geboren wird, der Retter nimmt uns die Einsamkeit. Heiland, deinen Zeugnissen kehr ich mein Angesicht, auf dass es leuchte. Führe Christus uns in allen Heerritten, mein Herz umstrickt der Dämon nicht .«
»Spar dir dein Klugsein für morgen«, schrei ich und schüttel ihn hart, »sonst sinkst du bald ins Grab, Gott lohnt dich schon mit dem Himmelsbrot, friss heut den Hasen, hörst du, Frater, friss die Rüben, Türck und Heide sind verschanzt hinter den Bergen, die Warte ist die feste Burg, daran sie zerschellen, ich köpf jeden Geist, der dir die Wampe walkt, friss das bisschen und scheiß das bisschen, dann ist Ruh in der Seel, hörst du, Meister?«
»Ich bin auf diese Burg gebannt«, wispert er, »und mein Herz ist durch...
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