Schweitzer Fachinformationen
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Ich starrte auf den grellen pinkfarbenen Stringtanga über dem Treppengeländer. Bereits gestern Abend hatte ich einen ersten Eindruck von meinem neuen Nachbarn bekommen, als meine Arbeit von durchdringendem Gequieke aus der Wohnung nebenan jäh beendet wurde.
Die Freundin meines Nachbarn war beim Sex laut.
Mehr als laut.
So frustrierend es auch war, ich konnte nichts tun. Sie brauchten so lange (ich musste ihnen Pluspunkte für Durchhaltevermögen zubilligen), dass es dann Zeit für mich war, schlafen zu gehen, und ich war kaum zum Arbeiten gekommen.
Und jetzt trocknete das Höschen des Quietscheentchens auf meinem Geländer.
Die Vorstellung, dass sich mein sauberes, gepflegtes Treppenhaus in einen Schauplatz von Shameless verwandelte, entsetzte mich.
Als die Wohnungstür meines Nachbarn aufging, riss ich meine Aufmerksamkeit von dem String los und sah zur Tür.
Ein extrem großer Mann trat heraus. Er telefonierte. Mein Blick wanderte über die breiten Schultern und den muskulösen Bizeps und blieb an dem schwarzen Tattoo hängen, das einen guten Teil seines rechten Unterarms bedeckte. Es sah aus wie ein keltisches Symbol, ein Schwert, über dem sich ein Halbkreis wölbte und beide Seiten des Heftes miteinander verband.
»Sprich mit Dad«, murmelte der Mann, was meinen Blick von dem Tattoo auf sein Gesicht lenkte. »Wie auch immer deine Entscheidung ausfällt, ich bin dabei.«
Sein dunkles Haar war kurzgeschnitten, und sein Dreitagebart betonte seine markanten Züge. Das alles war des Guten zu viel für mich. Ich bevorzugte schlanker gebaute, glattrasierte und weitaus weniger furchteinflößende Männer.
Plötzlich fand ich mich im Bann seines Blicks gefangen.
Ich erstarrte. Die Hitze, die sich unter seiner Musterung auf meinen Wangen ausbreitete, machte mich nervös. Er hatte die außergewöhnlichsten Augen, die ich je gesehen hatte; sie waren klar und leuchtend. Wunderschöne, auffallende, von schwarzen Wimpern umrahmte violette Augen. Sie milderten die Härte seiner Züge ein wenig.
Sein Blick gab mich frei, glitt an mir herunter und dann wieder herauf. Danach wurde ich mit einem höflichen Nicken bedacht, bei dem ich sämtliche Stacheln aufstellte. Offenbar fand er mich uninteressant. Wutentbrannt schaute ich wieder zu dem Stringtanga und biss mir auf die Lippe. Ich konnte nicht dulden, dass Unterwäsche auf meinem Treppengeländer trocknete.
Das ging einfach nicht!
Ich sah ihn wieder an, als er sein Gespräch fortsetzte. »Entschuldigen Sie«, sagte ich ruhig. Eigentlich hätte ich ihn lieber empört unterbrochen, war aber immer noch zu gut erzogen, um heftig zu werden.
Dennoch bewirkten meine leisen Worte, dass er seine Aufmerksamkeit wieder mir zuwandte und die Stirn runzelte. »Shannon, ich rufe dich zurück . ja . tschüs, Süße.« Er schob das Telefon in die Tasche. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Ich streckte meine Hand aus und stellte mich formell vor. »Ich bin Miss Grace Farquhar.« Mit der anderen Hand deutete ich auf meine Tür. »Ihre Nachbarin.«
Mit zusammengepressten Lippen schob er seine große Hand in meine und umschloss sie. Ein Schauer lief mir über den Rücken, und ich bereute sofort, ihm die Hand gegeben zu haben. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Miss Grace Farquhar.«
»Hm, jaja«, murmelte ich, zog meine Hand zurück und versuchte, nicht so verwirrt zu wirken, wie ich mich fühlte. »Und Sie sind?«
»Mr. Logan James MacLeod.«
Er machte sich über mich lustig. Ich ging darüber hinweg. »Tja, Mr. MacLeod .« Ich bemühte mich um einen freundlichen Ton, aber ich spürte geradezu, wie der String mich vom Geländer her anfunkelte und meinen Ärger schürte. »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Ihre Freundin davon absehen würde, ihre intimsten Kleidungsstücke in einem öffentlich zugänglichen Treppenhaus zu trocknen.« Ohne mir die Mühe zu machen, mir meinen Abscheu nicht anmerken zu lassen, deutete ich mit dem Finger auf den String.
Logan starrte das Höschen an. »Oh«, brummte er.
»Logan!«, erklang eine Frauenstimme in seiner Wohnung. »Hast du Lust, irgendwo frühstücken zu gehen?« Die Stimme nahm plötzlich Gestalt an.
Eine junge Frau trat in das Treppenhaus. Sie trug lediglich ein Männerhemd, das knapp oberhalb ihres BHs zugeknöpft war und einen beeindruckenden Brustansatz sehen ließ. Alles an der Frau war kurvenreich und feminin, ihre kurzen, aber wohlgeformten Beine waren gebräunt, die langen Haare in einem schimmernden Platinblond gefärbt, und an den Augen hatte sie gekonnt meterlang wirkende falsche Wimpern angebracht.
Sie war in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von mir, und mir wurde schlagartig klar, warum Logan MacLeod nach dem ersten Blick jegliches Interesse an mir verloren hatte.
»Was ist denn los?« Sie blinzelte mit großen babyblauen Augen zu Logan hoch.
Logan seufzte. »Hast du dein Höschen hier zum Trocknen aufgehängt?«
Sie nickte. »Hier ist die Luft trockener als im Bad. Ich dachte, so würde es schneller trocknen.«
Ich beobachtete die beiden; fasziniert von dem wachsenden Ärger meines Nachbarn und dem Umstand, dass seine Freundin absolut nichts davon bemerkte.
»Bist du verrückt geworden?«
Sie rümpfte die Nase. »Nein. Was ist denn in dich gefahren?«
»Wir haben uns gestern Abend erst kennengelernt, und du trocknest dein Höschen auf meinem Geländer?«
»Na und?«
Logan sah mich an, als würde er um Hilfe bitten. Ich konnte ihn nur völlig verwirrt anstarren. Er drehte sich wieder um; ich stufte die Frau als hartnäckigen One-Night-Stand ein. »Es gehört sich nicht, und meine Nachbarin hat sich darüber beschwert.« Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter hinweg auf mich. »Ganz zu schweigen davon, dass es ein bisschen zu früh für dich ist, deine Wäsche hier zu waschen. Was auch für das Frühstück gilt. Und jetzt habe ich zu tun, wenn es dir nichts ausmacht.«
Nach dieser alles andere als diplomatischen Abfuhr sichtlich beleidigt, riss sein One-Night-Stand den Stringtanga vom Geländer und stürmte unter lautstarken Kraftausdrücken in die Wohnung zurück. Als sie in einem hautengen pinkfarbenen Kleid und High Heels stinksauer aus seiner Wohnung stakste, kochte Logan unübersehbar vor Wut.
Er wirkte fast bedrohlich.
Die Aura von Gefahr, die ihn umgab, ließ mich erschauern.
»Du kannst mich mal, du Arschloch!« Sie stampfte die Treppe hinunter und blickte dann erneut über ihre Schulter, diesmal zu mir. »Und du mich auch, du hochnäsige Ziege!«
Mir stand vor lauter Schreck der Mund offen, als sie davonstolperte. »Wirklich entzückend«, bemerkte ich verdutzt.
»Sie war eine Klette erster Klasse.«
»Vielleicht sollten Sie bei der Wahl Ihrer Sexualpartnerinnen für eine Nacht etwas mehr Sorgfalt walten lassen«, schlug ich hilfsbereit vor.
Anscheinend empfand er das als wenig hilfreich. Logan MacLeod richtete seinen einschüchternden Blick auf mich. »Stecken Sie mich gerade in eine bestimmte Schublade, Engelchen?«
Mit hochrot lodernden Wangen flüsterte ich: »Engelchen?«
»In höheren Sphären schwebend.« Seine Augen wanderten über mich hinweg, und seine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln, bevor er erklärte: »Stinkvornehm.«
»Ich bin nicht stinkvornehm.« Ich widerstand dem Drang, vor Ärger über seine Behauptung mit dem Fuß aufzustampfen. Da ich in Kensington in London aufgewachsen war, drückte ich mich sehr gewählt aus, aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, über mich zu urteilen.
»Sie sind der stinkvornehmste Mensch, der mir je begegnet ist, Engelchen.«
»Ganz sicher nicht.«
»Ich denke, das weiß ich besser«, gab er zurück.
»Hegen Sie eine Abneigung gegen Engländer, Mr. MacLeod?«
Seine Augen wurden schmal. »Ich hege gegen überhaupt niemanden eine Abneigung, weil ich mir nicht sofort ein festes Urteil über Menschen bilde.« Er ließ schon wieder durchblicken, dass ich Menschen vorschnell verurteilte. Dabei hatten wir uns gerade erst kennengelernt!
»Ich auch nicht.«
»Ach ja? Also haben Sie sich nicht aufgrund des Höschens auf dem Geländer prompt ein bestimmtes Bild von mir gemacht? Oder aufgrund des Umstandes, dass dieses Höschen einem One-Night-Stand von mir gehörte? Verurteilen Sie mich dafür, Gelegenheitssex zu haben, Miss Farquhar? Oder nur für die Wahl meiner Gelegenheitssexpartnerinnen?« Er betrachtete meine Bluse mit der Schleife am Hals und meine taillenhohe Hose mit den weiten Beinen. »Hatte sie für Ihren Geschmack nicht genug Klasse?«
»Ich bin to-total durcheinander«, stotterte ich. Und tödlich verlegen! Ich hasste Auseinandersetzungen.
»Ich will mich klarer ausdrücken: Eine nette Nachbarin hätte sich vorgestellt, als ich hier eingezogen bin. Eine nette Nachbarin hätte mich in diesem Haus willkommen geheißen, bevor sie wegen eines Höschens im Treppenhaus Theater gemacht hätte. Was also ist los? Sind Sie nicht nett, oder haben Sie etwas über mich gehört, das nicht in Ihr festgefügtes Weltbild passt?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich will einfach nur keinen Stringtanga auf meinem Geländer sehen.« Da ich spürte, wie ich allmählich vor Wut kochte und meine Wangen noch stärker zu brennen begannen, blieb mir nichts anderes übrig, als mich umzudrehen und meinen Schlüssel in das...
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