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Ich geb's zu, ich habe Tagträume. Natürlich habe ich die. Wer hätte die nicht?
Wenn ich eine Liste meiner Tagträume anlegen würde, fielen mir folgende ein:
Ich als Läuferin. Da ich letzten Monat dreiundsechzig geworden bin, wäre das für meinen Körper wohl ein ziemlicher Schock, aber wäre das nicht herrlich, nach dem Aufwachen eine dieser süßen Laufshorts anzuziehen, in denen ich die jungen Mädchen heutzutage immer sehe? Tatsächlich habe ich mit dem Gedanken gespielt, damit anzufangen, nachdem meine Tochter Isabel dem Crosslauf-Team ihrer Highschool beigetreten war. Ich habe mir vorgestellt, dass wir gemeinsam joggen könnten, Mutter und Tochter, aber irgendwie war immer zu viel los. Izzy hatte Tausende Aktivitäten, und so saß ich, genau wie die anderen Hausfrauen Connecticuts, ständig im Wagen, um meine Tochter herumzukutschieren.
In meinen Tagträumen habe ich mir immer ausgemalt, Connecticut zu verlassen, und wenn es nur für eine Nacht wäre. Den Zug nach Manhattan zu nehmen und einen der »heißen neuen Läden« auszuprobieren, von denen die Leute dauernd redeten. In einer Bar ein Glas Wein zu trinken und dann .
Also gut, wenn ich ehrlich bin, habe ich fast jeden Tag davon geträumt, nachdem Izzy ausgezogen war, um aufs College zu gehen. Und jetzt träume ich davon, dorthin zurückzukehren und dieser schrecklichen Seniorenwohnanlage in Florida, in die mein Mann Louis unbedingt ziehen wollte, den Rücken zu kehren. Das Boca Beach Gables, abgekürzt BBG. Ich möchte da nicht falsch verstanden werden, es ist schon nett hier. Alles sehr hübsch, sehr edel, sehr pink. Aber ich hasse die Sonne. Ich hasse die Luftfeuchtigkeit. Und ich hasse es, wie sich die Tage leer und langweilig vor mir ausdehnen. Ich habe mich nie einsamer gefühlt.
Ich male mir aus, wie es wohl gewesen wäre, wenn ich, statt meinen Mann gleich nach dem College zu heiraten, im Ausland Karriere gemacht hätte, an irgendeinem aufregenden Ort. London zum Beispiel.
Und dann male ich mir aus, wie ich einen Baseballschläger nehme und ihn in Blanche Tellers Botoxgesicht schwinge. Möglicherweise weil Blanche in diesem Augenblick unbekleidet auf meinem Mann sitzt. Ihr Gesicht ist mir zugewandt. Weil ich ein glühender Fan von Sex and the City bin (ich habe mir die komplette Serie sechsmal angesehen), weiß ich, dass Blanche die Reverse-Cowgirl-Stellung eingenommen hat, die umgedrehte Reiterstellung.
Kurz stelle ich mir vor, wie ich in dieser Stellung auf Marcus sitze, unserem Indoorcycling-Fitnesscoach. Das ist das einzig Gute, was ich über das BBG sagen kann - das Personal ist ausgezeichnet. Marcus ist fantastisch. Ich tue so, als wüsste ich nicht, wie ich den Fahrradsitz einstellen muss, damit er mir hilft. Gerade kann ich seine Hände an meinem verlängerten Rücken spüren .
Mist. Ich habe mich wohl in meinem Tagtraum verloren, jedenfalls höre ich erst nicht, wie Louis und Blanche zu mir durchzudringen versuchen.
». Sylvia!«, ruft Louis, »Herrgott, Sylvia! Sag doch was.«
Aber ich bin wie erstarrt. Ich kann die Lippen nicht bewegen. Und so schaue ich stattdessen nach links und begegne im Spiegel der Kommode meinem Abbild. Ich finde, ehrlich gesagt, dass ich ziemlich gut aussehe. Sosehr ich sie auch hasse, die Sonne Floridas hat meiner hellen Haut Farbe verliehen. Außerdem war ich gerade erst bei meiner Friseurin. Sie hat mich zu mehr Blond überredet und mir Strähnchen in mein schulterlanges Haar gemacht. Ich trage die Kombination aus Leinenhose und Baumwollbluse, die hier unten zu meiner Uniform geworden ist. Ich rede mir ein, dass das praktisch und zeitlos ist, aber tief im Innersten komme ich mir langweilig und altbacken vor. Ich liebe Kleider. Aber in Florida shoppen zu gehen, gibt mir irgendwie das Gefühl, alt zu sein. Als wäre ich ein Stück näher an Jogginghosen und weiße Sneakers herangerückt.
Ich fahre mir durch die Haare und runzle die Stirn. Wo war ich noch mal? Ach so. Ich stehe im Schlafzimmer meiner Wohnung mit Meerblick und starre auf Blanche Tellers nackten Körper. Sie sitzt nun neben meinem Ehemann im Bett, nicht mehr auf ihm. Louis hat die Laken um sich gewickelt. Typisch, er war schon immer ein Egoist.
»O Gott, Sylvia. Es ist nicht das, was du denkst«, sagt Blanche und zittert dabei ein wenig.
»Da bin ich aber froh. Ich dachte schon, du hättest Sex mit meinem Ehemann. Aber vielleicht habt ihr ja nur Bridge gespielt. Bloß ohne Kleider. Und ohne Karten.«
Blanche blinzelt. Ich kann den Blick nicht von ihren riesigen Möpsen abwenden. Sie stehen keck in die Höhe, und nach dem, was sie uns letzten Monat beim Ladys-Weinabend erzählt hat, sind sie vom besten Schönheitschirurgen Südfloridas frisch überarbeitet worden.
»Wie lange willst du noch nackt hier herumsitzen?«, frage ich sie.
»Es ist nur . Es tut mir so leid, Sylvia. Aber wärst du so nett?« Blanche verstummt, und ich folge ihrem Blick nach unten. Ich stehe auf ihrem BH. Automatisch bücke ich mich und hebe ihn auf. Er sieht aus wie ein kleines Zelt. Ich werfe ihn zu ihr hinüber.
»Danke«, sagt Blanche und zieht sich den BH an. Natürlich ist er durchsichtig. Unter der schwarzen Spitze sehen ihre Brustwarzen noch größer aus.
»Du lässt dir da unten alle Haare wegmachen?« Ich habe schon unter normalen Umständen keine Kontrolle über das, was aus meinem Mund kommt, und in Stresssituationen ist es noch schlimmer. Außerdem steht Blanche gerade auf, und ich kann sie von vorn sehen. »Ich frage nur, weil ich die Folge von Sex and the City gesehen habe, in der Carrie nicht weiß, was sie von Männern halten soll, die eine komplett rasierte Muschi wollen.«
Louis wirkt ziemlich empört. »Sylvia!«
»Was? Darf ich nicht Muschi sagen? Du schläfst doch mit einer Frau, von der du weißt, dass ich sie nicht leiden kann.«
»Du kannst mich nicht leiden?« Blanche sieht überrascht aus. »Ich dachte, wir wären Freundinnen.«
Am liebsten hätte ich ihr eine verpasst, funkle sie stattdessen aber nur wütend an. »Raus.«
»Du hast recht, tut mir leid. Ich, ähm . ich weiß nur nicht, wo meine Kleider sind.«
Natürlich weiß sie das nicht. Automatisch knie ich mich hin und fange an, unter dem Bett nach ihren Sachen zu suchen.
Louis hockt sich neben mich. »Sylvia«, er schluckt, »es tut mir so leid. Du brauchst das nicht zu tun.«
»Hilf mir nur, ihre verdammten Kleider zu suchen.« Meine Stimme klingt gedämpft, während ich mich auf dem Bauch weiter unter das Bett quetsche.
Louis seufzt und steht auf. Von meiner Position aus kann ich seine und Blanches Füße durch den Raum tappen sehen.
»Louis«, flüstert Blanche. Ich höre nicht, was sie sonst sagt, aber ich sehe, wie Louis' Füße den Raum verlassen.
Unter dem Bett ist es dunkel. Der Teppich ist stahlgrau - das wäre kaum meine erste Wahl gewesen -, und ich kann fast nichts sehen. Ich habe die Arme ausgebreitet und streiche damit langsam über den Boden. Schließlich bekomme ich etwas zu fassen. Es ist aus Spitze und obszön klein.
»Ich glaube, ich habe deine Unterhose gefunden«, rufe ich, während ich unter dem Bett hervorgleite.
Bevor ich aufstehe, sehe ich mich um. Die Luft ist rein. Verstohlen drehe ich Blanches Tanga um, um nachzusehen, welche Größe in der Taille eingedruckt ist. XXS.
Das Miststück!
Ich rappele mich auf die Füße und gebe Blanche ihr Höschen. »So, und jetzt raus.«
Blanche zieht es an und nickt. »Ich brauche nur noch mein Kleid. Oder du leihst mir ein Kleid von dir, wenn du mich loswerden möchtest .«
»Wir wissen beide, dass dir meine Kleider nicht passen.«
»Sei doch nicht albern. Wir haben praktisch dieselbe Größe.«
»Ich bin fünfzehn Zentimeter größer und dreißig Pfund schwerer als du.« Meine Stimme ist ausdruckslos.
»Du hast eine fantastische Figur.« Blanche winkt ab, als wären wir Freundinnen beim Lunch, die sich gegenseitig Komplimente machen. »Ich würde einiges darum geben, so groß und athletisch zu sein wie du.« Sie lügt. Sie liebt es, klein und feminin zu sein. Beim Anblick ihres flachen Bauches wird mir übel vor Neid. Das fehlte gerade noch: mit anzusehen, wie sie in meinen Sachen versinkt. Und ich würde eher sterben, als sie in einem von Louis' großen T-Shirts hinausspazieren zu lassen, als wären wir hier im Studentenwohnheim.
Ich schlucke. »Suchen wir einfach dein Kleid. Was meinst du, wo es sein könnte?«
»Am Deckenventilator«, sagt Louis, der gerade aus dem Wohn zimmer kommt. Er trägt immer noch nichts außer seinen Boxershorts und wirkt außer Atem. »Ich habe versucht, das Kleid mit der Fliegenklatsche herunterzuziehen, aber es hat sich dort oben gründlich verheddert.«
Ich blinzele. »Entschuldigung, hast du eben Deckenventilator gesagt?«
Louis nickt, und ich blinzle noch mal. Wie habe ich das auf dem Weg ins Schlafzimmer nur übersehen können? Außerdem . echt jetzt? Wie leidenschaftlich ist diese Sex-Session denn gewesen? Louis hat Rückenprobleme. Wann ist er zum Erotikakrobaten geworden?
Ich muss die beiden immer noch angestarrt haben, da Louis sich räuspert.
»Ich werde wohl den Gebäudedienst rufen müssen, damit er es runterholt«, sagt er schließlich.
Mit einem Mal fühle ich mich furchtbar gedemütigt. »Louis, ich kann eine Menge verkraften....
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