Schweitzer Fachinformationen
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Ohne Strategie kein Ziel, ohne Ziel kein Weg! Über Zustände, Ansprüche und Wahrheiten
»Die Strategie ist eine Ökonomie der Kräfte!«11
Carl von Clausewitz
Nachdem geklärt ist, was ein Künstlernachlass ist, folgt die viel interessantere Frage, wie ein Künstlernachlass so zu führen ist, dass das Werk lebendig bleibt. Dafür gibt es nicht die eine Antwort, sondern die möglichen Antworten sind so vielfältig, wie Künstler und Nachlässe unterschiedlich und einzigartig sind.
Um die richtigen Antworten zu finden, müssen die richtigen Fragen gestellt werden. Die erfolgreiche Nachlassverwaltung beginnt daher mit einer umfangreichen Strategiephase, die sich entlang der folgenden Fragen bewegen sollte:
1. In welchem Zustand ist der Nachlass?
a. Wie ist der Ordnungs- und Erhaltungszustand des Nachlasses?
b. Wie sieht die Inventarisierung und Lagerung aus?
c. Wo steht das Werk im kunsthistorischen Kontext? Wie anerkannt ist es, wie ist die objektive Qualität?
2. In welcher Struktur soll der Nachlass verwaltet werden?
a. Liegt ein formulierter Wille des nachlassenden Künstlers vor?
b. Soll in privater Form verwaltet werden?
c. Soll in institutionalisierter Form verwaltet werden?
d. Profit- oder Non-Profit-Zielsetzung?
3. Wer soll den Nachlass verwalten?
a. Familie
b. Dritte
c. beratende Gremien (Rolle und Zusammensetzung?)
4. Welche Ziele will ich durch die Nachlassarbeit kurz-, mittel- und langfristig erreichen?
a. Definition der Ziele
b. Wie erreiche ich die Ziele?
I. Wie arbeite ich mit Museen zusammen?
II. Wie arbeite ich mit der Wissenschaft zusammen?
III. Wie arbeite ich mit dem Kunstmarkt zusammen?
IV. Wird ein Werkverzeichnis notwendig sein?
V. Wird ein Authentifizierungskommittee notwendig sein?
5. Wie finanziere ich das Erreichen dieser Ziele?
6. Soll der Nachlass auf unbestimmte oder auf eine begrenzte Zeit angelegt werden?
Eine solche Strategiephase braucht Zeit. Manche Nachlässe nehmen sich dafür ein bis drei Jahre, in denen alle Außenaktivitäten auf ein Minimum reduziert werden. Die Gordon Parks Foundation, die 2006 ins Leben gerufen wurde, um das Andenken an den US-Fotografen Gordon Parks zu bewahren, ließ sich sogar noch länger Zeit. »Die allererste Maßnahme, die die Stiftung beschloss, war, alle seine Werke zu katalogisieren und in den ersten fünf Jahren nicht mit Museen oder Galerien zusammenzuarbeiten, bis wir überblicken konnten, was sich im Archiv befand«, berichtet der Geschäftsführer Peter Kunhardt Jr.12 Vergleichbar gingen die Kinder des belgischen Malers Philippe Vandenberg13 vor: Nach seinem plötzlichen Tod schlossen sie das Atelier, stoppten alle Verkäufe wie auch die Mandatierung der Galerien und riefen sämtliche Kunstwerke zurück ins Atelier. Anschließend nahmen sie sich die Zeit, die sie brauchten, um die Situation zu analysieren, Meinungen zur Kunst des Vaters einzuholen und für sich selbst eine Agenda zu entwickeln. Zugleich diskutierten sie das auf die Nachlassarbeit bezogene Verhältnis untereinander. Rückblickend, sagt die Tochter Hélène Vandenberghe, war dieser Rückzug die beste Entscheidung, die sie fällen konnten. Er erlaubte ihnen, Fragen zu stellen und zuzuhören - den Freunden des Vaters und befreundeten Sammlern, Künstlern und Kunsthändlern, Kuratoren und Museumsleuten. Erst dann entwickelten die Geschwister eine Strategie, der sie bis heute treu geblieben sind: »2010, nach einem Jahr, legten wir unsere kurz- und langfristigen Ziele fest und planten unsere weiteren Schritte. Bis heute befolgen wir genau das Drehbuch, das wir vor sechs Jahren geschrieben haben. Es ist wirklich erstaunlich, dass wir intuitiv wussten, welche Schritte nötig sein würden.«14
Parallel zur Entwicklung der Strategie sollte nach dem Tod des Künstlers der Nachlass gesichert werden. Wenn es eine Aufgabe der Kunst ist, Chaos in die Ordnung zu bringen, so gilt dieses Diktum nicht für künstlerische Nachlässe. Ordnung im Nachlass ist die wichtigste Voraussetzung für eine realistische Einschätzung der Bestände, die wiederum Grundlage für die Strategieentwicklung und die Prüfung von Finanzierungsmöglichkeiten ist.
An erster Stelle stehen die Kunstwerke im Nachlass. Nicht selten sind diese zum Todeszeitpunkt an verschiedenen Stellen »verstreut«: im Atelier, im Wohnhaus, in unterschiedlichen Lagern, bei Freunden, an Museen verliehen oder bei Galeristen in Kommission. Auch wenn es Aufwand bedeutet, ist es empfehlenswert, zunächst alle Arbeiten zusammenzutragen, um sich einen eigenen Eindruck vom Zustand sowie der Qualität der Arbeiten zu verschaffen. Beim Nachlass ist es wie mit aller Kunst: Nichts geht über den unmittelbaren, physischen Eindruck von der Arbeit. Nur durch ihn kommt man zu einer realistischen Einschätzung und kann sich mit dem Ouvre wirklich vertraut machen. Keine Abbildung kann diesen Eindruck ersetzen.
Der Arbeitsschritt dieser Sichtung sollte mit einer Inventarisierung der Kunstwerke verbunden werden. Dabei werden idealerweise folgende Informationen geprüft beziehungsweise zusammengestellt:15
1. Titel, Beschreibung, Entstehungsjahr
2. Material und Größe, inklusive Größe der Rahmung, sonstiger Aufhängung oder notwendiger architektonischer Ausstellungselemente wie verwendete Sockel etc.; bei Skulpturen Gewicht
3. Inventarnummern und Fotodokumentation über das Werk und die am Werk befindliche Inventarnummer sowie Signatur beziehungsweise Gussstempel
4. wesentliche Anforderungen zur Konservierung, Lagerung und Ausstellung des Kunstwerks
5. Informationen über den Entstehungsprozess des Kunstwerks und welche Materialen verwendet wurden - dies kann für die dauerhafte Erhaltung gewisser Kunstwerke vorteilhaft sein
6. derzeitiger Eigentümer und Aufbewahrungsort des Kunstwerks
7. derzeitiger Zustand des Werks
8. Rechnungen zum Kunstwerk
9. Korrespondenz zum Kunstwerk bezüglich Kommission, Verkauf, Schenkung oder Leihgabe
10. Ausstellungskataloge oder Katalogangaben zu Ausstellungen des Kunstwerks beziehungsweise Ausstellungshistorie
11. Bewertungen und Versicherungsdokumentation
12. erzielte Verkaufspreise bei Auktionen oder Privatverkäufen (sofern verfügbar)
13. Informationen des Künstlers zum Kunstwerk, auch im Kontext anderer Arbeiten oder seines Gesamtwerks
14. Presseartikel und Pressefotos, die das Kunstwerk zum Gegenstand haben
15. Informationen zum Urheberrecht, zur bisherigen Nutzungsgewährung und über damit eingenommene Lizenzgebühren
Idealerweise kann der Nachlass auf Inventar- und Ordnungssysteme zurückgreifen, die der Künstler bereits zu Lebzeiten angelegt hat. Die Professionalisierung des heutigen Kunstmarkts wird die Nachlassarbeit der Zukunft erleichtern. Hat ein heutiger Künstler genug Erfolg, um mit einer professionellen Galerie zusammenzuarbeiten, erfordern allein schon die dortigen Abläufe, dass der Künstler ein professionelles Ateliermanagement hat. Wenn dies nicht der Fall ist, springen die Galerien oft mit entsprechender Unterstützung ein, wobei hier darauf zu achten ist, dass in der Galerie gesammelte Materialien immer auch in Kopie dem Künstler zu Archivzwecken zur Verfügung gestellt werden.
Ein professionelles Ateliermanagement umfasst eine saubere Buchführung mit der dazugehörigen Archivierung von Produktions- und Verkaufsbelegen inklusive Angaben zu Käufern - die für die Provenienzangaben in späteren Werkverzeichnissen von Bedeutung sein werden - sowie die fortlaufende Inventarisierung der entstehenden Kunstwerke gemäß der oben angegebenen Kriterien. Hat ein Atelier eine gewisse Größe erreicht, sind Assistenten und Ateliermanager heute der Standard.
Ob zu Lebzeiten des Künstlers oder erst im Rahmen der Nachlassarbeit: Zur Inventarisierung der Werke bieten sich verschiedenste spezialisierte Softwareprogramme an, deren Datenbestände gleichzeitig Grundlage für ein Werkverzeichnis sein können. Es ist ratsam, sich bei der Auswahl der Software über den aktuellen Stand der Technik zu informieren, da durch deren fortlaufende...
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