Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Eine Mutter kämpft: Was tun, wenn das eigene Kind computerspielsüchtig wird? Lennart ist zehn, als sich seine Leidenschaft für Onlinespiele wie »Fortnite« und »Brawl Stars« zur Sucht entwickelt - mit den psychischen und körperlichen Symptomen eines Junkies. Eindringlich schildert seine Mutter Ulrike Wolpers, wie ihre Familie in diese Situation hineinschlittert und bald einem übermächtigen Gegner gegenübersteht. Sie erzählt von Selbstzweifeln und Gefühlen der Machtlosigkeit, den Auswirkungen von Onlinegames und wie sie diesen erfolgreich den Kampf ansagt. Ihre Erkenntnisse hat die Wissenschaftsjournalistin in diesem Buch festgehalten. - Ehrlich und ungeschönt: Erfahrungsbericht einer Mutter im Kampf gegen die Computerspielsucht ihres Kindes - Ballerspiele, Ego-Shooter, Zocker-Games: Worin liegt die Verführungskraft von Computerspielen? - Internetfähige Smartphones und ihr hohes Suchtpotential bei Kindern - Computerspielsucht bei Kindern und Jugendlichen: Mit welchen Symptomen äußert sie sich? - Internetkonsum und Medienerziehung: Strategien für einen wirksamen Jugendmedienschutz - Mit einem Beitrag des Sohnes Medienkompetenz erwerben: Denkanstöße und Überlebenstipps für Eltern im digitalen Zeitalter Nach kaltem Entzug und monatelanger Therapie bekommt Ulrike Wolpers' Sohn seine Spielsucht in den Griff. Dabei helfen ihm das Verständnis, Mitgefühl und Vertrauen seiner Eltern und Geschwister, aber auch neue, im Familienrat aufgestellte Regeln für Onlinezeiten und Smartphone-Nutzung. Was können Eltern tun, um gar nicht erst in so eine Situation zu geraten? Ulrike Wolpers weiß: mit Handyentzug allein ist es nicht getan. In ihrem Buch entlarvt sie weitverbreitete Mythen zum Medienkonsum unserer Kinder und zeigt, was Eltern gewinnen, wenn sie sich Zeit für den Erwerb eigener Medienkompetenz nehmen. Ein alltagserprobter Elternratgeber für einen sicheren Umgang mit Onlinemedien.
Ulrike Wolpers, geboren 1971, arbeitet seit über 25 Jahren vor allem in internationalen Projekten als Wissenschaftsjournalistin, Moderatorin und Beraterin im Bereich »Wissenschaftskommunikation und Forschungsmarketing« für verschiedene Bundesministerien und internationale Organisationen. Sie lebt in der Nähe von Köln. »Mein fremdes Kind« ist ihr erstes Buch.
Es waren nur wenige Wochen im Frühling 2019, in denen wir nicht so genau verfolgt hatten, welches neue Computerspiel gerade »in« war in der fünften Klasse unseres Sohnes Lennart.
Als er freitagabends lieber mit seinen Klassenkameraden online das neue angesagte Game Brawl Stars zocken wollte, anstatt mit uns Eltern und seinen großen Schwestern Sophie und Franzi Siedler von Catan zu spielen, dachten wir uns nichts Schlimmes. Doch waren dies die Vorboten. Unsere Talfahrt hatte bereits begonnen. Und sie wurde Woche für Woche, von einem Zocken zum nächsten schlimmer, bis wir alle ins Bodenlose stürzten.
Wenige Wochen später fanden wir uns in einem absoluten Elternalbtraum wieder: Unser zehnjähriger Sohn hatte freiwillig und mit leuchtenden Augen die Kontrolle an ein manipulatives Computerspiel abgegeben, das harmloser nicht wirken könnte.
Mein Mann, Sophie und Franzi, ich selbst, der Hund - alle rückten in den Hintergrund. Alles schien sich nur noch um Lennarts Onlinezugang zu Brawl Stars und seine Zockzeiten zu drehen, von Montag bis Sonntag, von morgens bis abends.
Im Rückblick reiben wir uns noch immer verwundert die Augen, wie rasant unser drittes Kind die Kontrolle verlor und abhängig wurde. Anderthalb Jahre und eine herausfordernde Therapie später sind wir mit einem gehörigen Schrecken davongekommen. Aber wir sind gewarnt und wachsam, denn eine Sucht vergisst nicht.
Wir wissen jetzt, wie wir virtuelle Abenteuer unserer Kinder begleiten und digitale Teufelskreise vermeiden oder unterbrechen können. Indem wir uns jeden Tag Zeit nehmen und in Ruhe hinschauen, wo und wie Lennart im Internet unterwegs ist.
So wie uns im Sommer 2019 ergeht es vielen Eltern Tag für Tag. Wer weiß schon, was unsere Kinder im Schulbus, bei ihren Freunden oder in ihren Zimmern auf YouTube anschauen? Ahnen wir, wie es ihnen geht, wenn sie nachmittags oder abends völlig vertieft im Internet surfen, chatten, streamen oder gamen?
Nein. Wir Eltern sind zwar in ihrer Nähe, aber wir haben keine Ahnung. Wir sitzen auf dem Sofa oder im Auto neben ihnen, wenn sie auf ihr Handy starren. Wir respektieren ihr Recht auf Privatsphäre und verlassen uns auf unser Gefühl und unsere Erfahrung, dass schon alles in Ordnung ist, ohne genau zu wissen, wie es um die Medienkompetenz unserer Kinder bestellt ist.
Wir Eltern lassen uns von unserer Lebenserfahrung leiten, um Risiken in einer uns nicht vertrauten Welt abzuschätzen. Ein Denkfehler macht dabei vielen im digitalen Zeitalter einen Strich durch die Rechnung. Denn auf welche Lebenserfahrungen berufen wir uns hier eigentlich? Erfahrungen aus unserer Jugend, in der es noch kein Internet gab?
Woher wollen wir wissen, wie TikTok, YouTube und YouPorn auf ein heranwachsendes Hirn wirken? Unsere Hirne waren längst erwachsen, als das Internet »kam« und wir es zum ersten Mal erforschten. Was wir entdeckten, war ziemlich langweilig und nicht zu vergleichen mit dem, was unsere Kinder heute zu Gesicht bekommen, wenn sie online sind.
Ich weiß bis heute nicht, ob Sophie, Franzi und Lennart zu den zwei Millionen Kindern und Jugendlichen in Deutschland gehören, die in den sogenannten sozialen Medien bereits Opfer von Cybermobbing geworden sind. Sie streiten dies ab. Aber wer weiß, ob dies nicht nur Schutzbehauptungen den Eltern gegenüber sind?
Mehr und mehr Jugendliche und Kinder kommen im Internet in Kontakt mit Hassbotschaften oder werden fertiggemacht. Immer jünger sind die Opfer, wie eine Studie der Techniker Krankenkasse 2020 ergeben hat. 41 Prozent der Jugendlichen berichten von Beleidigungen, Beschimpfungen und anderen Bosheiten: Oft werden Lügen und Gerüchte verbreitet, Freundschaftsanfragen abgelehnt, unangenehme Fotos geteilt oder Fakeprofile erstellt.
Seit der Therapie passen wir besser auf und schauen genauer hin. Trotzdem haben mein Mann und ich auch dieses Jahr wieder erst Wochen verspätet mitbekommen, dass erneut Angst einflößende und gefährliche Kettenbriefe über WhatsApp, Instagram und TikTok ihren Weg in die Zimmer unserer Kinder fanden. Diesmal vom Account eines »Jonathan Galindo«, besser bekannt als Grusel-Goofy. Sein Profilbild zeigt eine gruselig geschminkte Mischung aus dem Disney-Klassiker Goofy und einem Gruselclown. Vor zwei Jahren hatte bereits Horror-Momo zu »Challenges« aufgefordert. Erst sollte in der Nacht ein Gruselfilm angeschaut werden. Später rief der virtuelle Kinderschreck zur Selbstverletzung auf. Und am Ende sogar zum Suizid. Begleitend zum Horror-Foto gab es eine Botschaft wie:
»Hallo ich bin Momo und bin vor 3 Jahren verstorben ich wurde von einem Auto angefahren und wenn du nicht möchtest das ich heute Abend um 00:00 Uhr in deinem Zimmer stehe und dir beim Schlafen zuschaue dann sende diese Nachricht an 15 Kontakte weiter.«
Rechtschreibfehler hin oder her: Momos Bild mit ihren langen schwarzen Strähnen, den aus dunkelsten Höhlen hervorquellenden Augen und dem verzerrten Mund war so gruselig, dass selbst mir ein Schauer über den Rücken lief. Wie erging es da erst Grundschülern, denen Momo in manipulierten Peppa-Wutz-Videos im Internet entgegenglotzte?
Trotz Grusel-Momo und Cybermobbing: Das Internet ist und bleibt der absolute Lieblingsort von Jugendlichen. Sie verzichteten in der Schule eher aufs Pausenbrot als auf ihr Smartphone, wie mir Lennart berichtete.
»Echt?«, fragte ich ihn erstaunt.
»Klar«, antwortete er, »Pausenbrot ist nicht so wichtig wie das Handy.« Schließlich kann man damit notfalls einen Pizza-Lieferdienst anrufen.
Kein Wunder also, dass 93 Prozent der Zwölf- bis Siebzehnjährigen ein eigenes Smartphone besitzen. Um Pizza in der Pause zu bestellen und vieles andere mehr. Für die meisten Zehnjährigen ist das Smartphone heute ein Muss. Die Quengelei nach einem Handy geht oft schon in der zweiten Klasse los.
Doch für die Handyanschaffung lautet die pädagogische Empfehlung der Initiative SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht: Nicht vor dem neunten Geburtstag. Gemeint ist ein Handy OHNE Internetzugang.
Ein internetfähiges Smartphone empfiehlt sich erst, wenn das Kind die Gefahren des Internets kennt und weiß, wie es sich schützen kann. Diese Reife erreichen Kinder in der Regel frühestens mit zwölf Jahren.
Leider lasen wir diese Empfehlung erst, als wir bereits in die Spezialambulanz für computerspielsüchtige Kinder und Jugendliche eingecheckt hatten. Ein verhängnisvolles Versäumnis. Heute frage ich mich, wie es dazu kommen konnte.
Die Wahrheit ist: Wir fühlten uns damals keineswegs als Anfängereltern. Wir fühlten uns als Eltern wohl in unserer Haut - und sicher. Wir kamen gar nicht auf die Idee, dass wir Hilfe bei der Medienerziehung benötigten. Unsere beiden Töchter Sophie und Franzi waren auch ohne die Lektüre von medienpädagogischen Ratgebern zu medienkompetenten jungen Frauen herangewachsen. Wie unsere Kinder unsere eigene Medienkompetenz einschätzten, ahnten wir nicht. Lennart verriet uns später:
Früher dachte ich immer, meine Eltern wissen alles oder können mir wenigstens jede Frage beantworten. Aber selbst mit Google finden sie nicht immer eine Lösung, wenn ich zum Beispiel die Einstellungen bei meinem Headset oder der Kamera ändern möchte, damit ich im Gruppenchat zu hören bin. Damit muss ich selbst klarkommen, das ist aber okay. So richtig ernst nehmen kann ich meine Eltern dann auch nicht, wenn sie mich warnen vor irgendwas im Internet, weil ich dann nicht weiß, ob sie es tatsächlich selber wirklich ganz genau wissen.
Alle drei Kinder haben im Sommer Geburtstag. Immer zum zehnten Geburtstag, beim Wechsel auf die rund acht Kilometer entfernte weiterführende Schule, überreichten wir unseren Kindern ihr erstes eigenes Handy - meist ein gebrauchtes Gerät von mir oder meinem Mann. Eine Art Notfallhandy für den Heimweg, den die drei Kinder zu unterschiedlichen Zeiten auf dem Fahrrad oder mit zwei verschiedenen Linienbussen antraten, erschien uns sinnvoll. Dies empfiehlt übrigens auch die Initiative SCHAU HIN.
Warum war 2013 und 2015 bei unseren ersten beiden Kindern alles glattgelaufen, aber nicht 2018 bei unserem dritten Kind?
Nach dem Super-GAU, den unsere Familie erlebt hat, haben wir uns auf Spurensuche begeben und nachgeforscht, wann und warum bei unserem Sohn der erste entscheidende Fehler passierte.
Wir blätterten in unseren Fotoalben und freuten uns an den Bildern von den zehnten Geburtstagen unserer ältesten Tochter Sophie und ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Franzi. Wir erinnerten uns noch genau an die kleinen Geburtstagsfeiern frühmorgens vor der Schule, hatten den Duft des frischen Kuchens und der ausgepusteten roten Kerzen noch in der Nase.
An die technische Ausstattung der Handys, die die Mädchen glücklich in den Händen hielten, erinnerten wir uns hingegen nicht mehr und mussten nachfragen. Nein, ins Internet konnten unsere Töchter mit ihren ersten Handys nicht.
Als Lennart im Frühsommer 2018 die letzten Wochen seiner vierten Klasse absolvierte, gab es in unserem Alltag längst keine Handys ohne Internetzugang mehr.
Wieder stand ein zehnter...
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