Schweitzer Fachinformationen
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Stella saß an ihrem Schreibtisch, vor sich den neuesten Katalog einer Dessousfirma. Ihre beiden Kolleginnen waren im Haus unterwegs, die anderen saßen weiter entfernt. Als Stella mich kommen sah, klappte sie die Unterwäscheseiten zu.
»Hallo, Stella«, sagte ich leise. »Du hältst mich also für eine alte Schachtel, die aussortiert gehört?«
»N. nein«, stotterte sie. »Ich war nur sauer, weil du diese Blumenwerferei so lustig gefunden hast.«
»Macht ja nichts«, beruhigte ich sie. »Wir leben in einem freien Land und dazu gehört die freie Meinungsäußerung. Meine Meinung ist, dass du eine bildungsferne, stinkfaule Assi-Tussi bist, die ihr erbärmliches Leben zwischen Erotik-Chat, Bookworm, Bauer sucht Frau, Nagelstudios und Versandhauskatalogen fristet.«
»Jetzt beleidigst du mich aber, Grappa!«, schniefte Stella mit Tränen in den Augen.
»Stimmt«, lächelte ich. »Und weißt du, was der Unterschied zwischen uns ist?«
Wusste sie nicht.
»Der Unterschied ist, dass du doof bist und ich clever bin. Du beleidigst die Leute vor Zeugen und ich nicht. Und jetzt darfst du mir einen Kaffee bringen!«
Sie war so perplex, dass sie meiner Aufforderung folgte. Ich bedankte mich und rührte den Kaffee nicht an, vielleicht hatte sie reingespuckt oder Schlimmeres gemacht.
»Was war das denn?«, fragte Mäggi. »Du warst ja total freundlich zu Stella. Sie hat vor Rührung fast geweint. Hast du ihr den Ausrutscher verziehen?«
»Hab ich«, nickte ich.
»Mutierst du zur zweiten Mutter Teresa?«, grinste die Kollegin.
»Ich verbitte mir eine solche Beleidigung!«
»Kommst du mit in die Kantine?«, fragte sie.
»Ja.« Ich nahm den vollen Kaffeepott und schüttete den Inhalt auf dem Weg in die Kantine ins Klo.
Simon saß allein an einem Tisch und knusperte ein Baguettebrötchen. An der Stuhllehne hing eine Plastiktüte. Er hatte meinen Blick bemerkt. »Da ist mein Versöhnungsblumenstrauß drin«, erklärte er. »Ich hab den ganzen Mist wieder aufgesammelt.«
»Das ist ja wohl das Mindeste.«
»Ich hol mal zwei Kaffee«, sagte Mäggi. »Du auch einen, Simon?«
Und so saßen wir kurze Zeit später traut vereint und hatten uns lieb. So wie früher.
Die Idylle wurde allerdings bald unterbrochen. Sarah brachte eine Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft. Es gab eine Festnahme im Fall Engels.
Haftbefehl im Mordfall Adalbert Engels
Staatsanwaltschaft und Mordkommission haben am Morgen den 32-jährigen Adrian S. festgenommen, ein Richter erließ Haftbefehl wegen Mordes. Engels wurde am Samstag brutal ermordet. Adrian S. wird vorgeworfen, den Toten aus Rache in ein Puppen-Bordell gelockt, ihn getötet und verstümmelt zu haben. Kameraaufnahmen zeigen den Verdächtigen auf dem Bordoll-Gelände. Der Beschuldigte streitet die Vorwürfe ab, räumt aber ein, am Ort gewesen zu sein. Er befindet sich in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen dauern an.
Welche Kameras? Udo Zorn hatte versichert, keine installiert zu haben. Ich rief die Pressestelle der Staatsanwaltschaft an und fragte nach.
»Die Aufnahmen stammen von dem Überwachungssystem der Spedition gegenüber. Sie zeigen den Toten, wie er seinen Wagen auf dem Parkplatz vor dem Etablissement abstellt. Dann taucht der Beschuldigte auf und spricht Engels an, als er aus dem Wagen steigt.«
»Habe sie sich gestritten?«
»Davon ist aufgrund der Gesten auszugehen.«
»Ist Herr Schmaus Engels gefolgt, als er ins Bordoll ging?«
»Die Reichweite der Kamera lässt es nicht zu, diese Frage zu bejahen.«
»Wie geht es weiter?«, fragte ich.
»Wir haben DNA an der Leiche gefunden, will sagen: Unter den Fingernägeln des Toten wurden Hautpartikel gefunden. Wir gleichen das jetzt mit dem Material des Verdächtigen ab.«
»Ich denke nicht, dass Schmaus der Täter ist«, sagte ich. »Aber meine Meinung wird Sie wohl nicht interessieren.«
»Stimmt. Wir setzen auf Fakten. Schmaus hatte ein Motiv, denn er gibt Engels die Schuld am Tod seiner Freundin Liane Licht. Das muss Ihnen auch aufgefallen sein, Frau Grappa. Er hat die angeblichen Verfehlungen ja durch Sie öffentlich gemacht.«
»Rache als Motiv für einen solch brutalen Ritualmord? Schmaus ist ein sensibler Künstler, der schneidet keinem den Penis ab.«
»Umso besser für ihn, wenn es so wäre. Wir suchen Beweise - für seine Schuld, aber auch für seine Unschuld. Das ist unsere Aufgabe, aber das wissen Sie ja.«
Ich stellte die neuen Infos aus der Pressemitteilung und dem Gespräch online. Danach setzte ich mich an den Artikel, den ich wirklich schreiben wollte und den wir exklusiv hatten.
»Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen« - Was hat die Mozart-Arie mit dem Sonnenkönig-Mord zu tun?
Mozarts berühmteste Oper heißt: Die Zauberflöte. Sie schildert die Entführung einer Prinzessin aus dem Reich der Nacht in die Gefilde eines Sonnenpriesters. Das findet die böse Königin der Nacht nicht prickelnd und sie schwört Rache mit den (gesungenen) Worten: »Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen, Tod und Verzweiflung flammet um mich her .«
Die Arie der bösen Königin war die letzte Musik, die der ermordete Festivalchef Adalbert Engels in seinem Leben hörte. Wie unsere Zeitung aus Ermittlerkreisen erfuhr, hat der unbekannte Mörder dem Sterbenden diese Arie über Kopfhörer vorgespielt. Die Mozart-Musik gehörte offenbar zur Inszenierung des schrecklichen Ritualmordes.
Die Parallelen fallen ins Auge. Da ist eine junge Frau, die Engels der Vergewaltigung bezichtigt und Selbstmord begangen hat. Die Mutter dieser Frau ist seither verschwunden. Dass sie um ihre Tochter trauert, ist anzunehmen. Aber will sie auch Rache wie die Königin der Nacht? Steckt sie hinter dem Sonnenkönig-Mord?
Damm segnete die Artikel ab.
Ich bat ihn, den Verlagsanwalt zu beauftragen, mir eine Besuchserlaubnis bei Adrian Schmaus zu besorgen. Der Verleger machte mir keine große Hoffnung.
»Eine Besuchserlaubnis wird nur für Angehörige ausgestellt, und selbst das ist schwierig. Aber da Herr Schmaus unser Informant ist, werde ich ihm einen Strafverteidiger zur Seite stellen, damit er nicht von einem Pflichtverteidiger vertreten werden muss. Der wird Haftbeschwerde einlegen.«
Das hörte sich gut an.
Das Bild mit dem Rügenmotiv kam mir wieder in den Sinn. Es hing bei Zorn im Büro. Deutete das auf eine Verbindung von Zorn zu Rügen und dann vielleicht auch zu Renate Kleinert und ihrer Tochter?
Am Abend hatte ich Zeit, den Maler auf Rügen anzurufen. Ich schickte ihm das Foto des Bildes.
»Ja, das ist von mir«, bestätigte er.
»Ich hätte gern etwas Vergleichbares«, log ich.
»Super.«
»Können Sie mit den Namen Renate Kleinert, Oliver Moreck oder Udo Zorn etwas anfangen?«, ging ich gleich aufs Ganze.
»Der Name Moreck sagt mir nichts. Renate Kleinert und einen Herrn Zorn kenne ich flüchtig. Allerdings nicht unter dem Namen Udo, sondern unter Utze. Ich hab ihn auf einer meiner Vernissagen getroffen. Ist aber über zwanzig Jahre her. Die Renate war damals seine Freundin.«
»Das passt. Ihr Gemälde hängt bei Utze Zorn im Büro«, erklärte ich.
»Wenn Sie etwas Ähnliches wollen, dann schauen Sie auf meine Homepage. Da hab ich Fotos von allen Bildern, die zu haben sind, hochgeladen.«
»Kennen Sie Zorn näher?«
»Was wollen Sie eigentlich alles wissen?«, wunderte er sich. »Ich dachte, Sie interessieren sich für meine Bilder.«
»Das tue ich ja auch. Ich schreibe für eine Zeitung«, gestand ich. »Herr Zorn lebt in derselben Stadt wie ich und ich arbeite an einer Homestory über ihn. Delikat Essen in Bierstadt, eine Serie über die besten Restaurants. Dabei ist mir das Gemälde aufgefallen.«
»Suchen Sie sich ein Bild aus, über den Preis werden wir schon einig.«
Kleist hatte dem Gespräch gelauscht und grinste. »Deine Lügen werden immer dreister. Aber ich muss zugeben, dass du relativ erfolgreich bist.«
»Jetzt bin ich gespannt, was uns Utze Zorn über den Kreidefelsen von Rügen erzählt.«
Bevor ich am Morgen zur Arbeit fuhr, rief ich Utze Zorn an.
»Ich recherchiere ein wenig herum über den Hintergrund von Adrian Schmaus. War der Schmaus schon mal Gast bei Ihnen?«, fragte ich.
»Nicht, dass ich wüsste. Die Polizei hat den Hausdamen sein Foto gezeigt, sie haben ihn noch nie gesehen.«
»Weil er schwul ist?«
»Das hab ich auf dem Foto nicht erkannt, Frau Grappa.«
»Mich interessiert außerdem der Kopfhörer, den Engels trug«, wechselte ich das Thema. »War der Bestandteil der Zimmereinrichtung?«
»Ja, in jedem Raum gibt es einen CD-Player und kabellose Kopfhörer. Manche Gäste bringen sich spezielle Musik mit, andere folgen unserer Auswahl.«
»Welche Musik bieten Sie an?«
»Die Zauberflöte ist nicht dabei, falls Sie darauf hinauswollen. Eher das übliche Repertoire der Kings of Kaufhausmusik.«
»Herr Moreck kannte Engels von früher. Was ist mit Ihnen? Kannten Sie Engels eigentlich?«
»Von Fotos aus der Zeitung. Ich hab ihn zum ersten Mal persönlich gesehen, als er tot auf dem Sofa lag«, antwortete Zorn. »Eine eher einseitige Bekanntschaft. Und nicht angenehm, mit diesem Teil, das ihm aus dem Mund hing.«
»Ich hab noch eine private Frage«, sagte ich. »Sie haben in Ihrem Büro ein sehr schönes Gemälde an der Wand....
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