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TRIUMPH DES CHAOS: WARUM DONALD TRUMPS WAHLSIEG UNVERMEIDBAR WAR - UND WAS ER FÜR DIE WELT BEDEUTET
Donald Trumps zweite US-Präsidentschaft ist eines der größten politischen Comebacks aller Zeiten und erschüttert die Welt. Das beweist schon der Weg, auf dem er zurück ins Weiße Haus gelangt ist. Der Journalist und Bestsellerautor Michael Wolff hat Trump dabei so eng begleitet wie niemand anderes: Wir dringen in die Kitschwelt von Mar-a-Lago ein, sitzen in unterkühlten Gerichtssälen und im Wohnzimmer des Trump Tower in New York; wir beobachten den US-Präsidenten bei seinen Ausrastern, Geistesblitzen und täglich vierstündigen Golfrunden; wir lernen seine schillernde Entourage kennen, die jetzt auf einflussreichen Posten in Washington sitzt.
Schon bald offenbart sich eine gespaltene Realität: Einerseits steckt Trump in einem tiefen Sumpf aus juristischen Untersuchungen, Anklagen und Verfahren, andererseits unterstützt ihn seine Partei bedingungslos, während die Umfragewerte steigen und die Opposition schwächelt. Aber genau das ist der unheimliche Grund für Trumps Erfolg: Auf dem schmalen Grat zwischen Tragödie und Farce zeichnet Wolff das erschütternde Porträt eines Mannes, dessen Verhalten so unkontrolliert und erratisch ist, dass es alle Regeln des politischen Lebens außer Kraft setzt. So ist »Alles oder Nichts« nicht weniger als das eindringliche Zeugnis der Dämonen, des Unfriedens und der Anarchie im Amerika unter Donald Trump.
Wolffs Buch ist ein investigativer Politthriller, der in die Abgründe des Trumpuniversums blickt - und liefert damit einen Schlüssel zum Verständnis jener Gesellschaft, die Trump hervorgebracht hat.
PrologMar-a-Lago
Als Donald Trump am 20. Januar 2021, dem Tag der Amtseinführung Joe Bidens, nach Mar-a-Lago zurückkehrte, nachdem ihn eine verschwindend kleine Schar an der Andrews Air Force Base verabschiedet hatte, war es bestenfalls das Hirngespinst eines Verlierers, dass er nochmals für die Präsidentschaft kandidieren könnte. In seinem Dunstkreis (Familie, Berater im Weißen Haus, Führungsriege der Republikaner, Spender) gab es mit Sicherheit nicht viele Stimmen, die ihn in dieser Hinsicht ermutigten. Wer ihm nahestand, war in seinen Kommentaren zurückhaltend oder wirkte gar peinlich berührt - Niederlage; verrückte, lächerliche Versuche, Bidens Sieg zu leugnen; Sturm aufs Kapitol am 6. Januar; Exil.
Im Senat stand ihm schon bald ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs bevor, und er konnte nur mit Mühe ein halbwegs fähiges Anwaltsteam finden, das seine Verteidigung übernahm - eine zusammengewürfelte Gruppe unbekannter Anwälte, die sich erst nach einem weitreichenden Aufruf zusammenfand. Nur das Mitleid des republikanischen Senatsführers Mitch McConnell und dessen Bestreben, seine Hände in Unschuld zu waschen, rettete Trump seine Berechtigung, ein Amt zu bekleiden. In den Augen normaler Bürger stellte diese Verhandlung einen weiteren Sargnagel dar. (Doch ein Vorteil, den vielleicht nur er sah, war, dass er in den Nachrichten präsent blieb.)
Seine Finanzen waren in Unordnung. Seine Söhne, deren eigene Existenzgrundlage auf dem Spiel stand, bauten auf Ruhe und Zurückhaltung und wollten ihn unbedingt aus den Nachrichten heraushalten, um die Marke wiederherzustellen, in der Hoffnung, dass in ein, zwei Jahren »Trump« Schnee von gestern sein würde. In Mar-a-Lago gab es mehrere offene Auseinandersetzungen zwischen ihnen und ihrem Vater, wobei die Söhne den Ernst der Lage und die erforderliche Disziplin betonten. Ihr Vorschlag, dass er als Botschafter auf den ausländischen Liegenschaften der Familie am wertvollsten sein könne - Donald Trump auf permanenter Golftour -, kam bei ihm nicht besonders gut an.
Es wurde gemunkelt, dass ihm rechtliche Konsequenzen drohten. Ein Grund mehr, auf Tauchstation zu gehen und unter den neuen Verhältnissen nicht aufzufallen.
Gerüchten zufolge bot sein geistiger Gesundheitszustand Anlass zur Sorge. Er schien die Realität des Geschehenen tatsächlich nicht anzuerkennen oder zu begreifen.
Sein engster Berater im Weißen Haus, der Autorität und Einfluss besaß und für ein gewisses Maß an Normalität sorgte, war sein Schwiegersohn Jared Kushner.
Trump erwartete, dass Kushner in Mar-a-Lago weiterhin seine rechte Hand blieb. Doch Kushners eindeutiger und sofortiger Plan für die Zeit nach dem Weißen Haus war es, zwischen sich und seinem Schwiegervater Abstand zu schaffen. Als ein Freund ihn nach der Zukunft seines Schwiegervaters fragte, erwiderte er: »Wie hat Nixons Zukunft ausgesehen?«
Kushner und seine Frau Ivanka zogen aus gesellschaftlichen und steuerlichen Gründen nach Florida - aber nach Miami statt nach Palm Beach - und gaben neue Schulen für die Kinder als Begründung an. Als seine Nachfolger stellte Kushner das Personal des neuen Exilbüros für seinen Schwiegervater zusammen. Doch es war kein großer Mitarbeiterstab: Susie Wiles, eine lokale Politikberaterin im Rentenalter, die einen Anfängerjob übernahm, trat die Stelle eher aus Pflichtgefühl an als aus Ehrgeiz; Nick Luna, ein junger Mann, der mit einer von Kushners Assistentinnen verheiratet war, pendelte mehrmals wöchentlich von Miami nach Palm Beach; Jason Miller, Kommunikationsstratege im Wahlkampf, war ein paar Monate lang auf Abruf in Washington; und Molly Michael, eine seiner Beraterinnen, die alle gleich aussahen, übernahm die Rolle der jungen Frau, die sich um ihn kümmerte (denn Hope Hicks, seine liebste junge Gefolgsfrau, war während seines Versuchs, die Wahl anzufechten, geflohen).
Seine Frau Melania sprach offen darüber, wie sie die Zukunft ihres Mannes sah - oder über die Zukunft, die sie nicht sah. Ihr hatte es im Weißen Haus überhaupt nicht gefallen. Soweit sie eine Ehe geführt hatten (wenn auch zu hart verhandelten Bedingungen), hatte diese durch die Stimmungsschwankungen ihres Mannes und das ständige Gefühl, gekränkt und verletzt zu werden, weiter gelitten. Nach ihrer Einschätzung war das Ganze für ihren Sohn Barron schlimm gewesen, und das hatte die Spannungen zwischen ihr und den übrigen Familienmitgliedern verschärft. Ein Glück, dass es vorbei war. Sie war jung, ihr Mann alt, und sie musste sich um ihr eigenes Leben kümmern - sie war einfach nur erleichtert, dass er mit der Politik fertig war (oder die Politik mit ihm).
Aber Trump erkannte Niederlage und Exil schlicht nicht an. Es gab nicht das geringste Anzeichen, nicht den geringsten Hinweis darauf, dass er das Ausmaß und die Endgültigkeit dessen, was seit der Wahl am 3. November geschehen war, auch nur wahrgenommen hätte. Er war nicht geneigt, in den Geschehnissen eine Bedeutung zu suchen oder die Erfahrung zu überdenken. Und es kannte auch niemand einen Freund oder Vertrauten, mit dem er sich über seine jüngste Vergangenheit und unbekannte Zukunft austauschen konnte. Er wurde nicht, wie viele geschlagene Politiker es geschildert haben, von einer Zeit des Selbstzweifels und der Reflexion übermannt. Eher war er, in jeder Hinsicht und ohne aus der Rolle zu fallen, noch immer der Präsident.
Ein so beharrliches Hirngespinst würde man sich bei dem Despoten eines kleinen Landes vorstellen, der nach Südfrankreich ins Exil geht, wo er sich, von heuchlerischen Schleimern umringt, in einer umgesiedelten, aber unveränderten Welt wähnt. Vielleicht verhielt es sich bei ihm ähnlich. Die meisten Leute, die den früheren Präsidenten in Mar-a-Lago umgaben - seine Familie, seine politischen Mitarbeiter, das Personal und die Mitglieder des Clubs -, versuchten bestimmt, ihn bei Laune zu halten. Aber das war, zumindest anfangs, das leicht durchschaubare Verhalten von Höflingen.
Der zentrale Punkt seines Exils - für alle in seiner Umgebung so besorgniserregend, dass sie jeglichen Blickkontakt mieden - war das ständige Herumreiten auf der gestohlenen Wahl. Ohne Rücksicht auf das Thema, um das es gerade ging, fing er immer wieder davon an. Es gab kaum ein Gespräch, in dem er nicht auf den Sieg zurückkam, der ihm, wie er wütend und voller Überzeugung behauptete, böswillig gestohlen worden sei.
Ja, der Bogen der Geschichte scheint sich seither seinem Irrglauben zugeneigt zu haben, doch im Frühling 2021 und vielleicht bis gegen Ende des Jahres gab es nur wenige Stimmen der Vernünftigen, Sachkundigen und Etablierten jeglicher politischen Couleur (oder wie man die in der Faktenwelt lebenden Leute nennen will), die nicht voll und ganz anerkannten, dass Donald Trump die Wahl verloren hatte. Von seinen Mitarbeitern über seine Anwälte, seine Familie, sein Kabinett bis zur gesamten Führungsriege der Republikaner in Washington, ja sogar Tucker Carlson und Steve Bannon, gab es niemanden, der die Fakten seiner Niederlage nicht akzeptierte. Selbst wenn sie Zweifel zuließen und mögliche Streitpunkte eingestanden, begriffen alle außer dem Ex-Präsidenten und den wenigen ihn unterstützenden Spinnern, dass das Ergebnis sich nicht entscheidend geändert hätte. Das war einfache Mathematik.
Doch Trump steckte in einer Zahlenschleife - wobei sich die einzelnen Zahlen in seiner Darstellung oft änderten, ergänzt durch sonderbare »Informationsblätter«, die er seine Mitarbeiter erstellen ließ, und durch stets griffbereite Artikel der rechten Presse, die er in Gesprächen oder eher Monologen ausführte, und die unter Umständen erst endeten, wenn sein Gesprächspartner sich höflich und verzweifelt entschuldigte oder man Trump von ihm wegzerrte. Wer ihm zuhörte, gewann nicht den Eindruck, dass er auch nur die grundlegendsten Fakten verstand. Oder aber man kam zu dem Schluss, dass er absichtlich und trotz aller gegenteiligen Beweise hartnäckig versuchte, die grundlegenden Fakten unter Schichten von Unsinn zu verbergen.
Er glaubte daran oder redete es sich ein, oder es war ein Bravourstück, ohne die Möglichkeit, dass er je zugeben würde, in Wirklichkeit Theater zu spielen: Es hatte eine Verschwörung gegeben, die das wahre Ergebnis zunichtemachte, und deshalb war er immer noch Präsident. »Eine Gruppe von Leuten in der Demokratischen Partei, die mit Big Tech und den Medien zusammenarbeiteten«, hätten ihm den Sieg gestohlen, erklärte er einem Besucher in Mar-a-Lago. Es sei »ein koordiniertes Vorgehen« gewesen. »Die Namen werden noch enthüllt«, versprach er. Natürlich geschah das nie.
Eine Zeit lang herrschte Pathos. Es gibt kaum jemanden, zumindest unter denen, die etwas Besseres zu tun haben, der die Absurdität des Ganzen nicht erkannte. Aber Gewissheit ist machtvoll. Unerschütterliche Gewissheit. Sogar psychotische Gewissheit. Vielleicht ist auch Schmach machtvoll - wenn man sich weigert, seine Schmach anzuerkennen, wird daraus Rechtschaffenheit. Und vielleicht ist Irrglaube machtvoll. Und je größer der Irrglaube ist, umso machtvoller kann er sein.
***
Angesichts der Tatsache, dass er nichts geändert hatte, dass er in seiner Vorstellung noch immer der Präsident war, gab es nie den logischen Schritt, sich als Ex-Präsidenten zu bezeichnen, nicht einmal die vorübergehende Möglichkeit, »Präsident« nur als Höflichkeitstitel zu verstehen - der korrekte Titel für einen vormaligen Präsidenten ist »Mister« - oder gar zum Vornamen zurückzukehren. Er blieb, was...
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