Schweitzer Fachinformationen
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Luca
Die Mittagszeit war bereits verstrichen. Luca hatte aufgehört, ständig auf die Uhr zu sehen. Es war offensichtlich, dass Zinnia sich verspätete, und es brachte überhaupt nichts, den ganzen Tag zu vertrödeln, indem sie nur auf ihn wartete. Schließlich hatte sie so einiges vor, wenn sie ihr ganzes bisheriges Leben ergründen wollte. Sie musste endlich herausfinden, was sie alles mochte, was sie gerne machte, welche Träume und Ziele sie verfolgt hatte. Sie brauchte es, damit sie es wieder tun oder sich wenigstens daran orientieren konnte. Damit sie wieder ein richtiges Leben haben konnte. Denn dazu gehörte eben nicht nur eine Gegenwart, sondern immer auch eine Vergangenheit. So wie es gerade war, hing sie einfach nur in der Luft. Und das war sie so was von leid.
Sie setzte sich auf den Teppich vor der großen Fensterfront im Wohnzimmer und öffnete die Liste der Dinge, die sie genauer recherchieren wollte, auf dem Holo-Display ihres Armbands. Schon der erste Punkt war so simpel wie wichtig: ALLES über mich.
»Maris?«, fragte sie in den stillen Raum hinein. Luca war zwar noch sehr bewusst, was für ein Reinfall ihr Gespräch mit der AI am Morgen gewesen war, doch ihr war ebenso klar, dass sie ohne Hilfe nicht weiterkommen würde. Erstens wurde ihr Arm irgendwann lahm, wenn sie das Hologramm ihres Armbands benutzte, und zweitens hatte sie noch nicht ergründen können, was sie fragen musste, um effizient die Informationen zu finden, um die es ihr ging, und nicht nur irgendwelche High-News-Artikel und -Kommentarspalten.
»Brauchst du Hilfe?«
Sie zögerte. Schwang da gerade etwas Genugtuung in ihrer Stimme mit oder spinn ich mir da was zusammen?
»Ich möchte gerne etwas recherchieren und weiß nicht, wie ich es am besten anstelle«, erklärte Luca, den Blick starr auf ihre Hände in ihrem Schoß gerichtet.
»Soll ich für dich deine private Datenbank oder das Highnet nach einer bestimmten Information durchsuchen?«
Darauf bedacht, nicht wieder etwas Unüberlegtes zu sagen, das Maris als Beleidigung empfinden könnte, versuchte sie sich vorzustellen, was sie sagen würde, wenn sie einen Menschen vor sich sitzen hätte, den sie um Hilfe bat. Sie wollte nicht riskieren, die AI gegen sich aufzubringen, sodass sie ihr am Ende doch nicht half. Hatte Zinnia nicht sogar mal gesagt, sie hätte schon einmal eine AI ziemlich wütend gemacht? Oh Mann.
»Also . wenn du gerade nichts anderes Wichtiges zu tun hast, dann würde ich mich sehr über deine Hilfe freuen.«
»Zinnia hat mich von all meinen anderen Verpflichtungen freigestellt, damit ich dich im Alltag unterstützen kann. Ich denke, dies hier ist also das Wichtigste, was ich gerade zu tun habe.«
Überrascht von Maris' Antwort sah Luca auf; dabei musste sie feststellen, dass sie gar nicht wusste, wohin mit ihrem Blick. »Er hat dich freigestellt?«
»Ich arbeite bereits seit fast einem Jahr als sein Assistant. Seit zwei Wochen habe ich auch Zugriff auf die Daten eures privaten Wohnraums und soll mich in erster Linie nun als dein Assistant betrachten, um es mit Zinnias Worten auszudrücken.«
Luca wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Warum hatte Zinnia ihr nichts davon gesagt? War er einfach noch nicht dazu gekommen oder hatte er es vielleicht schlichtweg vergessen?
»Was möchtest du, dass ich recherchiere?«
»Mich. Also alles, was es so über mich herauszufinden gibt. Wo ich gewohnt habe, woran ich gearbeitet habe, wen ich gekannt habe«, zählte sie alles auf, was ihr in den Sinn kam und befürchtete dennoch, dass all das zu wenig sein würde, um sich zu erinnern.
»Soll ich dir Artikel, Dateien und dergleichen schicken oder möchtest du, dass ich die Informationen direkt sichte und eine Liste für dich zusammenstelle?«
An einer Haarsträhne zupfend, blickte Luca an die weiße Zimmerdecke.
»Es stört mich nicht, dir die Rechercheergebnisse aufzubereiten und zusammenzufassen«, fügte Maris hinzu.
»Danke«, murmelte sie und blickte zum Eingangsbereich, als sie dort ein Geräusch wahrnahm. Zinnia kam gerade zur Tür herein und begann zu lächeln, sobald sich ihre Blicke trafen.
»Ich war leider länger weg, als ich vorhatte. Ich hoffe, du hast dich trotzdem zurechtgefunden?«
Mit ihrem Blick folgte Luca Zinnias Weg zur Garderobe und dann die vier Treppenstufen herunter zu ihr in den Wohnbereich. Sie zuckte mit den Schultern, sagte aber: »Ja, alles okay. Maris hat mir geholfen.«
Ein schuldbewusster Ausdruck huschte kurz über Zinnias Gesichtszüge. »Mir ist erst gerade auf dem Weg nach Hause in den Sinn gekommen, dass ich sie dir schon längst hätte vorstellen sollen, damit du weißt, dass hier immer jemand ist, der dir Fragen beantworten kann.«
»Ich war so frei, mich selbst vorzustellen«, schaltete Maris sich ein. »Alles Wichtige ist besprochen, und wir arbeiten sogar schon an unserem ersten Projekt.«
Ein Projekt. Luca musste lächeln. So konnte man ihre Recherche natürlich auch nennen.
Mit fragend hochgezogener Augenbraue blickte Zinnia zu Luca, entgegnete jedoch nichts weiter als: »Das klingt doch gut.«
»Soll ich mit den weiteren Punkten der Liste in deinen Notizen ebenso verfahren wie mit dem ersten, Boss?«
Luca blinzelte und versuchte, sich einen Reim darauf zu machen, dass Maris sie plötzlich Boss nannte und woher sie die Rechercheliste von ihrem Armband kannte. Momentan hatte sie eher das Gefühl, ahnungslos und hilfsbedürftig zu sein - und nicht der Boss von irgendjemandem.
Ein Flackern an der Wand hinter Zinnia weckte ihre Aufmerksamkeit. In großen Buchstaben erschienen die Worte: Wenn du hier in der Wohnung bist, werden die Daten von deinem Armband automatisch kopiert und gesichert. Solange du sie nicht verschlüsselst, habe ich vollen Zugriff auf sie. Ich kann dir später gerne mehr dazu erzählen.
Nachdem Luca zu Ende gelesen hatte, wanderte ihr Blick wieder ein paar Zentimeter weiter nach links zu Zinnias Gesicht, der sie aufmerksam musterte. Doch als er einen Blick über seine Schulter warf, waren die Buchstaben bereits wieder verschwunden.
Luca verkniff sich ein Lachen. Hatte Maris das für sie gemacht oder um Zinnia irgendwie eins auszuwischen? Möglichst ernsthaft sagte sie: »Ich möchte, dass du ab jetzt mit jedem Punkt auf der Liste so verfährst, der neu hinzukommt, Maris.«
»Verstanden. Ich mache mich gleich an die Arbeit.«
Zinnia sagte nichts, sah sie nur noch einen weiteren Moment aufmerksam an. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Luca das vermutlich nervös werden lassen, doch diesmal lächelte sie einfach nur entspannt. Sie hatte jetzt ein Projekt und eine AI, die für sie arbeitete. Dank ihr hatte sie sogar ein Gespräch mit Zinnia geführt, ohne auch nur einmal zugeben zu müssen, dass sie etwas nicht wusste oder verwirrte.
»Was hältst du von einem verfrühten Abendessen?«, fragte Luca an Zinnia gewandt.
»Ziemlich viel. Ich bin nicht dazu gekommen, zu Mittag zu essen.«
Sie nickte. »Ich auch nicht.«
Als sie Zinnia in Richtung Küche folgte, beobachtete sie amüsiert, wie er noch einmal aufmerksam die Wand musterte, die sich zuvor noch in seinem Rücken befunden hatte. Doch dort gab es absolut nichts Verräterisches zu entdecken. Zumindest solange sie in seinem Blickfeld war, denn kaum war er daran vorbei, erschienen mit einem kurzen Flackern erneut Buchstaben: Das könnte wirklich viel mehr Spaß machen, als ich erwartet hatte.
Diesmal konnte Luca sich ein leises Lachen nicht verkneifen.
Ein Schrei riss Luca aus dem Schlaf. Aufgeschreckt saß sie blinzelnd im Bett, schwer atmend und orientierungslos. Als gedämpftes Licht das gerade noch finstere Schlafzimmer erfüllte, zuckte sie heftig zusammen. Ihr aufgewühltes Inneres sagte Gefahr, brüllte immer wieder flieh!
Während Luca sich gehetzt im Zimmer umsah, dämmerte ihr, dass der Schrei, der sie geweckt hatte, wohl aus ihrer eigenen Kehle stammte. Sie konnte sich nicht erinnern, aber was auch immer sie geträumt hatte, verfolgte sie immer noch.
Die Zimmertür öffnete sich, und Zinnia betrat mit falsch herum angezogenem Shirt und besorgter Miene den Raum. »Ich habe deinen Schrei gehört. Schlecht geträumt?«
Sie nickte und versuchte, sich auf ihren Atem zu konzentrieren, bis ihr Puls...
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