Schweitzer Fachinformationen
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aureus ~a ~um, a.
Ich beschleunige meine Schritte, als ich den Turniersaal Richtung Hangar sechs durchquere. Ich muss mich beeilen - ich habe wertvolle Minuten damit verloren, Vaters Leiche durch die Luftschleuse zu schieben.
Der Gang wölbt sich hoch über mir wie eine Höhle aus kaltem Marmor und Stahl. Die Station ist groß genug, um drei Ebenen zu beherbergen - den unteren Bezirk, den mittleren Bezirk und den Adelsbezirk -, aber am allermeisten Raum nimmt, mit Ausnahme des Königspalasts, der Turniersaal ein. Reiten ist die einzige Sportart, die die Anerkennung sowohl des Königs als auch der Kirche genießt, und so ist der Turniersaal das reinste Unterhaltungsmekka. Und einer der wenigen Orte, an denen auch das gemeine Volk willkommen ist . wenngleich auch nur, um seine Credits auszugeben und die Tribünen zu füllen.
Ich werde noch schneller und biege nach links zum Hangar sechs ab, folge den orangefarbenen Lichtern. Die Lampen haben die Form von Engeln. Was für ein behagliches Leben müssen die Adligen führen, wenn sie Zeit dafür haben, so schöne Lampen zu machen? Sie haben reichlich zu essen und genug Medizin selbst gegen den kleinsten Schnupfen, während wir anderen immer wieder von Ausbrüchen der roten Pocken heimgesucht werden. Auch meine Wangen sind von Pockennarben gezeichnet - es ist schon lange her, und ich habe damals nur knapp überlebt. Das Gesicht meines Vaters hingegen war verstörend glatt. Adlige müssen nicht ums Überleben kämpfen. Sie entscheiden, wer überlebt.
Ein Herzog hat die höchste Position innerhalb eines Hauses inne. Ihm untersteht eine Handvoll Lords, und diesen Lords wiederum unterstehen zahlreiche Barone, die dafür sorgen, dass das gemeine Volk arm bleibt, der Gnade der Aristokraten ausgeliefert. Sie entscheiden, wer lebt, wer Proteinrationen bekommt und wer stirbt.
Aber jetzt entscheide ich, wann und wo ich sterbe.
Und es wird in einem Streitross sein.
Ich blicke hinauf. Die prächtigen Banner der Adelshäuser säumen den Turniersaal; am auffälligsten ist der purpurgoldene Drache des Königshauses - des Hauses Ressinimus. Fans dürfen sich eigentlich nicht in der Nähe der Hallen aufhalten, aber ein kleines Grüppchen hat sich trotzdem hineingeschlichen und wartet mit Gewächshausblumen und Autogrammbüchern in den Händen darauf, dass ihre Lieblingsreiter vorbeikommen. Die Bücher sind aus echtem, kostbarem Papier - tja, hier ist echter, sehr viel weniger kostbarer Fanatismus am Werk.
»Wer ist das?«, flüstert ein Mädchen und starrt mich an.
»Die Reiterin des Hauses Hauteclare«, behauptet der Mann neben ihr. »Das einzige Haus, dessen Reiter ein so strahlendes Weiß trägt, ist Hauteclare.«
»Aber . sie ist ein Mädchen. Ich dachte, Herzog Hauteclare persönlich reitet das Streitross?«
Der Mann schüttelt den Kopf. »Jetzt reitet Lady Mirelle Ashadi-Hauteclare für ihn. Der Herzog hat sich vor drei Jahren zurückgezogen. Wegen seiner Kopfverletzung beim letzten Supernova-Pokal .«
Ich blende sie einfach aus, so beiläufig, als würde ich die Lautstärke meines Visors runterregeln. Dieser Lady Mirelle habe ich über den Visor am Handgelenk meines sterbenden Vaters mitgeteilt, dass sich das Turnier um dreißig Minuten verzögert. Sie ist das geringste meiner Probleme.
Dem Reiten - diesem Beruf, der allein dem Adel vorbehalten ist - ist eine ganze Akademie gewidmet. Die Streitrösser sind hochkomplexe Maschinen, und jede falsche Bewegung kann das Ende bedeuten. So aufmerksam ich die Turniere auch stets verfolgt habe, heute werde ich sicherlich eine Menge Fehler machen, und einer dieser Fehler wird tödlich für mich sein.
Dennoch wird niemand ahnen, dass ich ein Bastard bin . bis sie das Cockpit des Streitrosses aufbrechen und meiner Leiche den Helm abnehmen. Dann werden sie die Pockennarben auf meinen Wangen sehen und wissen, dass ich eine Bürgerliche bin, die nicht über die Credits verfügt, diese Schönheitsmakel zu beseitigen, und der DNA-Test wird noch Schlimmeres beweisen: dass ich ein Bastard des Hauses Hauteclare bin. Und dann wird Hauteclare das erste und einzige Haus der Geschichte sein, das die geheiligte Welt des Reitens besudelt hat.
Ich erschauere. Mein Tod wird erheblich schmerzhafter sein als das Verbrennen im Plasmaschlot. Aber er wird sie mehr schmerzen als mich.
Ein großer Reiter mit breiten Schultern kommt auf mich zu. Sein Gewand ist so leuchtend karmesinrot, dass es in den Augen weh tut. Blut in Vaters Teppich, die blutige Kehle meiner Mutter. Ein braunes Emblem in Form eines Falken schmückt seinen reich verzierten Helm, aber ich weiß nicht, zu welchem Haus es gehört - es gibt einundfünfzig Häuser am Hof des Königs, und nur Adlige machen sich die Mühe, sich die Wappen all dieser royalen Arschlöcher einzuprägen.
Ich hebe das Kinn. Früher einmal hätte mich die schiere Größe dieses Reiters womöglich eingeschüchtert, ebenso die Weise, wie sein enganliegender karmesinroter Anzug all die hart erarbeiteten Muskeln seines beeindruckenden Körpers betont. Vielleicht hätte ich auch Unbehagen empfunden, weil er so mühelos über den Marmorboden dahingleitet wie flüssiges Feuer. Etwas so Großes sollte sich nicht so anmutig bewegen. Aber jetzt empfinde ich nichts mehr außer dem Sog des bevorstehenden Endes, das mich so unaufhaltsam anzieht wie ein Schwerkraftgenerator.
Im Vorbeigehen rempelt der rote Reiter mich mit der Schulter an. Absichtlich. Ich taumle, aber er klappt nicht mal das Visier hoch, um sich zu entschuldigen. Stattdessen dröhnt eine tiefe Stimme aus den Helmlautsprechern.
»Hast du getrunken, Mirelle? Interessante Art, die Saison zu beginnen. Soll ich dir eine Flasche schönen altirdischen Whiskey schicken lassen? Stoßen wir doch später miteinander an, wenn ich dich in der ersten Runde besiegt habe.«
Ich schweige. Er umkreist mich wie ein hungriger Hund.
»Du kommst mir dünner vor. Hast du etwa nicht brav dein Gemüse aufgegessen?«
Wenn ich antworte, wird mich meine Stimme verraten, aber wenn ich gar nicht reagiere, erregt das ebenfalls Verdacht. Der rote Reiter greift nach mir, und unwillkürlich wehre ich ihn ab. Unsere Handflächen prallen aufeinander, und mir schießt Adrenalin ins Blut. Er neigt den behelmten Kopf, und das Falken-Siegel scheint mich misstrauisch zu beäugen.
»Heute sind wir aber ganz schön kratzbürstig, was? Uns bleiben noch fünfzehn Minuten bis zum Start. Sollen wir sie nutzen und schnell noch mal duschen gehen, nur du und ich?«
Er versucht, seine Finger mit meinen zu verschränken. Aber auch wenn er größer und stärker ist als ich - in der Zeit, als ich im Bordell nach Informationen über meinen Vater suchte, habe ich die Kunst der Armhebel zu meistern gelernt.
Mit einem Ruck verdrehe ich ihm den Ellbogen und höre sein schmerzerfülltes Aufstöhnen, als ich ihn in derselben Bewegung zu Boden schleudere. Im nächsten Moment liegt er unter mir, und ich blicke schweratmend auf sein seelenloses schwarzes Visier hinunter, in dem sich mein gold-weißer Helm spiegelt.
Die Bewegung seiner breiten Brust ist der einzige Hinweis darauf, dass der rote Reiter ein Mensch ist. Im Vergleich zu seinen Handgelenken sind meine eigenen lächerlich dünn, nichts als Haut und Knochen. Er ist so absurd massiv, dass es ein Kinderspiel für ihn sein müsste, meinen Griff zu sprengen, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund bleibt er unter mir liegen. Einen Atemzug lang. Drei.
Mir ist, als würde die Hitze seines Oberkörpers die Innenseiten meiner Oberschenkel verbrennen. Und dann spüre ich Hitze in meinem Rücken . seine Finger. Er versucht, mich zu überlisten. Ich packe zu und verdrehe seinen Arm. Presse ihn neben seinem Kopf auf den Boden. Plötzlich sind sich unsere Helme viel zu nahe, schwarzes Visier dicht vor schwarzem Visier. Meine Brust zieht sich zusammen, als würde sich ein viel zu enges Band darum spannen.
Er gibt zuerst auf. Hebt sein Visier an, und hinter dem schwarzen, harten Glanz kommen braune Augen zum Vorschein. Sie haben die satte Farbe von Rotholz, wie der Anhänger meiner Mutter, warm und kastanienbraun, und sind umkränzt von dichten Wimpern.
»Wenn du das hier wolltest«, er lacht leise, »hättest du doch nur fragen müssen.« Er ist durch und durch ein typischer Adliger - vergnügungssüchtig, arrogant, ignorant. Sein enges Gewand hilft nicht gerade dabei, sein Entzücken zu verbergen, aber immerhin lenkt ihn eben dieses so sehr ab, dass er nicht merkt, dass gerade eine Hochstaplerin auf ihm sitzt.
Hinter dem Visier verziehe ich angewidert das Gesicht. Das erste Mal, dass ich einem anderen Menschen irgendeine Art von Mimik entgegenbringe seit . seit Wochen? Monaten?
Fans umringen uns in einem dichten Pulk, sie zeichnen alles auf; an Dutzenden Handgelenken blitzt es blau auf.
»Eine körperliche Auseinandersetzung zwischen Reitern vor einem Spiel gilt als Foul«, ruft jemand.
»Sollen wir einen Kampfrichter rufen?«, fragt ein anderer.
Kampfrichter. Es fühlt sich fast nicht wie ein Wort an, eher wie ein plötzlicher Stich, der mir durchs Gehirn fährt, eine Warnung - die Autorität ist das Einzige, was dich jetzt noch aufhalten kann.
Hastig stehe ich auf und weiche von ihm zurück.
»Nein«, platzt der rote Reiter heraus und richtet sich ebenfalls auf. »Wir brauchen keinen...
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