Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Ich freue mich bei Schneefall gleich doppelt: Erstens mag ich richtige Winter, in denen ich mit schweren Stiefeln durch die weiße Pracht stapfen kann, und zweitens kann ich dann viele Geheimnisse lüften. Zumindest diejenigen, welche Tiere betreffen, denn nun hinterlassen sie deutlich sichtbar ihre Spuren. Dabei ist Schneefall nicht gleich Schneefall. Vor allem der erste Wintereinbruch einer Saison ist besonders ergiebig. Dann sind die Tiere noch nicht im Kältemodus, streifen noch viel aktiver umher als bei längeren Frostperioden. Am besten starten Sie Ihre Entdeckungstour gleich morgens, denn oft schmilzt die Mittagssonne die Spuren an, oder ein scharfer Wind weht sie wieder mit Eiskristallen zu, sodass sie kaum noch zu erkennen sind. Lichten Sie alle Funde mit dem Handy ab, damit Sie diese zu Hause bequem mithilfe eines Bestimmungsbuches oder einer passenden Website entschlüsseln können.
Im Sommerhalbjahr ist feiner Schlamm auf oder an Wanderwegen besonders vorteilhaft. Hier hinein drücken sich Pfoten und Hufe wie ein Siegel in Wachs. Nebenbei können Sie grob ermitteln, wie lange es her ist, dass das betreffende Tier vorbeikam. Entscheidend sind die letzten heftigen Regenfälle. Sie spülen die Spuren wieder zu oder lassen zumindest die scharfen Konturen erodieren, sodass sie nur noch ungefähr zu erkennen sind. Hat es also beispielsweise vorgestern geregnet und Sie entdecken eine gestochen scharfe Rehfährte, ist es maximal zwei Tage her, dass das Tier dort seine Bahn zog.
Besonders aufregend wird es, wenn man Wolfsspuren findet. Mein erster Fund dieser Art war in den getrockneten Schlamm eines schwedischen Weges geprägt. Mit meiner Familie war ich im Grenzgebiet zu Norwegen unterwegs, und zwar mit dem Kanu. Kanu und Wolfsspuren? Da diese Wasserwanderung entlang einer Kette von Seen verlief, waren zwischendurch sogenannte »Portagen« notwendig. Dabei wird das Kanu entladen, aus dem Wasser gehoben und auf einem Gestell mit zwei Rädern befestigt. Das Gepäck kommt wieder hinein, und nun mussten wir uns Kilometer um Kilometer auf verschwiegenen Waldwegen durchs Hügelland kämpfen.
Die notwendigen Pausen bei dieser Quälerei mit dem ermattet nach unten gerichteten Blick bescherten uns die ersten richtigen Wolfsspuren. Spaziergänger gab es in diesem abgelegenen Gebiet nicht, jedoch die damals größte Wolfspopulation Schwedens. Wir fühlten uns reich beschenkt und schoben unser Kanu mit neuer Energie zum nächsten Gewässer.
Warum ich die Spaziergänger erwähnte? Oft sind diese mit Hunden unterwegs, und dann wird die Spurensuche kniffelig. Hunde und Wölfe sind ja sehr eng verwandt, die Pfotenabdrücke damit sehr ähnlich. Großer Hund oder Wolf, das traue selbst ich mir kaum zu. Es gibt natürlich einige Anhaltspunkte, und das Wichtigste ist die Nachrichtenlage. Da allerorts abends Jäger draußen auf ihren Hochsitzen sind, wird jeder Wolf sofort gemeldet und spätestens am nächsten Tag in den Medien präsentiert. Wolfsspuren in Landstrichen, in denen nur wenige bestätigte Sichtungen existieren, sind wohl eher ihren zahmen Verwandten zuzurechnen. Innerhalb von Wolfsrevieren lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Wölfe schnüren im Gegensatz zu Hunden, das heißt, ihre Pfotenabdrücke sind wie auf einer Linie aufgereiht. Hinzu kommt, dass die Tiere die Hinterpfoten in die Abdrücke der Vorderpfoten setzen, was Hunde nicht tun. Sie laufen außerdem eher in geschlängelten Linien. Zur Sicherheit sollten Sie auch noch links und rechts der Spur schauen: Bei matschigem Wetter sollte sich, falls sie doch vom Hund stammen könnte, auch die Spur des Besitzers oder der Besitzerin abzeichnen.
Wenn Sie Kot finden, lässt sich der Unterschied Wolf/Hund deutlicher ablesen. Das Haustier wird meist aus Dose oder Beutel ernährt, und die Hinterlassenschaften zeigen daher ein einheitliches Braun ohne Strukturen. Bei Wölfen können Sie dagegen sehen, welche Tiere sie gefressen haben. Kalkige Knochenreste sind durchzogen mit Tierhaaren, oft schwarzen, die dann von Wildschweinen stammen. Im Zweifelsfall können Sie den Kot auch in einen Plastikbeutel packen und an den nächsten Wolfsberater schicken, der ihn zur Untersuchung weiterleiten kann.
Der zweite große Beutegreifer, der Luchs, hat einwandfreie Trittsiegel. So große Katzenspuren sind unverwechselbar. Im Zweifelsfall hilft die Symmetrie: Hunde-/Wolfsspuren sind spiegelgleich, wenn man sie in der Mitte gedanklich teilt (zwischen den mittleren Zehen), bei Luchsen ergibt sich ein schiefes Bild. Zudem sind bei den großen Katzen nur sehr selten Krallenabdrücke zu sehen, während Wolf und Co. die Krallen (oder korrekt: die Nägel) meist mit in den Schlamm drücken. Wenn Sie eine Katze haben, hilft diese Ihnen vielleicht sogar bei der Identifikation, falls ein Luchs in Ihrer Umgebung umherstreift. So erzählte mir ein Kollege aus dem Pfälzer Wald, dass sein Stubentiger sich nicht mehr vor die Tür traue, sobald seine größere Verwandtschaft im Großraum auftauche. Das sei ein sicherer Indikator für ihn.
Während Luchs- und Wolfsspuren den Lottogewinn bei der Suche darstellen, sind Fuchsspuren eher ein Trostpreis. Dennoch können Sie an ihnen den Unterschied zu kleineren Hundesiegeln lernen, denn der Fuchs läuft ähnlich wie sein großer wilder Bruder. Er schnürt, hinterlässt also eine lange, gerade Linie von Abdrücken. Im Gegensatz zu Hunden ragt der hintere Ballen auch nicht in die Spur der Zehenballen, was das Siegel länglicher wirken lässt.
Die Anwesenheit von Füchsen verraten auch deren Baue. Sie liegen zwar nicht an Wanderwegen, doch wenn Sie auf der Suche nach Pilzen durchs Unterholz streifen, stoßen Sie vielleicht auf solch eine Höhle. Meist sind es mehrere Aus- oder Eingänge, die in eine Böschung gegraben sind. Ob sie noch bewohnt ist, zeigen frische Kratzspuren und das Fehlen von Vegetation auf der ausgeworfenen Erde.
Allerdings kann auch jemand anderes diese Behausung nutzen - der Dachs. Die Unterscheidung ist schwierig, wenn es keine Pfotenabdrücke gibt (dann wäre es leicht; Dachsspuren sehen aus wie kleine Bärenspuren mit nach vorne gerichteten Krallen). Dachse graben mehr als Füchse und lagern entsprechend viel Erde vor dem Bau, in der sich eine Rinne abzeichnet, die vom Ein- und Ausgehen auf dem immer gleichen Pfad stammt. In dieser Rinne findet sich manchmal Polstermaterial, welches später den Bau schön gemütlich machen soll. Im Gegensatz zu Füchsen, die ihren Kot überall absetzen, legen sich Dachse regelrechte Toiletten an. Hier vergraben sie ihr Geschäft, und das kann man riechen. Damit nicht genug: Sie setzen auch noch Duftmarken ab, um ihr Revier zu kennzeichnen. Markanter Duft lässt also eher auf den Dachs schließen. Um es noch komplizierter zu machen, leben oft verschiedene Tierarten gleichzeitig im Höhlensystem: Dachse, Füchse und auch Marderhunde. Und selbst wenn Sie die Bewohner nicht identifizieren können, sind solche Baue spannende Entdeckungen, denn sie können jahrhundertelang genutzt werden und sind damit so alt wie die Fachwerkhäuser unserer Innenstädte.
Trittsiegel, Kot und Behausungen sind nur ein Teil möglicher Hinweise. Wildschweine etwa zeigen ganz deutlich, wo sie sich gesuhlt haben. Nach dem erfrischenden Bad im Schlamm (der manchmal sogar den Abdruck der liegenden Tiere zeigt) scheuern sie sich an sogenannten »Malbäumen«. Dabei werden nicht nur trocknende Krusten, sondern auch Haare abgerieben, die in Rindenspalten hängen bleiben. Auf dem Weg zu diesen Bäumen spritzen von den nassen Tieren lehmfarbene Tröpfchen auf die Vegetation, die wie bei Hänsel und Gretel zeigen, wo sie entlanggelaufen sind.
Manche Zeichen deuten noch subtiler auf Tiere hin. Im Frühjahr keimen in den alten Buchenbeständen die Eckern. Die Sämlinge sehen mit ihren Keimblättern aus wie kleine Schmetterlinge, die vorsichtig ihre Flügel entfalten. Manchmal sprießt gleich ein ganzes Bündel aus dem Boden. Doch wie kann das sein? Bucheckern sind schwer und fallen, Wind hin oder her, immer schön senkrecht unter ihren Mutterbaum. Rein statistisch gesehen, sollten sie schön gleichmäßig um den Stamm herum keimen. Gut, es mag auch mal zwei oder drei auf einen Platz verschlagen, aber gleich zehn oder mehr? Nein, der Zufall ist dann nicht im Spiel, sondern Eichhörnchen oder, häufiger noch, Mäuse. Sie legten sich hier im Herbst ihren Wintervorrat an, um sich unter der Schneedecke gemütlich an den ölhaltigen Samen zu laben. Der Strauß an Sämlingen zeigt also ein kleines Drama an:...
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