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Nach seiner Rückkehr aus Newcastle, wo Wittgenstein in einem medizinischen Forschungsteam mitarbeitete, unterrichtet er ab dem Michaelis-Term 1944 wieder in Cambridge. Im November 1945 lernt er in seinen Vorlesungen den 21-jährigen Ben Richards kennen, der am King's College studiert. Es entsteht eine leidenschaftliche emotionale Beziehung, die Wittgenstein zutiefst verunsichert, wie aus späteren Manuskripteinträgen ab Juli 1946 hervorgeht (vgl. dazu die Einleitung).
Der erhaltene Briefwechsel beginnt im Juni 1946. Wittgenstein besucht seinen Freund an den Wochenenden regelmäßig in London, wo Richards am "Bart's" (St. Bartholomew's Hospital) seine praktische medizinische Ausbildung absolviert. Den Sommer 1946 verbringt Wittgenstein wie gewöhnlich in Swansea. Im Juli 1946 treffen er und Richards Maurice O'Connor Drury für einige Tage in Exeter. Anschließend fährt Richards zu einem Kletterurlaub nach Turtagrø, Jotunheimen, eine der beliebtesten Gebirgsregionen Norwegens nicht weit entfernt von Skjolden, jenem Ort, wo Wittgenstein in den Jahren 1913/14, 1921, 1931 und 1936/37 viele Monate verbrachte und sich ein eigenes Haus am Eidsvatnet-See hatte erbauen lassen.1 Wittgenstein schreibt an seine Bekannte Anna Rebni in Skjolden und bittet sie, Richards freundlich aufzunehmen: "Please be nice & kind to him, & think you're doing it for me." (Brief vom 18.7.1946)2 Anna Rebni gibt Richards einen Brief an Wittgenstein mit, den er am 21. August 1946 beantwortet. An seine Norwegenreise im Sommer 1946 erinnert sich Richards später in einem Brief an G. H. von Wright vom 15. August 1990:
"I had been once before in Norway with the Climbers Club in July-August 1946 to climb in the Horungtinder, staying in Turtagrø which is reached via Skjolden. Wittgenstein has given me Frøken Raebni's address among others and one day I came down from Turtagrø to visit her. Someone on the bus pointed out the hut and told me it had been built by 'an eccentric Englishman'. She told me then how during the wartime occupation with Germans stationed in Skjolden less than a mile away, she used to take in British airmen and others on their way across the mountains to the coast to escape to Britain." (Von-Wright-Archiv der Finnischen Nationalbibliothek in Helsinki, Signum COLL.714.202)
Ende September 1946 verbringt Richards einen zweiwöchigen Urlaub mit Wittgenstein in Swansea. Das Easterterm 1947 ist das letzte, in dem Wittgenstein regulär in Cambridge unterrichtet. Seine Vorlesungstätigkeit war ihm zunehmend zur Last geworden, die akademische Atmosphäre in Cambridge empfindet er als unerträglich. (Vgl. den Brief an Richards vom 6. Oktober 1946: "The worst thing about this place is the cold, inhuman atmosphere which makes me feel lonely & as though I were condemned to live with wax-works.") Wittgenstein flüchtet, sooft es möglich ist, nach Swansea, auch die Weihnachtsfeiertage 1946/1947 verbringt er dort. Er wohnt bei Reverend Morgan, später, ab April 1947, bei deren Nachbarn, der Familie Clement (Cwmdonkin Terrace, Uplands). Besonders bei seinen Aufenthalten in Wales arbeitet Wittgenstein intensiv, es entstehen die Manuskripte 130 bis 134.
Robertson Lamb Hut
Great Langdale
Nr. Ambleside
26.6.46
Lieber Ludwig,
ich danke Dir vielmals für das Buch. Ich werde es nach Exeter mitbringen und wir können es zusammen lesen. Die Schubert-Lieder3 leihe ich mir auch aus. Würdest Du mich bitte wissen lassen, welches der beste Zeitpunkt wäre zu kommen. Ich sollte besser vor dem 20. Juli ein paar Tage zu Hause sein, um mich auf die Reise vorzubereiten. Ich werde Ende nächster Woche wieder zu Hause sein.
Heute Morgen hat es in Strömen gegossen, jetzt ist es schön. Es sieht so aus, als ob ich hier eine gute Zeit verbringen werde, aber ich wünschte, Du wärest hier, um sie mit mir zu teilen.
Ich freue mich sehr darauf, Drury4 zu treffen.
In Liebe
immer
Ben
Von: c/o Rev. Morgan5
2 Cwmdonkin Terrace
Swansea
28.6.6
Lieber Ben,
bitte schreibe mir, verschiebe es nicht länger. Bitte denke an die Gefühle und Gedanken, zu denen ich neige, wenn ich nichts von Dir höre; verursache mir keine schlechte Zeit; und mögest Du selber eine gute und glückliche Zeit haben!
In Liebe, immer
Ludwig
c/o Rev. Morgan
1.7.46.
Mein lieber Ben,
ich war froh, von Dir zu hören. Ich denke sehr viel an Dich. - Warum fragst Du "Wann wäre der beste Zeitpunkt" für Dich zu kommen? Wir haben in Cambridge vereinbart, dass Du am 12. Juli nach Exeter kommst und 6 Tage bis zum 18. bleibst. Drury hat für uns Zimmer in einem Hotel (dem "Royal Clarendon") reserviert. Bitte ändere diese Pläne nicht, wenn Du es irgendwie vermeiden kannst! - Drury kommt am 8. Juli nach Swansea, und er und ich werden hier am 12. früh aufbrechen und am Nachmittag in Exeter sein. Wenn Du also abends in Exeter ankommst, bin ich am Bahnhof. Die genauen Zeiten der Züge schreibe ich Dir später.
Das Wetter hier war bisher abscheulich - Nebel, Regen und Kälte. Ich hoffe, es ist besser dort, wo Du bist! Und auch, dass es in Exeter besser sein wird. (Obwohl wir auch bei schlechtem Wetter zurechtkommen werden.)
Mein Lieber, bitte lass keine Probleme und keine Enttäuschung entstehen.
Gott segne Dich! Lass von Dir hören.
Beilage zu Brief (3):
[Am oberen Rand notiert Wittgenstein mit Pfeil auf das Bild in der linken oberen Ecke:] "Diese Scheußlichkeit ist die Freude und der Stolz von Swansea."
[Rückseite ohne Text]
[Postkarte, Civic Centre Swansea]
[Rückseite:]
2.7.46
Lieber Ben, das ist nur ein Nachtrag zu dem Brief, den ich Dir gestern geschickt habe. Zunächst möchte ich sagen, wenn es für Dich unbedingt notwendig ist, unsere Pläne zu ändern, komme lieber einen Tag früher nach Exeter, als Deinen Besuch zu verkürzen. Aber ändere unsere Pläne wenn irgend möglich nicht. Lass es mich jedenfalls so schnell wie möglich wissen.
Zweitens hat sich das Wetter etwas aufgeklärt. Es ist jetzt schwül, aber man kann raus und das ist verdammt gut. - Drittens hoffe ich, dass Du Dich gut amüsierst.
Viertens freue ich mich sehr auf Dich. Fünftens dachte ich, dass Du vielleicht gerne etwas mehr von unserem Bürgerzentrum sehen möchtest. - Pass auf Dich auf, sei vorsichtig und sei gut!
Gott segne Dich.
c/o. Rev. Morgan, 2 Cwmdonkin Terr.
Montag
Mein lieber Ben, das ist mein neues Briefpapier. Ich habe es extra für unsere Korrespondenz anfertigen lassen. - Drury und ich kommen am Freitagnachmittag8 in Exeter an. Bitte nimm den Zug, der Waterloo um 14:50 Uhr verlässt und um 18:43 Uhr in Exeter ankommt. Ich werde Dich vom Zug abholen. In diesem Zug gibt es einen Speisewagen. Ich freue mich sehr darauf, Dich zu sehn!
Gott segne Dich! In Liebe
Name
Ludwig9
Adresse
genau nirgendwo
Stadt
des Zorns
Zustand
ziemlich mies
P. S. Unser Hotel in Exeter heißt nicht "Royal Clarendon", wie ich geschrieben habe, sondern "Royal Clarence".
c/o Morgan
2 Cwmdonkin Terrace, Swansea
Samstag
Mein lieber Ben, altes Herz,
ich habe gestern den beigefügten Brief bekommen; zu spät, um Dich in Uxbridge zu erreichen. Ich lege auch eine Karte bei, die ich von "Isis" "Das Auge, das alles sieht" für einen Groschen bekommen habe. Studiere sie bitte sorgfältig. Ich hätte gerne Grassamen für Dich beigelegt, um ihn in meinem Namen auf Dich selbst zu werfen, aber es gibt keinen hier, wo ich schreibe. Ich habe Exeter gestern Nachmittag verlassen. Ich war am Donnerstagnachmittag und gestern bei Drury, bis ich abfuhr. Das vorletzte Lied, das wir uns vorgenommen hatten, habe ich immer vor mich hin gesummt10, "Der Kreuzzug"11. Ich habe dieses Lied mit Dir fast mehr genossen als die anderen. Ich weiß nicht, warum, obwohl ich sie alle genossen habe. - Die Schokolade, die Du mir gegeben hast, ist herrlich; nur esse ich wahrscheinlich zu viel davon. - Eben musste ich kurz raus und fand Grassamen; aber es ist nicht die richtige Sorte. Also nimm es als Symbol.
Ich...
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