Schweitzer Fachinformationen
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Um ehrlich zu sein, hatte ich das erste Mal, als ich diese Rutsche ins Tal von Rihn benutzt habe, eine Heidenangst gehabt. Nicht nur wegen der Geschwindigkeit und der zwar sanften, aber zahlreichen Kurven, sondern auch, weil ich nicht gewusst hatte, wo mein Fall enden würde. Diesmal jedoch ist es anders. Jetzt bereitet es mir einfach nur ein Mordsvergnügen durch den blau schimmernden und leicht aus sich selbst heraus leuchtenden Kristall zu schlittern und den Kitzel einer zwar aufregenden, aber sicheren Achterbahnfahrt zu erleben, während ich Tarenas bewusstlosen Körper fest umschlungen halte und vor allem ihren Nacken stabilisiere. Es erinnert mich an die kurze, vor allem von meinem Vater inspirierte Phase meiner Kindheit, in der ich mich sehr für Schlittenfahrten und Rodelbahnen interessiert hatte, was mir ein nostalgisches Lächeln aufs Gesicht zaubert.
Meinem Vergangenheits-Ich, das direkt hinter mir und damit noch vor Andy die Rutsche hinuntersaust, ist jedoch augenscheinlich weit weniger begeistert von der Rutschpartie. Sein Gesicht ist kreidebleich und seine Augen vor Angst geweitet als er missmutig zu mir hinüberschaut.
"Was grinst du so?", fragt er mich.
"Ich genieße die Fahrt", sage ich großspurig, "nach all dem Wandern ist es eine großartige Abwechslung, sich treiben zu lassen, findest du nicht?"
"Ich weiß ja nicht. Spätestens seit Uranor bin ich kein Fan von solchen Höhen", gesteht Vergangenheits-Adrian.
"Lügner, das warst du schon in Dank-Qua nicht", erinnere ich ihn.
"Stimmt", gibt er widerwillig zu, "doch wie hat sich das geändert?"
"Nur eine Theorie, aber du wirst noch so viel Scheiße erleben, so viele Ängste durchstehen und so viele kranke Phobien entwickeln, dass in deiner Amygdala vielleicht einfach kein Platz mehr für die guten alten Klassiker ist", vermute ich nur halb im Scherz.
"Eine dämliche Theorie", urteilt mein anderes Ich.
"Wahrscheinlich", sage ich, "vielleicht liegt es nur daran, dass ich weiß, dass mir nichts passieren wird. Und daran, dass es Spaß macht, mich leiden zu sehen, ohne selbst darunter zu leiden."
Dabei finde ich es beunruhigend, wie viel Wahrheit hinter meinen dahergesagten Worten steckt. Es macht mir tatsächlich ein wenig Spaß, mein vergangenes Ich zu quälen.
"Kranker Bastard!", zischt Vergangenheits-Adrian gepresst und mit unterdrückter Übelkeit in der Stimme.
"Danke für die Blumen", sage ich schulterzuckend und drücke der bewusstlosen Tarena einen Kuss auf die Lippen. Der seltsame, eifersüchtige Blick, den mein Alter-Ego mir zuwirft, verdoppelt die Freude daran.
Schließlich kommt es genau wie in meiner Erinnerung. Als die lange Rutschpartie schließlich endet, landen wir statt auf knallhartem Kristallboden auf einer Matte aus weichem Material, die mich sehr an meinen verhassten Turnunterricht erinnert, nur dass diese Matte nicht in diesem biederen Dunkelblau, sondern in einem sanften, lachsfarbenen, mit silbernen Einsprengseln verzierten Farbton gehalten ist. Auch ist sie in ihrer Konsistenz eher wie weiches Gummi oder Gel als wie Schaumstoff und schafft es nicht nur unseren Fall zu dämpfen, sondern ihm die Wucht vollständig zu nehmen.
Dieser tiefe Fall fühlt sich damit nicht viel anders an, als aus dem Bett aufzustehen. Der einzige Grund, aus dem ich überhaupt etwas länger auf der Matte liegen bleibe, ist das Gefühl von Tarenas warmen Körper an meinem und die kuschelige, satinartige Oberfläche unter mir. Schließlich jedoch stehe ich doch auf, wobei ich Tarena sanft und zärtlich auf dem Boden ablege, da ich nicht riskieren will, dass ein anderer Benutzer der Rutsche auf ihr landet. Kaum da ich mich aufgerappelt habe, stelle ich fest, dass Andy und mein anderes Ich sich ebenfalls schon erhoben haben und ohne einzusinken, auf der eigentlich weichen Oberfläche stehen, die sich durch irgendeine technische oder magische Raffinesse genauso problemlos begehen lässt, wie ein konventioneller Bürgersteig. Über diese besondere Eigenschaft hatte ich mich damals schon gewundert.
"Ist dieser Anblick für dich noch immer so fantastisch wie beim ersten Mal?", fragt mich Vergangenheits-Adrian, auf dessen von Übelkeit gezeichneten Gesicht sich fast kindliches Staunen ausbreitet, während er auf die Landschaft vor uns deutet.
Eine flache Granitebene, durchschnitten von einer Straße aus Bergkristall, mit Einschlüssen aus Silber, Eisen und geschliffenem Diamant. Besiedelt von geschäftig bewirtschafteten Minen, die wie kunstvolle Intarsien in das Fleisch des Kristallgebirges eingegraben sind und tief in sein inneres führen. Unzählige Symbole und Logos, glitzernd im Licht der Monde. In ihrem Schatten gigantische Maschinen, gläserne Arbeiterunterkünften und all die Rihn-Ha, Deovani oder Bravianern in ihren langen, hellgrauen, von Kristallstaub bedeckten Gewändern, die dort in Lohn und Brot stehen oder gerade irgendein Geschäft abschließen.
Dahinter, verstreut im gesamten Tal, kleine und große Farmen, mit kristallbestäubten Ähren, die sich üppig im Wind wiegen und mal von Personen, mal von Maschinen und Drohnen bewirtschaftet und gepflegt werden, auf dass sie dem zwar gerade so fruchtbaren, aber wie ich weiß, doch ziemlich kargen Boden ein wenig Nahrung entlocken können.
Vor allem aber die Archive, mit ihren glitzernden Türmen, Kuppeln und Kammern. Wie eine Krone, die ein detailverliebter Gott dieser rauen Welt zur Zier aufgesetzt hat und deren Wurzeln doch weit weit tiefer reichten als das Auge sieht.
"Nein", antworte ich auf Adrians unschuldige Frage und bemerke zu meinem Erschrecken, dass es stimmt, "ich glaube, mit der Zeit verliert fast alles seinen Zauber."
"So zynisch will selbst ich nie werden", sagt mein Vergangenheits-Ich verächtlich, "wenn wir die Schönheit in all dem Schrecken nicht mehr erkennen, sind wir verloren."
"Schönheit ist oft nicht mehr als ein Lockmittel", antworte ich unbeeindruckt, "der Köder. Der Käse in der Falle. Wenn du den Käse ignorierst, wirst du auch nicht vom Metall zerquetscht."
"Dafür verhungerst du", entgegnet mein Vergangenheits-Ich.
"So sehr ich diese Metaphern-Schlacht auch schätze", sage ich, "leider habe ich keine Zeit dafür. Wir müssen jetzt dringend zu den Archiven und können dort nicht im Doppelpack auftauchen. Es wird Zeit für unsere Verschmelzung."
"Sollten wir nicht abwarten bis Tarena erwacht ist?", fragt mein anderes Ich und blickt besorgt auf den noch immer reglosen Körper meiner geliebten Diplomatin.
"Sie wird schon aufwachen. So oder so. Sie ist eine starke Frau. Und ich werde mich um sie kümmern", sage ich, "deine Hilfe brauche ich dabei nicht. Andy und ich regeln das schon. Alles, was ich von dir möchte, ist, dass du stillhältst und die Magie des Pendels wirken lässt. So wie abgemacht."
Trotz meiner großspurigen Worte weiß ich nicht wirklich, wie dieser Vorgang funktionieren soll. Aber ich vertraue darauf, dass das Pendel es womöglich weiß. Any wird es mir nicht ohne Grund überlassen haben. Also greife ich danach und .
"Suchst du das hier?", fragt mein Vergangenheits-Ich grinsend und schwingt das Pendel lässig in seiner Hand. Irgendwie musste er es an sich genommen haben. Wahrscheinlich während unserer Landung.
"Gib es mir zurück!", verlange ich wütend und gleichzeitig erschrocken, "wir hatten eine Abmachung. Du spielst mit dem Schicksal des Multiversums."
"Nein", antwortet mein anderes Ich entschlossen, "ich will nicht mit dir verschmelzen. Du bist ein zynischer, abgestumpfter, egoistischer Bastard, der nichts aus seinen Fehlern gelernt hat und dem seine Mitgeschöpfe am Arsch vorbeigehen."
"Denk immer daran, dass du hier über dich selbst urteilst", erwidere ich, "außerdem weißt du rein gar nichts über mich. Ich bin nicht so, wie du mich beschreibst. Und selbst, wenn du recht hättest, würde das nichts daran ändern, dass deine Weigerung genauso egoistisch ist. Wir müssen verschmelzen."
Dabei frage ich mich fieberhaft, wie ich an das Pendel kommen soll. Leider ist es meine einzige Waffe gewesen, während der andere Adrian seine Kompassnadeln und das Pendel hat und noch dazu auf der Matte eine erhöhte Position einnimmt. Ich muss also schnell sein. Oder Andy miteinbeziehen. Wenn er meinen Doppelgänger ablenkt und das Feuer auf sich zieht, könnte ich .
"Ihr müsst nicht verschmelzen, Liebling. Wenn einer von euch am Leben bleibt, genügt das völlig", höre ich Tarenas zitternde Stimme und fühle plötzlich einen brennenden, scharfen Schmerz. Ich blicke an mir herunter und sehe, wie sich ein Blutfleck auf meiner Brust ausbreitetet. Gleichzeitig mit der finsteren, unerschütterlichen Erkenntnis in meinem Gehirn.
"Tarena .?!", sage ich fassungslos,...
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