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Prolog
Wounded Knee Creek, South Dakota Pine Ridge Indianerreservat 29. Dezember 1890
Laut dem Buch der Bücher gab es eine Zeit für den Krieg und eine Zeit für den Frieden. Matthew Hanger, Hauptmann des 7. US-Kavallerie-Regiments, betete darum, dass dies eine Zeit des Friedens werden würde, auch wenn er den Finger an den Abzug seines Remington-Revolvers gelegt hatte und den Lakota-Sioux-Krieger auf der anderen Seite der Klamm ins Visier nahm. Matt war den Krieg leid. Er hatte es satt, Männer auszubilden, nur um sie dann auf dem Schlachtfeld sterben zu sehen; hatte genug davon, gemeinsam mit den anderen Soldaten ein Spielball der Politiker zu sein, die überhaupt nicht zu verstehen schienen, was ihre Entscheidungen für unzählige Menschenleben bedeuteten.
Wahrscheinlich sollte er dankbar sein, dass er nach dreizehn Jahren der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Indianern immer noch am Leben war. Doch wirklich lebendig hatte er sich seit dem Tag nicht mehr gefühlt, als er seine Eltern und seine kleine Schwester tot in ihrem Farmhaus gefunden hatte. Ermordet von Komantschen-Kriegern. Matt war damals erst fünf Jahre alt gewesen - zu jung, um etwas zu unternehmen; jedoch alt genug, dass der schreckliche Verlust seine Seele aushöhlte, bis nur noch eine kümmerliche Hülle übrig geblieben war.
»Glaubst du, dass sie kapitulieren werden, Hauptmann?« Die leise Stimme von Unteroffizier Preach zerschnitt die kalte Winterluft.
»Ich bete zu Gott, dass sie es tun.« Matts Blick wich nicht von dem Krieger, den er im Visier hatte. Drei nicht berittene Kompanien hatten das Lager der Lakota gestürmt und waren im Begriff, Häuptling Big Foots Krieger einzukreisen. Es waren schätzungsweise einhundertzwanzig Indianer, die aufgrund des eisigen Wetters größtenteils in Decken gehüllt waren. Matts Kompanie, immer noch zu Pferd, hatte den Auftrag erhalten, das Lager von Süden her zu bewachen und jeden Fluchtversuch der Lakota zu unterbinden. »Diese Geistertanzrituale wiegeln die Krieger auf.«
Die Worte waren kaum ausgesprochen, als ein Medizinmann anfing zu singen. Während die Soldaten das Lager nach Waffen absuchten, winkte der Weise den jüngeren Sioux zu. Er sang lauter, fing an zu tanzen. Zuerst mit kleinen Bewegungen, kaum wahrnehmbar, doch dann wurde er kühner, seine Bewegungen bestimmter.
Matt biss die Zähne zusammen. Genau das konnten sie jetzt nicht gebrauchen. Gestern, als Matts Kompanie die Lakota bei Porcupine Butte zusammengetrieben hatte, waren sie ruhiger gewesen. Big Foot hatte sich nachgiebig gezeigt. Doch dieser Geistertanz . er weckte den Widerstand. Matt spürte das so sicher wie den kalten Wind in seinem Nacken.
»Ruhig, Jungs«, murmelte Matt den Männern in seiner Nähe zu und vertraute darauf, dass sie die Nachricht an die anderen weitergaben. Es waren gute Soldaten, doch viele waren jung. Unerfahren.
Und nervös.
»Hast du einen Psalm für mich, Preach?«, fragte Matt.
Unteroffizier Luke Davenport war nun schon fast ein Jahrzehnt an seiner Seite. Der Krieg hatte sie zusammengeschweißt. Luke war gnadenlos geschickt im Kampf Mann gegen Mann - der beste Fechter, den er jemals gesehen hatte. Doch Matt konnte sich nicht nur darauf verlassen, dass er ihm den Rücken freihielt. Luke war ein wandelndes Bibelarchiv und hatte immer das richtige Zitat parat. Deshalb nannte man ihn in der Kompanie auch Preach - Prediger. Die Verse halfen Matt jedes Mal, sich auf das Wichtige zu konzentrieren.
Und wenn er das jemals nötig gehabt hatte, dann jetzt.
»>Du rüstest mich mit Stärke zum Streit<«, murmelte der Unteroffizier, »>du wirfst unter mich, die sich gegen mich erheben.< Psalm 18, Vers 40.«
Matt ließ die Worte in seinen Geist sinken. Preach hatte diesen Vers schon einmal zitiert. Es war ein gutes Wort für einen Soldaten, der dem Feind ins Auge blickte, doch alles andere als beruhigend, wenn man auf eine friedliche Kapitulation hoffte. Der Knoten in seinem Bauch wurde dadurch noch größer.
Oberst Forsyth befahl den Lakota, ihre Gewehre auszuhändigen. Seine Männer gingen zwischen den Kriegern umher und sonderten sie auf diese Weise geschickt von den Frauen und Kindern ab, die noch im Lager waren. Die älteren Männer gehorchten, doch die jüngeren, unerschrockenen klammerten sich an ihre Decken und taten mit stoischen Mienen so, als hätten sie nichts herauszugeben. Matts Nackenhaare stellten sich warnend auf.
Der Medizinmann sang immer noch und bewegte sich weiter durch die Reihen der jungen Krieger.
Matt richtete sich in seinem Sattel auf. Seine Beine spannten sich an Phineas' Flanken an. Die Ohren seines Wallachs zuckten daraufhin aufmerksam und er senkte den Kopf. Matt ließ seine Augen über die Lakota-Krieger wandern. Keine sichtbaren Waffen. Doch die Soldaten, die das Lager durchsucht hatten, hatten ein paar Gewehre entdeckt.
Irgendetwas stimmte hier nicht.
Eine unauffällige Bewegung zog Matts Blick auf sich. Ein Lakota ließ seine Decke fallen. Metall blitzte in der Sonne. Ein Schuss zerriss die Luft.
Die Hölle brach los.
»Angriff!«
Matt schrie den Befehl, dann wies er seinen Trompeter Mark Wallace an, zum Angriff zu blasen. Das Signal erklang. Die Pferde preschten vor. Gewehrfeuer brach los.
Mehr als ein Dutzend Soldaten im Lager waren schon zu Boden gegangen. Doppelt so viele Lakota lagen unbeweglich im Schnee neben ihnen.
Die Wachen und Späher der Kavallerie stürmten vor, um die Reiter zu schützen. Matt drängte Phineas nach vorne. Sein einziger Gedanke galt der Rettung seiner Männer. Er gab den Fliehenden Feuerschutz, traf einen bewaffneten Indianer, der gerade auf die Klamm zulief, und einen anderen, der stehen geblieben war, um einen zurückweichenden Soldaten ins Visier zu nehmen.
Hinter ihm donnerte die Revolverkanone. Die Wucht der Schläge aus den vier Rohren ließ Matts Körper vibrieren. Er legte sich im Sattel weit nach vorne und presste sich an Phineas' Hals, um kein Ziel für das Kreuzfeuer zu bieten.
Plötzlich entdeckte er ein vertrautes Gesicht und lenkte sein Pferd in Richtung eines sich zurückziehenden Soldaten - Jonah Brooks, ein Kavallerist aus Buffalo, der schon in unzähligen Aufklärungsmissionen mit Matt unterwegs gewesen war, bei denen ungeheure List und Mut erforderlich gewesen waren. Jonah traf ein Zehncentstück aus hundert Yard Entfernung genau in die Mitte. Ein Mann mit unentbehrlichen Eigenschaften im Kampf. Außerdem war er ein Freund.
Matt steckte sein Gewehr ins Holster und löste den linken Fuß aus dem Steigbügel. Er verlangsamte Phineas gerade so weit, dass er gut zugreifen konnte, dann lehnte er sich zur Seite und streckte den Arm aus. »Jonah! Halt dich fest!«
Der andere zögerte keine Sekunde. Er klammerte sich an Matts Handgelenk und schwang seinen Körper nach oben, während Matt sich in die andere Richtung lehnte, um das Gleichgewicht zu halten. Jonah steckte die Schuhspitze in den Steigbügel und kämpfte sich auf Phineas' Rücken hinter dem Sattel.
Eine Hand klopfte auf Matts Schulter. »Alles in Ordnung, Hauptmann!«
Matt wendete Phineas und hielt auf den Rand der Klamm zu. Die Revolverkanone hatte Panik unter den Lakota ausgelöst. Frauen und Kinder flohen aus dem Lager und folgten ihren Männern durch die Klamm. Doch dadurch wurden sie nur zu Zielscheiben für die Soldaten.
»Schützt unseren Rückzug!«, rief Matt seinen Männern zu. Preach wandte sich ihm zu und sah ihn an. »Aber achtet auf die Ziele. Es sind Unschuldige im Feld!« Matt zeigte auf eine Frau mit Säugling im Arm, die auf die Klamm zueilte.
Preach nickte und gab den Befehl an die Männer unter seinem Kommando weiter. Einen trainierten Feind zu bekämpfen war eine Sache, doch Frauen und Kinder niederzumetzeln . keiner von ihnen wollte so etwas tun.
»Preach!«, schrie Matt. »Wenn unsere Männer in Sicherheit sind, schneiden wir den Lakota den Fluchtweg ab.«
Sein Unteroffizier tippte sich mit dem Gewehrlauf an die Hutkrempe zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Matt vertraute darauf, dass Luke seinen Auftrag ausführte, während er selbst Jonah in Sicherheit brachte. Phineas konnte nicht allzu lange das Gewicht von zwei Männern tragen, also steuerte Matt auf einen kleinen Hügel im Westen der Klamm zu und rief den anderen nicht berittenen Truppen zu, dass sie sich dort sammeln sollten. Die Revolverkanone feuerte zu dicht an den eigenen Reihen. Die Truppe war durch Eigenbeschuss ebenso in Gefahr wie durch das Feuer der Lakota, wobei mittlerweile fast alle Indianer flohen und eigentlich keine Bedrohung mehr darstellen.
Doch die Kugeln flogen weiter. Mörsergranaten explodierten. Indianer starben.
Beschütze deine Männer. Erfülle deinen Auftrag. Ignoriere den Rest.
Matt biss die Zähne zusammen und stählte sein Herz. Konzentriere dich auf das, was du beeinflussen kannst. Er konnte weder die Artillerie kontrollieren noch verhindern, dass die Unschuldigen panisch mitten ins Kanonenfeuer flohen. Doch er konnte seine Männer sammeln, sie neu ordnen und die Flucht des Feindes verhindern.
Auf der Anhöhe angekommen, zügelte Matt Phineas. Jonah ließ sich zu Boden gleiten.
»Nimm meine Waffe«, befahl Matt, während er seine Springfield aus der Gewehrtasche zog und sie Jonah reichte, der nur noch seinen Colt hatte. »Du bist uns am nützlichsten, wenn du uns...
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